Rockharz Open Air 2017

Ballenstedt, Flugplatz Ballenstedt, 05.07.2017 - 08.07.2017

Wie schon die Jahre zuvor, ist auch die 24. Auflage des Festivals wieder mal ausverkauft, was bei den Bandankündigungen im Vorfeld mit den Headlinern Dirkschneider für die AFM-Label-Night am Mittwoch, den Hochkarätern Arch Enemy und In Extremo am Donnerstag, Iced Earth und Heaven Shall Burn am Freitag sowie der deutschen Metalinstitution Blind Guardian am Samstag, ja auch nicht wirklich überrascht. Darüber hinaus dürfte sich das Wissen um die sehr angenehme, ja fast familiäre Atmosphäre der Location allmählich auch weit über die ehemaligen Grenzen hinaus verbreitet haben. Eine Besonderheit stellen zudem die beiden gleichwertigen Bühnen dar, die hintereinander bespielt werden, so dass man keine Band verpasst. Ich bin zum dritten Mal dabei und, bis auf unsäglichen Dauerregen, den das Megafestival im nördlichen Deutschland ja so häufig prägt, habe ich im Harz nun klimatisch alles erlebt, was die Tage im beginnenden Juli so mitbringen können. Im Jahr 2015 löste eine Sturmgefahr eine notwendige Sicherung der rechten Rock Stage und der linken Dark Stage mit kräftigen Stahlseilen aus. Trotz kräftigem Wind und kühlen Temperaturen kam es letztlich nicht zu dem befürchteten Orkan. Im Folgejahr herrschten dann eher warme Temperaturen vor, wobei die Abende jedoch durch empfindliche Kälte geprägt waren. Das diesjährige Festival ist, mit Ausnahme eines ganz kurzen aber heftigen Regenergusses am Freitag, kurz nach Start des Auftrittes von Unzucht, knochentrocken und warm, mit Temperaturen, die die mal wieder fantastische Security im Graben, die sich selbst "Grabenschlampen" titulieren, dazu veranlassen bereits ab Donnerstag die Feuerwehrschläuche zu bemühen und so die Fans mit dem erfrischenden Nass zu beglücken. Die Tickets für das Festival, inklusive Camping und Zugang zur Label-Night am 5. Juli 2017 kosten weiterhin sehr moderate 97,90 €.

 

Tag 1, 05.07.2017

Im Gegensatz zu den letzten Jahren reise ich diesmal bereits am Mittwoch an und übernachte in einem netten Hotel im nahen Bad Suderode zu einem wahrlich akzeptablen Preis von 40 € pro Tag inkl. Frühstück und Kurtaxe. Dabei habe ich die Unterkunft erst am Tag zuvor gebucht, nachdem mich ein grippaler Effekt, den ich mir am Wochenende zuvor beim Castle Rock in Mülheim a. d. Ruhr holte, vom freien Campen abhalten ließ. Andrey Smirnov, seines Zeichens Gitarrist von U.D.O. / Dirkschneider, versprach mir eine "Full Show" beim Fotografieren aus dem Graben und auch die Möglichkeit von Aufnahmen hinter der Bühne. Das lasse ich mir natürlich nicht zweimal sagen, zumal sich auch das übrige Programm der Label-Night richtig klasse darstellt. So sehen das heute wohl viele Fans, denn, dem Hörensagen nach, war es am Mittwoch noch nie so voll.

Kryptos - live - 2017 RHLos geht es um 16:20 Uhr mit den vier Indern von Kryptos, die heuer die Ehre haben das Festival bei sonnigen Temperaturen und nur leichter Bewölkung zu eröffnen. Und das machen Nolan Lewis an der Gitarre und am Mikro, Rohit Chaturvedi (Gitarre), Ganech Krishnaswamy (Bass) und Anthony Hoover (Drums), die im Zuge der "Armed n` Lethal - Tour 2017" die europäischen Venues besuchen, richtig gut. Unter anderem "Black Star Horizon", "One Shot To Kill", "Burn Up The Night" oder "Wave Rider" nennen sich die im klassischen True Metal mit thrashigen Seitenhieben gezockten Riffer mit guten Arrangements, passenden Melodien und einem klasse Groove. "We play true metal and no fucking bullshit" raunzt der Shouter. Dem ist wohl Nichts hinzu zu fügen.

 

Bloodbound - live - 2017 RHMit hoch melodischem Powermetal der schwedischen Marke Bloodbound und einem gut aufgelegten und viel quatschenden / animierenden Patrik. J. Selleby geht es dann in die nächste Runde. Gleich unter den ersten Songs der Titeltrack des neuen Albums "War Of Dragons" und auch das zugehörige Cover macht sich als riesengroßes Backdrop richtig gut. "In The Name Of Metal" steigt ein mit tollen Screams und für mitnehmende Refrains sind die Schweden ohnehin bekannt. In Anlehnung an Bruce Dickinson von Iron Maiden intoniert Patrik "Scream for Nosferatu..." und auch "Stand And Fight" klappt in den Mitmachteilen als Publikumsanheizer und überzeugt mit riffigen und melodischen Komponenten. Am Ende der gut ausgewählten Setlist krabbelt sowas ähnliches wie eine Art Monster oder auch ein mit einer Kapuze bedecktes Wesen auf die Bühne.

 

Serious Black - live - 2017 RH"Mirrorworld", "Setting Fire To The Earth", "This Machine Is Broken" und "High and Low". Na, macht es klick? Richtig, die erst 2014 gegründeten Serious Black mit internationaler Besetzung sind "on stage" und nochmal gibt es Power Metal der melodischen Art. Am Mikro der heute sehr agile und mit Gerede sich eher zurückhaltende Schwede Urban Breed mit einer Voice irgendwo zwischen Ronnie James Dio, Zak Stevens oder John Oliva. Urban war auch schon für Bloodbound, Tad Morose und andere Combos tätig und auch Rob Katsionis, der bei Gus G. und Firewind sowohl Tasten als auch die zweite Gitarre zockt, ist wahrlich kein Unbekannter mehr. Klasse Soli und gute Bühnenaktivitäten halten das Publikums bei Laune und ganz viel "hohoho" gibt es beim kurz angespielten "Heaven & Hell" von Black Sabbath.

