The Xmas Rocka

Sheffield (UK), O2-Academy, 02.12.2016 - 03.12.2016

Die Fans sagen, die Bewegung der New Wave Of British Heavy Metal sei die Königsklasse. Sie wissen, dass alles Metal von hier aus losging und sich in alle heute vorhandenen Stilrichtungen verzweigte. Es gibt immer wieder Bands, die sich so anhören, als wären sie in der Zeit zwischen 1979 und 1985 (Hardliner sagen 1978 und 1983) aus Großbritannien entsprungen, doch nur ein Original ist der Bewegung zugehörig. Und 24 Originale packten die Organisatoren vom Hard Rock Hell auf das Billing. Überhaupt scheint man hier von der Bandauswahl bis hin zum restlichen Drumherum alles im Griff zu haben, es gibt zwei große Screens links und rechts der Bühne und an jedem Tresen Wasser mit Eis kostenlos, von ein paar fehlenden Mülleimern mal abgesehen. Das sah auf dem Heavy Metal Roadtrip nach Ibiza, wo Grand Magus und Wolf vor wenigen Jahren spielten, noch etwas anders aus, weil dort die Gäste sich nicht einer so prallen Organisation erfreuen konnten. Hier in Sheffield läuft alles glatt, doch es gibt in der Running Order einige böse Überschneidungen auf den beiden Bühnen, welche in diesem Falle besonders blöd sind, weil es ja immer NWOBHM Bands sind, die man nicht komplett sehen kann. Logisch, nur kommt der Oldschooler doch genau wegen diesen Bands her, das Gros sogar aus dem Ausland.

Nach einer relaxten Anreise mit der Fähre und dem Auto wurde nach fixer Hoteleincheckung die O2 Arena geentert. Das freundliche Personal nimmt sich sogar trotz des großen Andrangs am Eingang Zeit, der Presse zusätzliche Fotopässe zuzuteilen. Doch eine negative Nachricht gab es zur Begrüßung doch: Witch Hazel haben abgesagt, Gerüchten zu Folge, weil einer aus der Band soeben Vater geworden ist.

Tag 1, Freitag, 02.12.2016: Jaguar, Mythra, Black Rose, Cloven Hoof, Persian Risk, Fist, Witchfynde, Blitzkrieg, Jess Cox, Rock Goddess.

jaguarSo nimmt der Reigen der Bands des heutigen Tages schon mit einer richtigen Perle seinen Lauf. Jaguar beginnen schon zehn Minuten früher und zeigen mit "Dutch Connection und "War Machine" wie hoch die Messlatte an diesem frühen Nachmittag liegt. Night Demon Shouter Jarvis kriegt die Stimme von Paul Merrell gut hin, die wir vom "Power Game" Album kennen. Er trägt ein Shirt von Wolf, den englischen Veteranen selbstredend, liest aber manche Lyrics noch ab. Bei "Prisoner" jedoch nicht von Nöten, denn die Fans vor der Bühne zeigen sich textsicher. In dieser Besetzung steht man zum ersten Mal auf der Bühne und offensichtlich funzt alles. Viele Duelle zwischen Bass und Gitarre und ständigem, zackigen Bewegungsdrang lassen darauf schließen, dass die Band mit dem Ergebnis ihrer Feuertaufe zufrieden ist. Mit "Rawdeal" und dem allen Girls gewidmeten "Master Game", "Back Street Woman" und "Axe Crazy" war der knalleng gefüllte Club ebenfalls glücklich. Diese Band hätte man in dieser Konstellation gerne auf der großen Bühne gesehen.

