SINNER, THE UNITY

Essen, Turock, 14.05.2017

Im Mai sind die Hardrocker um den namensgebenden Tausendsassa Mat Sinner auf Tour, um bei insgesamt acht Locations ihr neues Album "Tequila Suicide" zu promoten. Einmal Schweiz, hier in Wetzikon und siebenmal in deutschen Landen heißen die Venues und heute ist am dritten Tourtag das Turock in Essen an der Reihe. Unglaublich. Ich begleite Sinner seit ihrem dritten Album "Danger Zone" von 1984, habe mir damals diverse Singles zugelegt und bis zum heutigen Tage ein paar Mal Primal Fear gesehen, mir insgesamt dreimal das Rock Meets Classic - Ensemble reingezogen und selbst Voodoo Circle habe ich schon gesehen aber noch nie Sinner selber. Kein Wunder, das ich alles unternommen habe, um für den heutigen Tag eine Akkri nebst Fotopass zu bekommen. Und auch das neue Album, böse Zungen behaupten, mehr Thin Lizzy als The Black Star Riders mit ihrem letzten Opus, dreht sich bei mir pausenlos, selbstverständlich als splattered Vinyl. Im Vorprogramm, quasi als Einheizer, The Unity, die Combo um die Gamma Ray - Mitglieder Michael Ehre und Henjo Richter. Auch die haben ihr selbstbetiteltes Debüt gerade auf den Markt gebracht und sind um jede Spielmöglichkeit happy. Die Band und die Ideen für die Scheibe wurden übrigens schon vor der Ankündigung der "Pumpkins United" ins Leben gerufen. Nichtsdestotrotz ist Gamma Ray erstmal auf Eis gelegt. Eigentlich schade, denn da Frank Beck, neuer Shouter der Metalinstitution heute mit Sinner auf der Bühne steht, hätten faktisch nur zwei Mannen gefehlt und dann hätten Gamma Ray auch noch auftreten können.

The Unity - live- start - 2017Ziemlich genau um 20:00 Uhr hüpft das halbe Dutzend von The Unity auf die Bretter, die im Turock die Welt bedeuten. Im Hintergrund das dunkle Backdrop ihrer ersten Scheibe und mit dem hymnischen "Rise And Fall" geht es auch gleich mächtig los. "Firesign" knallt ziemlich und auch "No More Lies" läuft eher unter druckvoll. Mal Zeit auf die Band zu schauen. Bis auf die Gitarre, besetzt durch Henjo Richter, entspricht das Line-Up exakt den mir bislang unbekannten Love.Might.Kill. Auch Gianbattista Manenti war mir als Sänger bislang nicht geläufig. Dämlich kann man da nur sagen. Nicht nur dass der Bursche reihenweise die Damen zum Schwitzen und auf netteste Gedanken bringt; der hat auch noch einen ziemlich großen Aktionsradius, gibt den perfekten Poser und richtig gut singen/shouten kann er auch noch. Bei "God Of Temptation" kommt mir umgehend Ronnie James Dio in den Sinn und beim derzeitigen Durchhören der Scheibe fallen einem noch allerlei andere Größen, allerdings eher im Hardrock zu suchen, ein. Lou Gramm von Foreigner und insbesondere Tobias Sammet von Edguy aber auch Mr. Atkins von Pretty Maids schimmern da irgendwie durch. Durchdringend, gut hohe Töne haltend aber auch rockig sanft und brutal shoutend. Alles geht und funzt. Eine kurze Ansage an das leider nur dürftig vertretene aber umso geiler mitmachende Publikum und weiter geht es mit dem fetten, kräftigen "Close To Crazy" mit derbe metallischen Anteilen und tollem Refrain. Bisschen ruhiger der Einstieg bei "Killer Instinct" und das Gamma Ray - Cover "Send Me A Sign" kann der Sänger auch. Nach knapp fünfzig Minuten dann der Rausschmiss mit "Never Forget", einer typisch groß angelegten, melodischen Hardrock - Nummer mit exzellenten Sechssaitern. Fein gemacht und am Grinsen von Michael kann ich erkennen, der ist mit dem Gig auch top zufrieden. Eigentlich unglaublich wie wenig People heute dabei sind. Okay es ist Sonntag und Wahl in NRW und dazu noch Muttertag. Aber ob die wohl alle tatsächlich zur Urne gegangen sind oder eher faul bei Muttern auf dem Sofa liegen. Faule Mattenschwinger bleibt da nur zu konstatieren.