 

Stahlmann- live 2017 - RHDie aus Göttingen stammenden Stahlmann um Sänger Martin Soer starten mit ihrem dreiviertelstündigen Set um die Tagesschau-Zeit, nämlich kurz vor 20:00 Uhr. An der Gitarre Frank Herzig, der sonst bei Schattenmann am Mikro steht und am Bass AblaZ, den man noch von Sündenklang und auch Nachtblut kennt. Maximilian Thiele an den Fellen komplettiert das heute überraschend ungeschminkte Quartett. Allerdings braucht es für Kracher der Neuen Deutschen Härte wie "Bastard", "Adrenalin", "Stahlmann", "Plasma", "Schwarz", "Tanzmaschine" und "Süchtig" auch keine Schminke. Bei "Spring Nicht" springt auf Anforderung natürlich Alles und Jeder und bei "Nichts Spricht Wahre Liebe Frei" sinniert Martin um das große Thema und sicher schmelzen da einige Damenherzen dahin.

 

Orden Ogan - live - 2017 RHSänger und Gitarrist Sebastian „Seeb“ Levermann ist einziges, verbliebenes Gründungsmitglied der bereits 1996 aus der Taufe gehobenen Folk- und Power Metaller von Orden Ogan aus Arnsberg im Sauerland. Quasi als zweiter Headliner der Label-Night, in 2015 spielten sie noch am frühen Vormittag, hat der Vierer eine Stunde Spielzeit und darf bühnentechnisch schon richtig auffahren. Die Dekoration ist dabei ganz auf das neue Album "Gunman" ausgelegt mit einem holzähnlichen Fortaufbau und hierauf, links und rechts platzierten Pistolenhelden mit Schlapphut und riesigen Knarren. Zu gitarrenlastigen und vermehrt instrumentalen Songanteilen gibt es dazu eine tolle Lightshow und beim Titeltrack knallt es auch ordentlich aus einer Lamettakanone. Songs wie "Orden Ogan", "We Are Pirates", "Here at the End of the World", "Deaf Among The Blind", "Fields Of Sorrow" oder "F.E.V.E.R." überzeugen mit perfekt sitzender Stimme von Seeb und metallisch-folkigen Rhythmen.

 

Dirkschneider - live - 2017 RHUdo Dirkschneider & Co., sprich Sohnemann Sven Dirkschneider am Schlagzeug, Fitty Wienhold am Bass, der Russe Andrey Smirnov an der Leadgitarre und als neues Mitglied Bill Hudson, den man als Guitarhero von Circle II Circle, Kobra & The Lotus oder auch The Transsibirian Orchestra kennt und der für den in 2017 ausgestiegenen Finnen Kasperi Heikkinen an der zweiten Gitarre eingesprungen ist und der kurz darauf als festes Member deklariert wurde, sind als Dirkschneider weiterhin auf Abschiedstour. Mit Dirkschneider möchte Udo mit seiner Vergangenheit bei Accept abschließen und präsentiert auf den Gigs daher nur Gassenhauer aus dieser Zeit. Andrey und Bill fangen mich kurz vor der Show im Graben ab, stellen mich der Security vor und gegen mir kurze Hinweise bei welchen Songs die Pyros eingesetzt werden. Demnach wird es heiß beim Opener "Starlight", in der Mitte der Setlist bei "Princess Of The Dawn" und nochmals am Ende bei "Burning". Entweder ich habe die Jungs falsch verstanden oder die Feuer- und Dampftechniker meinen es heute besonders gut aber irgendwo zischt, knallt und dampft es bei nahezu jeder zweiten Nummer und dazu gesellen sich zwei exzellent aufgelegte Gitarrenhexer, die sich die Soli hin und her schieben und auch Herr Dirkschneider ist richtig gut bei Stimme, wenn auch etwas weniger agil. Wozu hat man schließlich diese Jungspunde? Mein Blick von "hinter der Bühne" sieht eine begeisterte Menge bis zum Horizont und einen Sven, der alles gibt und sich klatschnass bei einem der vielen Saitensoli gleich zwei Flaschen Mineralwasser hinter die Binse kippt. Das ist wirklich Schwerstarbeit und ein furioser Abschluss des ersten Tages.

 

Tag 2, 06.07.2017

Bereits in den Morgenstunden des zweiten Tages empfange ich erste E-mails von Andrey und Bill bezüglich der Shots von Dirkschneider vom Vortage. In der Nacht zuvor schon aussortiert und nun noch den Feinschliff vornehmend bin ich gegen Mittag mit den Pics fertig, finde aber kein Netz, um die Bilder rüber zu senden. Verzweifelt begebe ich mich zum Festivalgelände in den VIP-Bereich in der Hoffnung dort eine entsprechende Verbindung zu finden. Durch Hilfe eines Kollegen, der das funktionierende Netz einer dort tätigen Institution anzapft gelingt es mir die Bilder dann zu schicken, die von Bill Hudson dann umgehend auch als Profilbild bei Facebook genutzt werden. Allerdings verpasse ich so Infected Rain mit Nu Metal aus Moldawien und dem ersten Circle Pit, die Disco Metaller Apron mit jeder Menge Luftballons und den rocklastigen Metal von The New Black und steige erst mit Nachtblut wieder in das Geschehen ein.

Nachtblut - live - 2017 RHSänger Askeroth und seine Kollegen von Nachtblut, unter anderem nochmal der Basser AblaZ (Stahlmann, Sündenklang) bringen mit weiß getünchten Gesichtern und schwarzem Lederdress sowohl optisch als auch mit ihrem Dark Metal nun eine dunkle Stimmung auf die von gleißendem Sonnenlicht angestrahlte Rock Stage. Seit 2005 sind die Rocker unterwegs, ich sah sie das letzte Mal auf der Tour mit Varg in 2016, und haben vier Outputs rausgebracht, wobei die letzte Veröffentlichung bereits von 2014 datiert. Andächtig hört die Gemeinde zu den dunkelschwarz ambitionierten Textzeilen von "Bußsakrament", "Die Blutgräfin" oder auch dem ordentlich abrockenden "Ich trinke Blut" während der Shouter derweil seinen durchtrainierten Astralkörper zur Schau stellt.

 

Wolfheart - live 2017 - RHWolfheart kommen aus Lahti, Finnland und sind seit 2012 unterwegs. Melodic Death Metal, Black Metal und Doom Metal sind die üblichen Genrebezeichnungen für den nordländischen Vierer. Auf dem Rockharz überzeugen mich die in Leder und mit viel Tattoos ausstaffierten Mannen jedoch mit einer Breitseite richtig derber Pagananteile und durchaus auch sehr melodischen Komponenten wie zum Beispiel bei "Strength and Valor", "Aeon of Cold", "Abyss" oder "The Hunt". So ist beim Publikum einerseits kräftiges Headbangen angesagt, was übrigens von den Protagonisten und auch dem Drummer perfektioniert vorgetragen wird aber auch die Ohren kommen bei den klasse abgestimmten Arrangements nicht zu kurz.