 

mythraWeil es erst zur Abendstunde auf der großen Bühne losgehen soll, spielt die nächste Band auch in diesem verschwitzten Club. Mythra sind anständige Brofest und Der Detze Rockt Zerleger, also darf man auch heute wieder einiges erwarten. Leider treten sie nur zu viert auf, da Gitarrist Alex Perry krankheitsbedingt leider nicht dabei sein kann. Der Einstand mit "The Best Is Yet To Come" und dem aus 1979 stammenden "U.F.O." darf als gelungen bezeichnet werden. Geil auch der fette Bass Sound, der so einem alten Stück wie "Warrior Of Time" ganz gut Druck verleiht.
Shouter Vince ist bekannt für seine gestenreiche Performance, dirigiert die Mitsingparts und begrüßt die Fans aus aller Herren Länder, besonders Schweden und Spanien sind stark vertreten.

 

black roseUm 18:00 Uhr legen mitten im Set von Mythra schon Black Rose auf der großen Bühne los. Gespielt wird "Loveshock", "Never Take Me Alive" und "Stand Your Ground" mit sehr viel Spaß auf der Bühne. Man rockt mit viel Bewegung und treibt Scherze miteinander. Wie auf dem Brofest 2015, wo Gitarrist Kenny zusätzlich noch mit seiner anderen Band Hammer auftrat, wird der Arschtritt geliefert. Es macht einfach mächtig Spaß ihnen zuzusehen. Was die Fans der sympathischen Band besonders freuen dürfte, ist die Ansage von Sänger Steve, dass 2017 ein neues Album erscheinen wird.

 

cloven hoofEin beträchtlicher Teil der Zuschauer will es sich nicht entgehen lassen und wandert ab nach oben, wo gut zwanzig Minuten vor Ende des Black Rose Gigs Cloven Hoof im kleinen Club beginnen. CH gehören zu den Bands, die heute nicht mehr so klingen wie damals. So lange sie dabei in der alten Schule bleiben, ist das alles kein großes Problem. Schon das "Eye Of The Sun" Album von 2006 enthält zugegebenermaßen ziemlich geilen, klassischen Metal, der nur eben nicht mehr so klingt wie ihr Debütalbum 1984, aber powermetallisch beeinflusst mächtig Laune macht. Neben neueren Granaten wie "Inquisitor", "Kiss Of Evil", einem grandiosen Mitgröler "Golgotha" oder auch "Highlander" vom 1989er "A Sultan's Ransom" Album, reihen sich auch die erwarteten Klassiker wie "Crack The Whip" und "Laying Down The Law" ein. Passend dazu die Stimme von Aska und Emerald Shouter George Call, der sich nun auch bei den Briten gut einbringt. Es macht auf diese Weise also Sinn, eine leicht modifizierte Band wie Cloven Hoof auf ein solches Festival einzuladen. Deswegen und aus gleichem Grund sollte einer Einladung von einer Band wie die wegen fehlendem Sänger Algy Ward in Fankreisen polarisierenden Tank nächstes Mal nichts mehr im Wege stehen.

 

persian riskNach dem Ende des grandiosen Auftritts von Cloven Hoof sind Persian Risk grad
schon dabei, im großen Saal "Soul Deceiver" zu zocken. Mit der Band verbindet man große Namen mit vorzüglichen Referenzen, denn von hier ging Phil Campbell zu Motörhead und Shouter Carl Sentance schenkt seine raue Stimme noch den Dinosauriern von Nazareth. Vom Keep-It-True Festival 2014 hatte ich sie zwar actionreicher in Erinnerung, zeigen sich aber dennoch nicht bewegungsarm und lassen in der bereits gut voll gewordenen Halle Songs wie "Spirit In My Dreams", den Titeltrack vom aktuellen Album "Who Am I", dem temporeichen "Fist Of Fury", den kleinen Mitgröler "Rise Up" und ihre erste Single "Calling For You" für sich sprechen.