Sinner - Start - live - 2017Um 21:20 Uhr geht es dann mit der deutschen Hardrock-Institution weiter. Nach der üblichen Phase mit Deep Purple, Whitesnake und Rainbow ging es bei mir in 1984/1985 mit DIO, Accept, Warlock und natürlich Sinner eigentlich erst so richtig los. Ich kann mich noch überdeutlich an die weiße Maxi von "Born To Rock" erinnern und fand Mat damals schon saugeil. Als ich ihn das erste Mal mit Primal Fear shooten durfte, bei Rock Meets Classis hält er sich ja doch eher im Hintergrund, ging bei mir sowas wie ein Traum in Erfüllung. Super nett und richtig gut drauf ist er auch noch. Im Gegensatz zu allen anderen Bands, die ich bislang gesehen habe, wird heute die Bühne allerdings nicht geentert sondern seelenruhig in Beschlag genommen. Das Backdrop prägt fett das Sinner Logo und links steht so etwas, wie eine Whiskey Bar. Dahinter nehmen Sascha Krebs (Rock Meets Classic, Queen Kings, etc.) und ich dachte, ich guck nicht richtig, auch Frank Beck (Gamma Ray) Platz. Sinner 2017 bestehen aus Mat Sinner (Bass, Vocals), Tom Naumann (Gitarre), Alex Schlopp (Gitarre) und Francesco Jovino (Drums), im Prinzip also zu Dreiviertel aus Primal Fear. Auf der neuen Scheibe sind dazu noch mehrere Rockgrößen, na schon eher Giganten, als Gäste vermerkt. Neben dem Gitarrenhexer Gus G. und anderen Stars gibt beim Titeltrack nicht ganz zufällig auch Ricky Warwick ebenso wie Pete Lincoln (The Sweet) seine Vocals dazu. Der vorherige Vergleich zum Thin Lizzy Sound ist also nicht ganz abwegig. Sinner- unten -live - 2017Mit "Used To the Truth" startet das Set gleich mit Sascha als Gastsänger, der seine Sache, wen wundert es eigentlich noch, richtig klasse angeht. Der Junge hat es einfach drauf und Mat ist gleich voll dabei und haut ein Brett nach dem anderen raus. Sascha hüpft dann an die Bar zurück, genehmigt sich wohl eher eine Cola und nun ist Zeit für den Leader. Auf Songs wie "Coming Out Fighting", "Bad Girls" und natürlich "Born To Rock" habe ich gefühlt Jahrzehnte gewartet, um selbige mal live zu sehen. Da kommen richtig Erinnerungen hoch und Sinner lassen sich auch mit Effekten nicht lumpen. Pausenlos zischt, knallt und dampft es. Dazwischen dann der Titeltrack des neuen Albums, den Mat super rüberbringt. Frank darf dann erstmalig bei "Battle Hill", ihr wisst schon, der Dampfhammer mit dem geilen Chorus ran. Am Mikro dann wieder Mat beim neuen "Sinner Blues" mit toughen Solo von Frank. Hach, einfach zum dahin schmelzen, so geil diese neuen Sachen. Wieder zurück mit "Concrete Jungle" dann zum ganz frühen "Danger Zone" von 1984 und ein gewaltiger Sprung ins Jetzt mit "Go Down Fighting", dem Opener von der neuen Longrille. Nun schlägt Francescos Stunde mit einem knackigen Solo und fein gespottet. "Hypnotized" dann wieder mit Sascha und ich glaube Frankiboy nippt am ersten Hochprozentigen. Einmal Schmusen mit der Powerballade "Knife In My Heart" und ab ins geile Medley aus dem Billy Idol - Cover "Rebel Yell", dem Police - Cover "Message In a Bottle", die Frank mit seiner Jim Beam - Flasche ganz wörtlich nimmt und natürlich "Jailbreak" von Thin Lizzy. Klar frotzelt Mat ein bisschen über das Billy Idol - Cover, weiß aber ganz genau, dass das Ding damals ziemlich geil ankam und ganz offensichtlich nichts von seinem Charme verloren hat. Sinner - live- 2017Mit dem Motto des Abends "Germany Rocks" dann nochmal Sascha und hier Bums und Lametta und dann ein kurzes Break. Ziemlich kurz die Rast aber klar, bei den mehr als fordernden Zugabe-Rufen. Schon erstaunlich was die paar Freaks da raus krakeelen können. Als Mat seinen Mikroständer untersucht, stellt er ganz erstaunt und mit einem Lachen fest, dass in der kurzen Zeit sämtliche Picks/Plektren und auch Setlisten geraubt wurden. Sascha bleibt gleich in Front und holt bei "Lost In A Minute" noch mal alles raus und dazu übergeile Saiten von Tom Naumann. Auch 2011 nahmen Sinner schon ne Menge von den irischen Twin-Guitar-Rockern mit und setzen auch heute mit "Back On Trail" einen letztmaligen Glanzpunkt unter einen spitzenmäßigen Gig. Um 22:30 Uhr fällt dann der Vorhang. Noch ein bisschen Gequatsche mit Michael und Gianbattista am Merch, den Michael Krusty Wagner vierzig Euronen für zwei, leider nur zum Teil signierte Scheiben zugesteckt und fröhlich geht es mit der Gewissheit wieder zwei geile Combos gesehen und fotografiert zu haben nach Hause.



Autor: Andreas Gey - Pics: Andreas Gey