 

Civil War - live - 2017 - RHFür Hyme, Pathos und ausufernde Melodien stehen die schwedischen Civil War, die aus ehemaligen Mitgliedern von Sabaton und dem Astral Doors Shouter Nils Patrik Johansson hervorgegangen sind. Seit 2017 steht nun Kelly Sundown als Sänger der Band vor und mit dabei noch Petrus Granar (Gitarre, Bass), Rikard Sunden (Gitarre), Daniel Mullback (Schlagzeug) und Daniel Myhr (Keyboard). Klar vermisst man die so an Ronnie James Dio angelehnte Stimme von Nils aber Civil War funktioniert auch mit dem neuen Sänger, ganz einfach deswegen, weil die drei Studioalben "The Killer Angels", "Gods And Generals" und die letzte Platte "The Last Full Measure" einfach richtig geile Songs enthalten und mit unter anderem "USS Monitor", "Saint Patrick`s Day", "Gettysburg", "I Will Rule The Universe", "Gods And Generals", "Tombstone" oder "Deliverance" ein toller Querschnitt hieraus dargeboten wird. Viel Hände, Victory-Zeichen und einige Crowdsurfer und bei mir, als Fan, ein ganz breites Grinsen. "Pain And Peace", nicht mit Betonung auf den ersten und zweiten Weltkrieg, wie es die Schweden von Sabaton mit entsprechenden Panzern auf der Bühne gestalten, sondern der Sezessionskrieg von 1861 bis 1865 mit grausamen Schlachten hoch zu Ross, Kanonen und viel Ehre und Pathos ist das zentrale Thema von Civil War.

 

Mantar - live 2017 - RHMantar, türkisch für "Pilz", nennt sich das hanseatische Duo, bestehend aus dem Gitarristen und Sänger Hanno Klänhardt und dem Schlagzeuger Erinc Sakarya. Ich kann mit dem Gemixe aus Metal und Punk so rein gar nichts anfangen, allerdings steht diese Meinung im krassen Gegensatz zu den abfeiernden Freaks, der Protagonisten, die sich bereits zuvor jeglicher Bedeckung ihres Oberkörpers entledigt haben. Dreckig, böse, laut und irgendwie wirr kommt das alles rüber, wobei man beiden eine unglaubliche Aktivität, bereits jenseits totaler Verausgabung attestieren muss. Die Lightshow ist passend dazu abgestimmt und beeinhaltet ein paar weiße Spots, ohne jegliches Farbspiel.

 

Rage - live - 2017 RHRage mit Peavey Wagner am Bass, Marcos Rodriguez an der Gitarre und Vassilios "Lucky" Maniatopoulos sind die nächsten, die die Rock Stage entern und bei weiterhin sehr warmen Temperaturen, die Maniacs weiter aufheizen, so dass die Wassermassen aus den Schläuchen und die am Graben ankommende Schar an Crowdsurfern zusehends wächst. Mit "Don`t Fear The Winter", "Perfect Man", und "Straight To Hell" wird ein Klassiker nach dem anderen rausgehauen und immer wieder geht Peavey nach vorne, um das Publikum zum Mitklatschen und Mitmachen zu bewegen. Stimmlich ist er immer noch richtig gut drauf und bei "End Of All Days" haut er ein klasse Solo auf seinem Viersaiter raus. Der Abschluss mit einem Medley aus "Higher Than The Sky / Holy Diver /Higher Than The Sky" ist seit langen Jahren Usus und setzt nochmal ein Ausrufezeichen unter eine überzeugende Show.

 

Detah Angel - live - 2017 RHDeath Angel gehören zur amerikanischen Thrasher Szene aus der San Francisco Bay Area und sind bereits seit 1982 aktiv. Schande über mein Haupt, aber ich sehe die Mannen um Shouter Mark Osegueda mit Rob Cavestany und Ted Aguilar an den Gitarren, Damien Sisson am Bass und Will Carroll an den Fellen heute das allererste Mal live auf der Bühne und der Fünfer haut mich richtig weg. Das liegt einfach daran, weil es diese älteren Herren, mit intensivem Headbanging, starken Riffings, durchgehendem Groove, viel "Fuxxing" in den Ansagen und jeder Menge Aktion auf der Bühne noch so richtig gut drauf haben. Quittiert wird das von der dankbaren Schar im Infield mit viel Klatschen, ausuferenden "hehehe"-Rufen und ordentlich in den Rasen gestampften Moshpits.

 

Haggard -live - 2017 RHMit Haggard kommt die Combo um Sänger, Songwriter und Gitarrist Asis Nasseri auf die Bühne. Neben metaltypischen Protagonisten mit E-Gitarre, E-Bass und Schlagzeug bewaffnet, gesellt sich im Hintergrund ein klassisches Ensemble mit Violinen, Celli, Tasten, Flöten, Bläsern und einer zunächst im Hintergrund agierende Sopranistin hinzu. Asis widmet sich sowohl der Akustik- wie auch der E-Gitarre, teils auch beiden gleichzeitig und singt, spricht oder growlt auch in deathmetaltypischer Weise in das Mikro. Die Halter der metallischen Gitarren schleudern, je nach musikalischer Ausrichtung im entweder derbe metallastigen Rhythmus, mittelalterlichen Folk oder auch in klassisch ambitionierter Weise, ihre Haare im Kreis oder gesellen sich still und ruhig zu den übrigen Members dazu. Die zuvor erwähnte Sängerin tritt dann hervor, bangt, brilliert am Mikro und liefert sich mit dem Gitarristen ein Moshduell allererster Sahne. Musikalisch sehr vielfältig, ja fast intellektuell mit progressivem Einschlag zieht die in Bayern beheimatete Gruppe so alles in ihren Bann.

 

Lacuna Coil - live - 2017 RHLacuna Coil ist ein italienischer, im Detail aus Mailand stammender Fünfer, der musikalisch im Alternative Metal oder Gothic Metal beheimatet ist und den zwei sich duellierende Stimmlagen kennzeichnen. Auf der einen Seite ist da die female Fronterin Christina Scabbia in der Stimmlage Alt und als Gegenpart werden die gutturalen Vocals von Andrea Ferro, der bereits seit Gründung der Band in 1994 dabei ist, abgeliefert. Shouter und die Männer an den Langhälsen sind dabei corpsepainted in weiß mit teilweisen wirren Farbspielen und der Drummer ist im Gesicht als Totenkopf geschminkt. Einzig die Sängerin bleibt von Gesichtsmalereien bis auf die blutunterlaufenen Augen verschont. Gedresst ist die Crew in weißen Anzügen, die an Kleidungen aus dem Gefängnis oder auch aus dem Irrenhaus erinnern und im tollen Licht der Bühnenshow richtig klasse wirken. Soweit die genretypische Einstufung und die auf der Bühne präsentierte Optik. Darüber hinaus können die Italiener mit einer höchst agilen Show, einer klasse Performance und sowohl derbmetallischen Elementen wie auch tollen Melodien in den Songs rundum überzeugen und stellen so ein Highlight dar. Sie eröffnen mit "Ultima Ratio" und lassen dann unter anderem "Spellbound", "Die & Rise", "Heaven`s A Lie", "My Demons", "Downfall" und "Our Truth" folgen.