 

fistDann geht es für heute ein letztes Mal hoch zur kleinen Bühne, bevor das Programm alleinig auf der Hauptbühne fortgesetzt wird. Fist spielen für einen ihrer raren Auftritte auf. Das Quartett um Gitarrist Dave Irwin macht einen sehr sympathischen Eindruck und untereinander flachst man auf der Bühne. Der erst 2013 eingestiegene Sänger und Gitarrist Glenn spielte schon bei Avenger und Blitzkrieg, lässt sich mitten in "Collision Curse" eine andere Gitarre bringen und singt während des  Wechsels weiter. Sonst liefern die Herren einen recht bewegungsarmen Auftritt. Das das bleibt auch so, als Glenn zu "Dark Soldier" die Gitarre wegstellt, wo er doch jetzt an Action zulegen könnte. Das langsamere "Lost And Found" vom "Back With A Vengeance" Album lädt auch nicht gerade dazu ein. Was jedoch gut ankommt, ist die Widmung des Songs "Blue Magic" an einen magischen Mann, nämlich Ronnie James Dio.  

 

witchfyndeDer Name Witchfynde kursiert nicht nur unter Veteranen, sondern auch unter jüngeren Fans. Im Verhältnis dazu hat man die Jungs live eher seltener gesehen. Ziemlich großartig ist ihr Song "Leaving Nadir", den man noch vom NWOBHM-Doppelalbum kennt, welches 1990 Lars Ulrich zusammenstellte. Der Song ruft hier großartige Reaktionen hervor und die Titeltracks "Stagefright", "Cloak And Dagger" und natürlich "Give 'em Hell" sind natürlich ebenfalls alle im Set. Ihr Sänger hat optisch was von Udo Dirkschneider und wenn seine Stimme in den letzten Jahren nicht gelitten hätte, würde nun ein angenehmer Kauzfaktor fehlen. Aber was solls, wenn die Höhen und Schreie sitzen? Die große Halle ist übrigens teilbestuhlt mit ein paar Klappsitzreihen von den Bühnenrändern nach außen weg. Na ja, es ist schon so, dass älteres Publikum in hoher Zahl zugegen ist und tatsächlich konnte eine handvoll Fans mit Gehstöcken ausgemacht werden. Doch auch für alle anderen ist es zwischendurch mal entspannend, sich mal setzen zu können.

 

blitzkriegDann Blitzkrieg. Gerüchte über Absagen all ihrer derzeitigen Liveaktivitäten machten im Vorfeld die Runde, doch der Fünfer tritt komplett an und wird hier und heute, so viel sei jetzt schon verraten, einen Hammergig hinlegen, der ihnen unser Prädikat 'Band des Tages' einbringt. Sie erwischen mit den Granaten "Dark City" und "After Dark" einen beachtlich geilen Start und man spürt schon, dass einfach alles stimmt. Sänger Brian Ross, für viele der beste der gesamten Bewegung, präsentiert sich gewohnt souverän und ist besonders mit seinen zurückhaltenden Ansagen absolut der feine Englishman. Zu den besten Tracks, die je von einer Heavy Metal Band geschrieben wurden, zählen die Fans "V", das wegen seiner fantastischen Vocallines immer sehr deutlich macht, wie superfit Brian klingt und wie kräftig er heute noch mit seiner Stimme umgehen kann und das in aller Bescheidenheit auch tut. Er ist auch bekannt für seine Ansagen mit Querverweisen zu seiner anderen Band Satan. Nicht etwa, weil heute Satan Gitarrist Russ Tippins anwesend ist spielen sie nur den geschenkten Satan Song "Pull The Trigger", sondern haben nur diesen mit sonst eigenem Material im Set. Dabei springt auch mal ein Tribut heraus, wie "Call For The Priest". Eingebettet in das Intro "The Hellion", das die ganze Halle mitsingt und durch die "Painkiller-Drums" im Outro eine dazwischen sehr beeindruckende Angelegenheit mit nur aus Judas Priest Songtiteln bestehenden Lyrics. Oder ein "Nocturnal Vision" als Tribut an Alice Cooper. Erwartungsgemäß sind auch "Hell To Pay", "Time Of Changes" und "Back From Hell" mit im Set, der grandios von "Blitzkrieg" abgeschlossen wird.

