WISHBONE ASH - ARGUS


Label:UNIVERSAL
Jahr:1972
Running Time:44:52
Kategorie: Classics
 

Für die meisten Menschen ist dieses Werk ein Klassiker des Progressive Rocks der 70er Jahre: Das 1972 erschienene Album "Argus" von Wishbone Ash. Gemessen daran, dass frühere und heutige Weltgrößen wie Iron Maiden sie aufgrund ihrer Vorreiterrolle der zweistimmigen Leadgitarre zu ihren Einflüssen zählen, ist das Quartett doch immer noch recht unbekannt, auch in meiner Generation, der ersten, welche im 21. Jahrhundert aufgewachsen ist. Auch ich stieß eher durch Zufall auf den Longplayer mit dem germanischen Krieger als Covermotiv. Ein Bekannter von mir trat in einer Musiksendung des lokalen Fernsehkanals mit seiner Coverband „AshBone“ auf. Dieser Auftritt weckte mein Interesse und ich begann, im Internet über diese, mir unbekannte Formation zu recherchieren und mir einige Songs anzuhören. Ich glaube, es war der Song „Blind Eye“ des Debütalbums „Wishbone Ash“, welcher mich mit dieser Band infizierte. Neugierig suchte ich weiter und stöberte auch in einem Kieler Plattenladen. Dass nun gerade „Argus“ als Klassiker den Weg in meine Sammlung fand, ist allein der Tatsache geschuldet, dass diese CD am wenigsten kostete, was meinem klammen Taschengeldstand doch sehr entgegen kam. Das Album insgesamt zeichnet eine große Melodik aus, welche für den Rock eher ungewöhnlich erscheint. Verzerrte Rhythmusgitarren sind hier gar nicht zu finden, es dominieren clean gespielte Moll- und Dur- Chords, welche jedoch eine größe Spannbreite an musikalischen Ausdrücken zulassen. Auch das originale Line-up von Wishbone Ash ist mit Leadsänger und Bassist Martin Turner, Drummer Steve Upton, den Gitarristen Ted Turner und Andy Powell, von denen letzterer bis heute einziges verbliebenes Gründungsmitglied in der Band ist, nach Meinung vieler das unerreichte Nummer eins Line-up der Bandgeschichte. Besonders die Stimme Martin Turners fehlt mir persönlich in der aktuellen Besetzung, in der Andy Powell den Leadgesang übernommen hat. Auch die Texte von „Argus“ sind oft tiefergehend. So befassen sich die Songs „Warrior“ und der allzeit unerreichte Hit „The King Will Come“ mit biblischen Themen wie den Weissagungen des Propheten Jesaja zur erwarteten Ankunft des Messias oder der Endzeit der Erde, in der das Jüngste Gericht über die Menschen urteilen soll. In „Throw Down The Sword“ schwingt eine Botschaft mit, welche in unserer heutigen Zeit bedeutsamer denn je geworden ist. Aber nicht nur nachdenkliche Töne liegen dem Quartett, sondern auch die typischen Themen des Rock 'n' Roll, wenn auch nicht so provokant und plakativ wie die Hard Rock Bands der damaligen Zeit. Das beste Beispiel dafür ist „Blowin' Free“, ein Titel, welcher mir erst im Oktober diesen Jahres wieder ins Gedächtnis kam, als ich die Ehre hatte, Wishbone Ash in Chesterfield live zu erleben. Live entfaltet sich eine ganz eigene, neue Dynamik, welche man durch das bloße Hören von der Konserve so nicht erfassen kann. Aber was wäre Argus ohne den Klassiker des Albums, das bereits erwähnte „The King Will Come“? Das markante Introriff, welches von einer effektgeladenen, improvisierenden Leadgitarre begleitet wird, brennt sich dem Hörer ebenso ins Gedächtnis wie das Mainriff, welches sich direkt anschließt. Der mehrstimmige Gesang und der Text machen diesen Track zu dem, was er ist: ein unerreichter Hit. Fazit: „Argus“ ist ein sehr empfehlenswertes Stück Rockgeschichte, wenn auch eines der Unbekannteren, welches sich aber vor allem für jeden eignet, der etwas für Pink Floyds „Dark Side Of The Moon“ übrig hat. Es mag heutzutage als Phänomen betrachtet werden, wenn jüngere Semester wie ich die alten CDs und LPs unserer Eltern aus dem Keller holen und uns diese begeistert anhören und unsere Eltern mit Fragen löchern, wie es damals war. Und wenn die Eltern dann verwundert reagieren, dass manche von uns sich in eine Zeit wünschen, zu der wir noch nicht geboren waren, dann hat das einen Grund: Die Musik dieser Zeit ist zeitlos und voller Geheimnisse.

Note: 8.5 von 10 Punkten
Autor: Clemens Steinberg


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