 

Kadavar - live - 2017 RHKadavar stammen aus Berlin und sind Christoph "Lupus" Lindemann an der Gitarre und am Mikro, Simon "Dragon" Bouteloup am Bass und Christoph "Tiger" Bartelt am Schlagzeug. Stoner Rock oder auch Classic Psychedelic Rock walkt nun mit fetten Riffs und durchdringendem Groove über die Bühne bei wehenden und langsamer moshenden Mähnen. Dabei ist das Haupt- und auch das Barthaar des Gitarristen und auch des Schlagzeugers, welches sich bei künstlicher Windbeigabe sehr wirkungsvoll kräuselt, von außerordentlicher Pracht. Fast wirre, total fixierte Augen beim "Tiger" hinter den Fellen lassen ihn zu einem allseits beliebten Fotomotiv werden und der Classic Rock drückt auch bei älteren Besuchern des Festivals die Stimmungskurve steil nach oben.

 

Arch Enemy - live - 2017 RHMit Arch Enemy und Fronterin Alissa White-Gluz folgt nun der Headliner vom Donnerstag und mutmaßlich auch die am meisten favorisierte Band des gesamten Festivals, wenn man denn den Aussagen der Gäste und insbesondere auch den Kommentaren der Fotografen Glauben schenken darf. Ich sah die Schweden im August letzten Jahres auf dem Reload Festival in Sulingen und Ende März diesen Jahres in der Zeche in Bochum. Sie promoten mit der aktuellen Tour ihre letzte Live-Veröffentlichung "As The Stages Burn!" und eine viel treffendere Bezeichnung gibt es auch nicht für ihre wahnsinnig geilen Shows. Knallige Pyros, Dampfkanonaden und eine höchst effektvolle Lightshow mit zwei sich mittig auf der Stage treffenden Lichtkegeln, wo sich dann die drei Langhälse mit Jeff Loomis (Gitarre), Michael Amott (Gitarre) und Sharlee D`Angelo (Bass) mit der Sängerin zusammen finden, bieten die Untermalung für eine melodische Death Metal Orgie aller erster Güte. Alissa schreit, tanzt, mosht und jumpt (diesmal sind es exakt drei Sprünge vom Podest des Schlagzeugers) und das perfekt gestylte Outfit mit einer Menge Flatterzeugs über dem eng sitzender Lederdress und die nur leicht blau durchschimmernden Haare, lassen reihum nur offene Münder, klatschnasse Haare und ein ungläubiges Staunen, ob dieser schier unglaublichen Kraft und Spritzigkeit zurück. Bald erscheint das neue Album "Will To Power" und davon gibt es heute "The World Is Yours".

 

In Extremo - live - 2017 linksDie Mittelalterrocker von In Extremo geben sich danach ein Stelldichein auf der Rock Stage. Nachdem "Feuertaufe" und "Zigeunerskat" mit kräftigen Flammen gen Himmel verschossen sind, dürfen wir uns als Fotografen im Graben bei "Vollmond", "Störtebeker" und "Gaukler" dazu gesellen. "Lieb Vaterland, Magst Ruhig Sein", "Rasend Herz", "Black Raven", "Sängerkrieg" und natürlich "Spielmannsfluch" gesellen sich später dazu. Das alles wird vom Publikum textsicher mitgegrölt, Verzeihung, natürlich gesungen und frenetisch beklatscht und bejubelt. Dazwischen immer wieder vereinzelte Feuerstöße aus dem Schlund des Drachen und die zahlreich auf der Bühne vertretenen Berliner um "Das Letzte Einhorn", sprich Sänger und Multiinstrumentalist Michael Robert Rein, machen schon ordentlich Zinnober. Musikalisch wird mich diese Mucke nie gewinnen, allerdings ist die Combo live richtig gut aufgestellt und kann hier voll überzeugen.

 

Fiddlers Green - live - 2017 RHKurz nach Mitternacht ist nochmal richtig Spass und gute Laune mit den Mannen von Fiddler's Green aus Erlangen angesagt, die den Late Night Slot übernehmen. Eine knappe Stunde Folk Rock mit irischem Einschlag und einer spritzigen Speednote oder auch punkigen Attitüden liefern Ralf "Albi" Albers (Gesang, Gitarre und Irische Bouzouki), Rainer Schulz (Bass), Stefan Klug (Akkordeon), Tobias Heindl (Violine), Frank Joos (Schlagzeug) und Patrick "Pat" Prziwara (Gitarre) nun ab und haben alle Klatscher, Mittänzer, Schreihälse, Mosher oder einfach nur gut gelauntes Partyvolk auf ihrer Seite.

 

Tag 3, 07.07.2017

Kambrium - live - 2017 RHNachdem ich die Dark Rocker / Metal Rocker Vlad In Tears bereits auf dem Castle Rock gesehen habe, fröne ich heute einem ausgiebigen Frühstück und treffe erst gehen High Noon auf dem heiligen Rasen ein. Kambrium aus Niedersachen widmen sich dem Epic Melodic Death Metal und haben folglich auch ein Keyboard mit an Bord. Auf das ohnehin schon heiße Klima packt der Fünfer, der Basser und ein Gitarrist splitten den Gesang untereinander auf, noch einen fetten, melodischen, dunklen Metal mit ordentlich Groovebeilage drauf und sorgt so für Temperaturen nahe einem geöffneten Backofen. Die Jungs sind zum ersten Mal auf dem Rockharz und es für sie die größte Ehre auf diesem bedeutenden Festival spielen zu dürfen. Nach "Taken By The Storm", "Beastly Hybris", "Thanatos" wird dann mit "Season Of The Seawitch" noch die Seehexe ausgepackt.