 

jess coxNun, warum der Auftritt vom Tygers Of Pan Tang Sänger der ersten Scheibe, Jess Cox, nur für eine halbe Stunde vorgesehen ist, erschließt sich nicht eindeutig. Er hat zwar den Sound und auch den Pfeffer, wirkt aber nach den grandiosen Blitzkrieg für eine handvoll Songs mit seiner Band etwas blutleer, obwohl das "Wild Cat" Album mit Songs wie "Euthanasia", "Money" und "Suzie Smiled" im Set waren, angereichert mit dem früheren "Rock 'n' Roll Man" und der Single B-Seite "Straight As I Die". Das von seinem Gitarristen geforderte "Badger Badger" bleibt leider aus. Später an seinem eigenen Metal-Merchandise Stand erklärt er CROSSFIRE, bescheiden wie er ist, dass er bloß auf Wunsch der Veranstalter 'eingesprungen' wäre.

 

rock goddessDie drei fitten Mädels von Rock Goddess sind den Besuchern des Headbangers Open Air 2015 noch bestens geläufig. Das Trio, übrigens seit einiger Zeit im originalen Line-Up unterwegs, zeigt sich hier auf den Brettern ausgiebig agil. Besonders Bassfrau Tracey Lamb, die mal eine ganze Zeit Enid Williams bei Girlschool ersetzte. Zwischen "Heartache" und "You've Got Fire" binden sie mit  "Back Off" und "Flying" neue Tracks ein, die echt Laune auf das vierte Album machen, zumal der letzte reguläre Longplayer von ihnen noch aus 1987 stammt. Ein Klassiker wie "My Angel" sollte zünden, doch irgendwie fehlt dem Trio heute der letzte Dreh, den ein Headliner haben sollte. Mal beeindrucken sie, zeigen sich dann jedoch wieder lahmer wie zum Beispiel zu einem Mitsingpart, der mit mehr forderndem Einsatz durch Frontfrau Jody Turner zu mehr Resonanz hätte führen können. Ein groovendes "Heavy Metal Rock 'n' Roll" bringt wieder die Message, dass die Damen immerhin von einigen Fans für eine Zugabe zurück auf die Bühne gerufen werden, die mit "Love Is A Bitch" geliefert wird und den ersten Festivaltag auf den Bühnen beendet. Eine D-Jane beschallt die Halle für die Gäste weiter mit erlesenem Altmetall.

 

Tag 2, Samstag, 03.12.2016: Savage, Chariot, Quartz, Tokyo Blade, Tytan, Demon, Trespass, Grim Reaper, Stampede, Chrome Molly, Vardis, Venom Inc., Girlschool.

chariotNun hat man es auf so einem Festival mit Bands zu tun, von denen die meisten headlinen und co-headlinen können, aber irgendwer muss ja früher spielen oder auf die kleinere Clubbühne. So beginnt der zweite Tag gleich mit einem Doppelschlag: Savage im kleinen Club und Chariot auf der großen Bühne im Saal. Ich entscheide mich für Letztere und schaue aber noch eben wie Savage mit "We Got The Edge" eröffnen. Chariot legen mit "When The Moon Shines" los und scheinen auch sonst mit dem sich steigernden "Horizons" und "Screams The Night" alles richtig zu machen, mit viel Action und perfekten Chören. Einfach geil, Sänger und Shouter Pete Franklin bei dem Auftritt zu beobachten und die alten Klassiker in diesem fetten Sound zu hören. Sie bringen auch brandneue Stücke, den Stampfer im Midtempo "Rock My World" und mit "Demons And Angels" gleich noch einen coolriffigen Slowdownrocker hinterher, da freut man sich auf das nächste Album. Auch der Mitsingpart in "Warriors" glückt, ein sicheres Zeichen dafür, dass die Band gewonnen hat. Was ein geiler Auftritt, was ein gelungener Auftakt heute. Leider sind die Shirts der Band am Merch in den gängigen Größen schnell vergriffen. Bleibt bloß der fade Beigeschmack, dass Savage auf die große Bühne gehören und auch nicht als Opener verbraten. Das ist aber das Problem auf einem solchen Festival mit sehr vielen, gleichstarken Bands.