 

Cypevcore - 2017 - live RHDie aus Mannheim stammenden Cypecore widmen sich in textlicher Hinsicht und auch in der bühnentechnischen Präsenz der Endzeitstimmung nach Zerstörung des blauen Planeten und schaffen so Parallelen zu dem Science-Fiction Film "Terminator" von James Cameron mit Arnold Schwarzenegger in der Hauptrolle. Ganz ähnlich gestylt geben sich die Mitglieder, die auf der Bühne eine Art Raumanzug und, wie der Schlagzeuger, auch Masken tragen. Neben dem Sänger Dominic Christoph, der seine bösen und bissigen Shouts auf einer Art Podest mit pointiert gesetzten Nebelschwaden, ähnlich wie Philipp "Freki" Seiler von den aus Coburg stammenden Varg darbietet, kennt man Gründungsmitglied Nils Lesser an der Gitarre und Tobias Derer am Schlagzeug als ehemalige Mitstreiter von Jennifer Haben bei Beyond The Black. Hoch technisierter, wuchtiger Melodic Death Metal mit thrashiger Note dürfte die korrekte Genrebezeichnung darstellen. Natürlich ist das Infield um diese frühe Zeit noch recht überschaubar und die mit Leuchten und Reflektoren bespickten Anzüge und die Dampfschwaden im roten Licht, die um den Sänger aufziehen und im hellen Tageslicht verschwinden, wirken an sich auch nur im Dunklen, aber dennoch ernten Cypecore allseits ein zustimmendes Nicken und anerkennendes Klatschen.

 

Ewigheim - 2017 - live RHEwigheim wurde 1999 in Thüringen gegründet und vereinnahmt unter anderem den Eisregen-Drummer Ronny "Yantit" Fimmel und Allen B. Konstanz von The Vision Bleak. Die Songs nennen sich zum Beispiel "Der Tanz Der Motten", "Dies Ist Der Preis", "Das Rad Der Käfer" oder auch "Leiche Zur See" und werden also in deutscher Sprache vorgetragen. Sehr dunkler Dark- oder auch Gothik Rock mit schwerem Groove und sehr kräftiger Inszenierung ist nun das Gebot der nächsten fünfunddreißig Minuten, wobei die Sonne auf die Erde nieder bruzelt und die begrenzte Fanschar sich primär dem Hörgenuss, denn der aufwendigeren Bewegung widmet.

 

Firkin - Live - 2017 RHMit dem Titeltrack zum Serienhighlight "Game Of Thrones" beginnen die Ungarn Firkin ihre Setlist. Irischer Folkrock oder auch Celtic Rock mit Flöte, Violine aber auch Gitarre, Bass und Schlagzeug heizt nun der Hörerschar ein und bei den Nummern "Sailing Away ", "Molly Malone" oder dem abgefeierten Queen-Cover "We Will Rock You" bleibt kein Auge trocken und trotz der weiterhin zu warmen Temperaturen wird nun ordentlich abgetanzt, geklatscht und dazu gibt es viel "hohoho" aus vielleicht 500 bis 1000, noch leicht vom Vortage angeschlagener Kehlen.

 

Ohrenfeindt - live - 2017 RHOhrenfeindt vom Kiez auf St. Pauli sind nun die nächste Band auf der Dark Stage und überzeugen, wieder mal ist man da schon gewillt zu sagen, mit ihrem australischen Riffrock und deutschen Texten. Chris Laut am Bass grölt, was das Mikro hergibt, Pierre Blesse macht die Backings und haut in die Saiten bzw. joggt über die Bühne wie ein Angus Young von AC/DC und Andi Rohde drischt auf die Felle. Textlich erklärt man sich mit "Auf Die Fresse Ist Umsonst", "Motor An" oder auch "Rock `n` Roll Sex Gott". Mit "Starkstrom" gibt es noch etwas vom neuen Output, frisch von der Release Party, die Ende Juni 2017 in Hamburg statt fand. 2013 waren die Hamburger übrigens das letzte Mal auf dem Rockharz Open Air.

 

Unzucht - live - 2017 RHMit "Der Dunkle See", "Widerstand" und "Lava" eröffnen Sänger Daniel Schulz, der Gitarrist Daniel De Clercq, Basser Alex Blaschke und Toby Fuhrmann am Schlagzeugt, die man gemeinhin unter Unzucht kennt, ihren Gig. Und, endlich ist man gewillt zu sagen, erfährt das staubtrockene Infield eine willkommene Nässung in Form eines kurzfristigen aber umso heftigeren Regenschauers, was die nun merklich angezogene Zuschauerschar entweder zu den nächsten Unterständen eilen lässt oder für einen Schutz der stolz zur Schau getragenen Kutten mittels bunter Regenkleidung sorgt. Einige Hartgesottene werfen sich auch einfach in das schlammige Nass und sorgen so für ein klitzekleines Wacken-Feeling. Beim "Kettenhund" mit wuchtigen EBM-Anleihen finde ich mich wieder auf dem Rasen wieder ein und bekomme so noch das obligatorische Crowdsurfing des Sängers mit, ehe "Der Engel Der Vernichtung" ein krachendes Gewitter in die nun wieder sonnigen Gefilde stampft.

 

Ost + Front - live - 2017 RHMit viel Pathos stolzieren die Mitglieder der Berliner NDH-Institution Ost + Front, namentlich und in dieser oder einer ähnlichen Reihenfolge Fritz Knacker (Schlagzeug), Eva Edelweiß (Tasten, Trommeln), Wilhelm Rotlauf (Bass), Otto Schmalzmann (Gitarre), Siegfreid Helm (Gitarre) zu guter Letzt Hermann Ostfront auf die Bühne und eröffnen mit "Fleisch" und danach folgt das etwas chaotisch angelegte "Fieste De Sexo". Entweder ist es mir noch nie aufgefallen oder es gelang dem Keyboarder bislang perfekt, die nachfolgende Showeinlage, nämlich die stolze Präsentation seines Genitals, zu verbergen. Sowas muss man nicht wirklich haben und erinnert mich irgendwie ein bisschen an den Klamauk von "Die Kassierer". Es reihen sich "Fleisch", "Freundschaft", "Bruderherz", "Gang Bang" und dazwischen das textlich ganz starke "Sternenkinder" ein. Mittendrin stolziert noch eine Dame im engen SM-Lederdress über die Bühne, der als Krankenschwester verkleidete Keyboarder schenkt noch Schnaps an seine Hörerschar aus und mittendrin rollt ein riesiger Ballon durch das Infield, dem man wegen der roten Tünche nicht zu nahe kommen sollte.