 

tokyo bladeDann spielen oben im Club Quartz auf, deren Auftritt man vom Keep-It-True Festival noch gut in Erinnerung hat. Deswegen fällt die Entscheidung auf Tokyo Blade, die unten im Saal mit "Turn The Light On" eröffnen. Nicht nur "Someone To Love" und "Dead Of The Night" lassen die Saitenabteilung rechts des Sängers Alan Marsh actionreich mit großartigen und inbrünstigen Backingvocals wie die vielzitierte Sau agieren, sondern den kompletten Set. Die ersten Reihen drehen durch, den ganzen Sack voll Hits wie "Warrior Of The Rising Sun", "Lightning Strike" und "Lovestruck" serviert zu bekommen, wie sogar auch "Mean Streak" vom ersten Album. Die Jungs punkten in erster Linie mit Action und ihren Songs des zweiten Albums "Night Of The Blade", das jedem komplett so bekannt sein sollte, wie den meisten hier im Saal. Die Vocals von Alan sind nicht ganz so höhensicher, er liegt auch schon mal textlich daneben, doch das stört hier kein Schwein. Die Halle feiert "Sunrise In Tokyo", Midnight Rendezvous" und "Night Of The Blade" ab und wird abschließend mit dem unverzichtbaren "If Heaven Is Hell" belohnt, dem Oberkracher vom ersten Album. Klasse Auftritt!

 

demonTytan hämmern recht basslastig für diese Clubverhältnisse los und Basser Kevin Riddles bedankt sich gerade für 34 Jahre Treue, doch meine Entscheidung fällt auf Demon im großen Saal. Treppe runter zum Dämon gelaufen, hat der "Night Of The Demon" schon hinter sich gebracht und ist grad dabei, "The Plague" zu zocken. Vergleichsweise ist hier erwachsener Hardrock mit zwei Gitarren und Keyboard Trumpf, der aber auch etwas das Tempo rausnimmt. Achtziger Tracks wie "Life On The Wire" und "The Spell" machen schon Laune, aber die Band hört dann noch vor der Zeit auf und verabschiedet sich, dabei hätte locker noch "Life Brigade" oder eine andere Rarität gepasst, aber diesmal hat "Don't Break The Circle" nicht gefehlt, denn das stand schon weiter oben im Set.

 

grim reaperDann beginnen Trespass ihren Gig. Diesem kann man für drei Tracks beiwohnen, darunter der bestens in ihr Programm passende Uptemporocker "Be Brave" vom nächsten Album, bis Grim Reaper im Saal loslegen. Nicht wenige Besucher erwarten die nächste Band mit Spannung und dementsprechend voll wird es vor der großen Bühne, als Steve Grimmett und Co. mit "Rock You To Hell" und "Night Of The Vampire" Vollgas von vorne weg geben. Und das Acting kann was, keiner steht still und vor allem Gitarrist Ian Nash hat man mit seiner messerscharfen Gitarre so zappelnd selten gesehen, da vergehen "Lust For Freedom" und "Walking In The Shadows" wie im Flug. Steve erzählt, zum vierten Mal verheiratet zu sein und sein Arzt sagte während der dritten Frau zu ihm: "Call Me In The Morning". Das wäre auch ein cooler Übergang zu "Fear No Evil" gewesen, das Steve danach jedoch für alle die ansagt, die das gleichnamige zweite Album nicht gekauft haben. Steve selbst hat einen Prompter neben sich stehen, liest davon jedoch nur selten ab. Seine kurzen aber eindeutigen Ansagen bringen es auf den Punkt. Für die Briten kommt hier historisches Feeling auf, als er an die Zeiten des alten Victoria erinnert und "Wrath Of The Ripper" ansagt. Das neue "Temptation", "Rock Me Til I Die", das Dio-Tribute "Don't Talk To Strangers", "Waysted Love" und ein lautstark mitgesungenes "See You In Hell" macht die Band zum ganz heißen Anwärter für die Band des Tages. Was soll jetzt noch kommen?

 

chrome mollyAls nächstes Stampede, und zwar oben im Club. Viele Synth-Pedale beim Bassmann unterstreichen den stampfenden Dampfdruck Hardrock, doch unten im Saal ist es trotz des Auftritts von Chrome Molly leerer geworden, offensichtlich spielen grad zwei 'kleinere' Bands gleichzeitig. Zwar haben Chrome Molly mal mit einem hässlichen Cover für Furore gesorgt, das war das erste Album "You Can't Have It All" aus 1985, wo eine definitiv nicht schlanke Strapsdame, an einem weißen Rolls Royce lehnend, fotographisch festgehalten wurde, doch das hat man längst ausgestanden. Sonst sei angemerkt, der hardrockende Fünfer macht sein Ding, besonders mit Songs von dieser Platte wie "Take It Or Leave It" oder "Short Sharp Shock" vom 2013 er Album, das aber zu Zeiten der Bewegung geschrieben wurde. Sie haben den Rasta-Gitarristen von Geddes Axe in ihren Reihen und einen Schenker Lookalike mit einer Flying V in Angriffshaltung auf der anderen Seite. Letzterer sorgt in Songs wie "Supercharged", "Set Me Free" und dem neuen Track "Rock For You" auch mit seinen Licks und Soli für etwas Schenker-Feeling. Keine Ahnung, wie lange ich "Thanks For The Angst" schon nicht mehr gehört habe, ist nämlich hier heute Abend der im Ohr bleibende Mitgröler. Schön, die Band mal live gesehen zu haben.

 

vardisDiese Einheit aus Wakefield steht seit 1979 für straighten Hochgeschwindigkeits Rock 'n' Roll. Status Quo Fans stehen auf Boogie mit einer Telecaster und bei Vardis wird davon die metallischere Variante geliefert. Das Trio stellt "Move Along" an den Anfang und bügelt ihr Ding in einem durch. Sänger und Gitarrist Steve Zodiac, in abgewetzter Kutte gekleidet, fragt die Audienz mehrfach, ob es laut genug, manchmal gefolgt von der Frage, ob es auch schnell genug wäre. Übel sind seine Grimassen bei den Soli, dazu macht der gespenstisch blass aussehende Bassmann Martin Connolly in Schwarz, wie aus einem Vampirfilm entsprungen, keinen besänftigeren Eindruck. Die Setlist knallt über "Destiny" bis zu "If I Were King" am Stück durch Steves improvisationsgeprägtes Spiel zu sehr straighter Bass- und Drumbegleitung, die unweigerlich in Bein und oft auch in den Nacken geht. Nur heute ist man noch immer völlig geflasht davon, was Grim Reaper gerissen haben. Da muss schon echt ein geballertes Pfund kommen. Haha, klasse Übergang zur nächsten Band …

 