 

Varg - 2017 - live Die Coburger Varg veröffentlichten in 2015 die EP "Rotkäppchen" und erhielten dafür arg geteilte Meinungen. Ich fand das Konzept, textlich das Märchen der Gebrüder Grimm ins Gegenteil zu verkehren, ziemlich klasse und ausgetüfelt, zumal sich hieraus mannigfache Ideen weiterentwickeln können. Auch 2017 gab es mit "Götterdämmerung" nur den Release einer EP. Die Band um den Oberwolf Freki Seiler gehört zum Rockharz Open Air, wie der angrenzende Flughafen und die nahe Teufelsmauer. Und auch mir gefällt der melodische, eingängige Pagan Metal mit Songs wie "Wir Sind Die Wölfe", "Frei Wie Der Wind", "Nagelfar" und Schwertzeit" richtig gut und das Podest mit beidseitig aufgespießten Wolfsschädeln und den fantasievoll angemalten Protagonisten liefert einfach ein tolles Gesamtkunstwerk ab.

 

Lord of the lost - live - 2017 RHMit dem Intro zu "Empyrean", ihrem letzten Output von 2016 eröffnen die aus Hamburg stammenden Dark Rock von Lord Of The Lost ihre Stagetime und wissen umgehend allen zu gefallen. "Drag Me To Hell", "Miss Machine", "Interstellar Wars" und "Black Lolita" reihen sich ein und spätestens bei "Six Feet Underground" gibt es kein Halten mehr. Seit der Veröffentlichung von dem klassisch angelegten Album "Swan Songs", in Kürze wird die zweite Ausgabe erwartet, bin auch ich von der Stimme von Chris Harms mehr als angetan. Kraftvolle und sehr riffige, ja mehr metallische Einlagen von den angemalten Axtleuten und quietschebunt agiert der Keyboarder "Gared Dirge" am Bühnenrand und treibt alle Mädels mit Affinitäten zu schrägen Typen in höchste Verzückungen.

 

BTBlack - live - 2017 RHBeyond The Black um die ewig als Talent geltende Jennifer Haben bekommen den nächsten Slot und, alle Fans mögen mir verzeihen, auch wenn sich die neu um die Sängerin gescharrten Musiker alle erdenkliche Mühen geben, ich kann ihr den Rausschmiss ihrer ehemaligen Members, die allesamt unglaublich sympathisch rüberkamen, und BTB zu einer wirklichen Band gemacht haben, nicht verzeihen. Hinzu kommt die immer gleiche oder nur ganz leicht abgewandelte Setlist mit unter anderem "Lost In Forever", "Songs Of Love And Death", dem Motörhead -Cover "Love Me Forever" mit Jenny am Klavier, "In The Shadows" und dem Rausschmeißer "Running To The Edge". "Shine And Shade" fügt sich diesmal neu in die Playlist ein. Im VIP-Bereich quatsche ich kurz mit dem ehemaligen BTB-Drummer Tobias Derer, nun Cypecore, der kein einziges böses Wort über Jennifer nebst Management verliert und ihr alles erdenklich Gute wünscht.

 

Pain - live - 2017 RHMit Peter Tägtgren`s Pain ist nun endlich Schluss mit Dark und Gothik Rock oder weicheren Damenstimmchen, wie von Beyond The Black, und nun wieder Bangen, Moshen und harte Riffs angesagt. Nach dem Billy Idol Cover "Rebel Yell" im Intro gibt es gleich bei "End Of The Line" richtig was auf die Mütze. Es folgen "Zombie Slam", "A Wannabe" und das fette und episch vorgetragene "Call Me" bei dem der in Zwangsjacke und mit einem Sechssaiter bewaffnete Fronter die abfeiernde und wild umher bangende Schar fragt, ob sie denn noch einen Vodka wollen. Offensichtlich wurde selbiges Gesöff über Peter`s Gitarre gekippt, die kurz darauf rumzickt. Mit "Suicide Machine" ist aber alles wieder im Lot und die Industrial Metal Party kann weitergehen. Pain rules und gehen immer.

 

Mono Inc- live - 2017 RHMit Mono Inc. und Martin Engler am Mikro und an der Fahne sowie der Schlagzeugerin Katha Mia gibt es nun wieder Dark Rock aus der hanseatischen Großstadt an der Elbe. Der Vierer eröffnet mit "Together Till The End" und "The Banks Of Eden" und dann erste Flammenwerfer bei "Arabia"."This Is The Day" ist ein typischer Vertreter des hymnischen und hoch melodischen, ja häufiger in sehr seichte Gefilde abwandernden Rocks, um nicht den bösen Ausdruck Schlager zu verwenden. Die großartige Hymne “Children Of The Dark” sorgt für Party- und Tanzlaune auf dem gesamten Areal und wird von laut mitgesungenen Chören der Fans begleitet.

 

Iced Earth - live - 2017 RHIch weiß nicht was bei Iced Earth wirklich los ist, aber irgendwie funzt der Auftritt heute gar nicht oder kann mich zumindest nicht wirklich überzeugen. Zunächst maulen alle Fotografen über das katastrophale Licht, welches ausschließlich dem Fronter Jon Schaffer an der Lead-Gitarre ein paar helle Spots gönnt. Selbst Sänger Stu Block agiert so eher im Finsteren oder in hellen Nebelschwaden. Luke Appleton am Bass und Jake Dreyer an der zweiten Gitarre lassen sich nur im Dunst erahnen. Die Setlist wird von "Great Heathen Army" vom neuen Album "Incorruptible" eröffnet und später folgt noch das neue "Seven Headed Whore", alles übrige sind an sich Klassiker oder zumindest bekannte Nummern wie "Burning Times", "Pure Evil", "I Died For You" oder auch "Dystopia" aber es fehlt der Druck und das pure Metalfeeling, was die Power Metaller mit progressivem Einschlag so auszeichnet, auch wenn das Publikum die Amerikaner abfeiert und mit Pommesgabeln ehrt.

 

Heaven Shall Burn - 2017 - live RHGanz anders agieren dann die thüringischen Metalcorer Heaven Shall Burn um Shouter Marcus Bischoff, die - neben Arch Enemy - das bislang fetteste Brett dieses Festivals abliefern. Passend zu den gnadenlosen Dampfhämmern, wie etwa "The Loss Of Fury", "Bring The War Home", "Voice Of The Voiceless", "Forelorn Skies", "Endzeit", "Counterweight" oder auch "Hunters Will Be Hunted" knallt und dampft es an allen Ecken, die Lightshow dazu ist grandios und erinnert mit gewaltigen, rotorenartigen Ausbauten zum Beispiel an Shows von Rammstein und die Zahl der ankommenden Crowdsurfer geht schier in die Hunderte. Die Security kämpft an allen Fronten und über Allem breiten sich dicke Klanggewitter, urwüchsige Corestaffetten und bestialische Riffattacken aus. Die Mannen um den Sänger, der sich ganz aufrichtig ob seines Engagements bei den Verantwortlichen des Festivals bedankt und super gerne hier spielt, freut sich auf ein Wiedersehen mit den Fans bei allen nachfolgendes Festivals, die allesamt HSB in ihr Line-Up integriert haben. 

 

Belphegor - live - 2017 RHGanz dunkel und böse geht es dann mit Belphegor auf der Dark Stage weiter. Umgedrehte und in hellen Tönen angeleuchtete Kruzifixe, Ständer mit Ziegenköpfen und abgenagten Knochenreste und dazu Nebel und tiefe und grauenhafte Stimmen weisen den Weg direkt in die Hölle zu Satan. Denn Gott ist schon tot, wie Oberböswicht Helmut Lehner betont. Atmosphärisch dichte und in bevorzugt rotem und blauem Licht arrangierte Death Metal und Black Metal Nummern walken beim Ritual der vier Österreicher über die Bühne. Das ist wahrlich keine Musik zum Träumen, eher etwas für Albträume. Voller Angst mache ich mich dann auf den Heimweg und vernehmen am nächsten Tag, dass bei Mr. Hurley & Die Pulveraffen eine große Schar dem Piraten Folk beiwohnte.

 

Tag 4, 08.07.2017

Deserted Fear - live - 2017 RHWieder schaffe ich es erst um die Mittagszeit beim Festival aufzuschlagen und verpasse so mit Dawn Of Disease den Opener des letzten Festivaltages. Pünktlich um die Mittagszeit werde ich dann aber von den thüringischen Death Metallern Deserted Fear mit spritzigen Stahlhämmern putzmunter und bin erstaunt über das riesengroße Backdrop, welches allerlei Skelette beim Hinaufhieven eines Holzbootes an den steinernen Strand, passend zum Titel "Dead Shores Rising", zeigt. Der ultraschnelle Metal wird dazu mit pointiert gesteuerten Dampfkanonaden und beim fünften Song mit einer lauten Sirene, abgelöst von ultraschnellen Riffs, wirkungsvoll unterstützt. Tolle Gitarrensoli und ein Dank vom Sänger Manuel Glatter an das Publikum für so viel verkaufte T-Shirts, die die Anschaffung des Backdrops erst ermöglichten.

 

Dew Scented - live - 2017 RHMit taufrischem Duft, englisch "Dew Scented" geht es mit deutschem Thrash in die nächste Runde und Songs wie "On A Collision Course", "Turn To Ash", "Scars Of Creation", "Affect Gravity" oder "Cities Of The Dead" sprechen eine eindeutige Sprache, nämlich voll aufs Maul oder direkt in den Allerwertesten. Das hilft besser als literweise Kaffee, um die müden Geister zu erwecken. Dazu reißt Leif Jensen einen Joke nach dem anderen und merkt an, dass der letzte Auftritt im Harz bereits wieder sieben Jahre her ist.

 

Tank - live - 2017 RHZwischen 13:15 und 13:55 Uhr bevölkern dann Tank die Dark Stage vor leider eher spärlichem Publikum. Die bereits seit 1980 aktive und aus London stammende Legende des New Way Of British Heavy Metal (NWOBHM) nahm ihr Debütalbum ""Filth Hounds Of Hades" 1982 mit dem ehemaligen Motörhead Gitarristen Fast Eddie Clarke auf. Im gleichen Jahr erschien dann noch "Power Of The Hunter" und Tank ergatterten einen Vertrag bei dem heute legendären Label Music For Nations, wo sie dann mit dem dazu kommenden Gitarristen Michael "Mick" John Tucker das dritte Album "This Means War" aufnahmen. Mick ist auch heuer noch dabei und auch der bereits 1984 eingestiegene Cliff John Evans an der zweiten Gitarre. Neben diesen älteren Herren schwingt, für mich ziemlich überraschend, David Readman (Pink Cream 69, Voodoo Circle, Almanac) mit 47 Jahren fast ein Jungspund, das Mikro und haucht den alten Nummern das richtige Classic Rock Feeling ein. "Valley Of Tears" ist der Titeltrack des letzten Outputs von 2015 und besticht im Midtempo mit coolem Groove und klasse Riffs.

 

The Vintage Caravan - live - 2017 RHWir wechseln die Stage aber bleiben beim Classic Rock mit den Isländern The Vintage Caravan und erleben eines übergeilen Auftritt des Dreiers. es ist kein Geheimnis, dass ich seit "Arrival" von 2015, dem ich hier bei Crossfire-Metal.de die volle Punktzahl zugestanden habe, ein Megafan bin und seit ihrem Auftritt beim "Krach am Bach" in Beelen 2016 die Jungs mit Fotos versorge. Die Grimassen, die Sänger und Gitarrist Oskar Logi Agustsson bei jedem Auftritt schneidet, Fotokollegen sprechen hier von einem Guitarface, sind aber auch zu geil und vermitteln am besten die Ekstase, ja schiere Spiellust, die jeden Auftritt des Dreiers begleiten. Umgehend haben der Gitarrenfreak, Alexander Örn Numason am Bass und der Drummer Stefan Ari (seit 2015 dabei) die begeisterten Massen in ihrer Hand und servieren mit den zügigen "Crazy Horses", "Craving", "Midnight Meditation", dem sanfteren "Innerverse", dem großartig angelegten "Babylon" und dazu "Last Day Of Light" sowie "Expand Your Mind" einen Knaller nach dem anderen. Eine, mal wieder, umwerfende Show und kurz danach hocken die drei Musiker auf dem Infield im Gras, lassen es sich bei einem Bier gut gehen und quatschen seelenruhig mit ein paar Fans.

 

Irish Bastard - live - 2017 RHMr. Irish Bastard sind dann mit ihrem irischen Folk Rock mit punkigen Elementen nach den Riffs und Grooves von Tank und The Vintage Caravan wieder für Spass, Tanz und Party zuständig. Nummern wie "I Smell The Blood", "Last Pint" oder "That Bitch Drank My Whiskey" passen in dieser Form an sich auch besser auf eine Dorfkirmes oder die im Münsterland so beliebten Schützenfeste. Polonaise oder Ringelpietz mit Anfassen sind nun neben prinzipiellen Moshen und ebenso stoisch weiter vorgetragenen "hohoho" - Gesängen angesagt.