venom inc.Gespannt wartet man schon den ganzen Tag auf Venom Inc. Technische Probleme mit dem Bassverstärker verzögern den Beginn etwas. Hat der Demolition Man etwa schon vor dem Auftritt zugeschlagen und sein Equipment zerstört? Der Saal dreht voller Spannung noch mehr auf und Venom-Sprechchöre schallen durch die Halle. Dann endlich rumpelt und rummelt es wie Hölle und der Dreier, bestehend aus den klassischen Venom-Members Mantas und Abaddon plus Tony Doyle, liefern. Alles bestens, doch schon zum dritten Song "Live Like An Angel (Die Like A Devil)" bekommt Mantas mitten im Solo einen vollen Becher Bier frontal an den Hals und er spielt weiter als wäre nichts geschehen. Black Metal ist eben kein Kindergeburtstag. Mantas hat nach dem Song den, Zitat: 'funny Guy' erkannt und straft ihn mit durchdringendem, bösen Blick und zu "Don't Burn The Witch", "Angel Dust", "Red Light Fever", "Seven Gates Of Hell" und "Poison" agiert er weiter am vorderen Bühnenrand. Haare fliegen überall in der Audienz unter Nebel und Lichtblitzen, Securities fischen Crowdsurfer aus dem Graben und benommene Frauen werden aus den ersten Reihen getragen. Mantas ist die zentrale Figur, dirigiert in "Warhead" das Publikum eindrucksvoll zu Chören und besticht in "Sons Of Satan" mit einem feinen, verfrickelten und technisch einwandfreien Solo! Zum Ende ist alles vernebelt, Tony wirft seinen Mikrofonständer um und Drummer Abaddon kommt nach vorn zum Bühnenrand und verabschiedet sich. Ziemlich coole Show, aber "Countess Bathory" und "Black Metal" fehlten doch auffallend bis schmerzlich.

 

girlschoolAls zweite All Girl-Band stehen Girlschool auf dem diesjährigen Headlinerposten. Da hat sich doch wer was bei gedacht? Ebenso über die Begebenheit, dass keine Band mit Backdrop im Rücken auftrat. Die vier Mädels lassen aus der Konserve das Intro von "Emergency" abspielen, starten aber mit "Demolition Boys", gefolgt von "C'mon Let's Go", "Future Flash" und einem schwer groovenden "The Hunter" in einer stark knallenden Version hier und heute, alle Daumen hoch! Den Titeltrack ihres wichtigsten Albums "Hit And Run" singt Bassfrau Enid Williams, ebenso wie "Race With The Devil" ihres Debütalbums. Aus irgendeinem Grund wurden an beiden Tagen mehr Tribute zu Ronny James Dio gebracht, als für Lemmy. Doch die Mädels sind alte Motörhead-Kumpaninnen und widmen "Take It Like A Band" Lemmy und Philthy. Kim trägt jedoch diesmal ein Shirt von Saxon, mit denen sie just auf Tour waren. Vom neuen Album reiht sich noch "Come The Revolution" in die Setlist, wie "Never Say Never". Nach "Screaming Blue Murder" kloppen sie "Future Flash", "Kick It Down", "Watch Your Step" sowie "Yeah Right" runter und haben damit fast das ganze "Hit And Run" Album komplett, verschwinden aber plötzlich nach "Emergency" ohne eine Zugabe. Dabei war erst grade einmal eine Stunde vergangen. Ja spielt denn kaum noch ein Headliner 90 Minuten? Nun sind Girlschool nicht gerade bekannt für episch lange Auftritte, doch als Headliner sollte man seinen Fans schon etwas mehr geben. Kaum hat das Quartett die Bretter verlassen, ergreift einer der Veranstalter der Hard Rock Hell das Mikrofon und bedankt sich bei den Fans und wünscht Frohe Weihnachten.

Eine Metaldisco mit wahrlich gut selektierter Musikauswahl sorgt für den Ausklang und rundet ein gelungenes Festival ab. Verbesserungen wünschen wir uns auf jeden Fall für die Spielzeiten, dass keine Überschneidungen mehr ertragen werden müssen. Für den 02.12.2017 und den 03.12.2017 steht die nächste Ausgabe auf dem Plan und mit Raven, Praying Mantis, Diamond Head, Avenger, Lionheart, Airrace, Mick Underwood's Glory Road, Holocaust, Gaskin, Salem, Traitors Gate, Blackmayne, Toledo Steel, Tysondog und Seventh Son sind bereits die ersten dafür Bands angekündigt.



Autor: Joxe Schaefer - Pics: Joxe Schaefer