 

Serum 114 - live - 2017 RHSerum 114 erklimmen dann im Schein einer Bengalofackel die Rock Stage und servieren uns ihre Vorstellung von Punk Rock, Deutsch Rock, made in Germany, hier exakter Frankfurt am Main. Meine Notizen geben ansonsten nicht so viel her, was daran liegt, dass mich der Vierer mit Esche am Mikro nicht wirklich von den Socken haut, ja weiterhin bei mir ein fristloses Dasein in den so massig empor strebenden Massen des Deutschrock fristen wird.

 

Asphyx - live - 2017 RHAsphyx kommen aus Oldenzaal (Niederlande) und zocken Death Doom, eine Stilrichtung, der ich nach dem heutigen Tage besser fern bleibe. Dieser unglaublich brutale, thrashige Stoff, dargeboten von allerdings mega posenden Protagonisten mit aschblonden Haaren beim Shouter Martin van Drunen, haut bei mir alles weg, ja knallt mir so in die Magengegend, dass ich mich der Bühne, nach den drei Songs im Graben, soweit wie möglich entferne und diese neu gewonnene Freizeit dazu nutze, mir tolle Fleischspieße mit Marinade vom "Bräter" einzuverleiben. Aus sicherer Entfernung verfolge ich den Mob und die zahlreichen Kuttenträger, die ihre mehr oder weniger vorhandene Haarpracht stilecht im Kreis schleudern, inklusive dazu gehöriger Crowdsurfer und Staubwolken in diversen Pits.

 

Moonspell - live - 2017 RHMoonspell aus Portugal haben den anschließenden Slot auf der Rock Stage und für mich ist ein Wiedersehen bereits nach einer Woche, so die fünf Mannen inklusive Shouter Fernando Ribeiro bereits auf dem Castle Rock vor einer Woche gastierten. Mit "Perverse...Almost Religious", "Opium", "Awake", "Ruin & Misery", "A Poisoned Gift", "Raven Claws" und "Mephisto" reiht sich Klassiker an Klassiker an, bevorzugt vom zweiten Album "Irreligious" von 1996 veröffentlicht. Fernando mosht sein Haupthaar und vergewaltigt den Mikroständer, während Ricardo Amorim seinem Sechssaiter die feinsten Läufe entspringen lässt, der schöner Miguel Gaspar hinter seinem gewaltigen Keyboard die Tasten streichelt und der immer lächelnde Aires Pereira derweil wie ein Berserker auf die Felle eindrischt. Moonspell sind eine gewaltige Institution in Sachen Dark- und Gothic Rock / Metal und in dieser Form eine Bereicherung für jedes Festival.

 

Insomnium - live - 2017 RHDie Finnen von Insomnium präsentieren mit filigranen Gitarrenläufen und feinsten Weisen ihren letzten Longplayer mit den Tracks "Winter`s Gate Part 1" bis "Winter`s Gate Part 7" und haben dazu noch ein paar ältere Nummern auf Lager. Melodic Death Metal kann so vielfältig sein und Niilo Sevänen (Bass, Gesang), Markus Vanhala (Gitarre), Ville Friman (Gitarre) liefern uns die melodische, feine, ja den Hörer melancholisch stimmende Art, die ringsum begeistert und Jubelstürme auslöst.

 

Grave Digger - live - 2017 RHGrave Digger aus Gladbeck gibt es bereits seit 1980 und sie gelten zusammen mit Accept, Helloween oder Running Wild, um nur einige zu nennen, als Teil der deutschem Metalspitze im True Metal, Heavy Metal oder Power Metal. Am Mikro Chris Boltendahl und am Langhals Flitzefinger Axel Ritt, der wie kein Zweiter den Typus des klassischen Heavy Metal Gitarristen charakterisiert. Haare bis zum Arsch, knallenge Hosen und sich riffend und bangend durch das Set schraubend, welches heute ganz klassisch daher kommt. Am Bass Jens Becker (ex-Running Wild), am Schlagzeug Stefan Arnold und am Keyboard, wie immer als Geist / Reaper verkleidet, Marcus Kniep. Hier die Setlist: "Healed By Metal", "Lawbreaker", "Ballad Of A Hangman", "Hallelujah", "Excalibur", als Übersong vom Album "Tunes Of War" dann "Rebellion (The Clans Are Marching)" und seit einer gefühlten Ewigkeit "Heavy Metal Breakdown" als kick off. Zum Song mit dem berühmten Schwert aus der Artus-Sage gibt es von Chris noch folgenden Anheizer. "Okay, wir packen jetzt mal ein paar Klassiker raus. Der nächste ist über ein Schwert" und davor "Okay Leute, ich weiß ja heute ist der letzte Tag und ihr seid alle ziemlich platt, lasst es uns zusammen nochmal richtig anpacken".

 

Korpiklaani - live - 2017 RHAls Kontrastprogramm zum Heavy Metal aus Deutschland dann finnischer Humpa oder auch Folk Metal von Korpiklaani aus Lahti. Der Sechser mit unter anderem einer Violine und einem Akkordeon und ansonsten den klassischen Metalinstrumenten schafft es dann einen Rekord an zählbaren Crowdsurfern auszulösen, die sich bis zum Horizont erkennen lassen und zwischen den hoch gestreckten Armen ihren Weg zum Graben suchen. Die Fotocrew ist voll aus dem Häuschen und von der Grabenseite aus wird alles geknipst, was da so vorne ankommt. Auch die Spielleute haben ihren Spass, grinsen allesamt im Kreis und bei "Vodka" findet die Party ihren Höhepunkt.

 

Dark Tranquillity - live - 2017 RHSuper melodischer Riffer, gespickt mit dicken Growls und ein megasympathisch daher kommender Sänger namens Anders Friden. Das sind Dark Tranquillity aus Schweden, die neben In Flames, At The Gates und Soilwork zu den prägenden Bands der sogenannten Göteborger Schule des Melodic Death Metal gehören und heute mit durchweg tollen Songs wie "The Treason Wall" als Opener, gefolgt von "Atoma", "Monochromatic Stains", "Clearing Skies" mit supermelodischen Teilen und viel Klatschen, "The Science Of Noise" oder auch mit "Misery`s Crown" zum Schluss aufwarten. Ich sah die Schweden bereits dieses Jahr als Support von Amon Amarth in Köln und bin ob ihrer Bühnenpräsenz und der durchweg starken Songs mehr als begeistert.

 

Eluveitie - live - 2017 RHBei den Schweizern Eluveitie gab es in diesem Jahr einige personelle Wechsel mit Fabienne Erni an der Keltischen Harfe, Mandola und Gesang, Jonas Wolf an der Gitarre, Michalina Malisz an der Drehleier, Alain Ackermann am Schlagzeug und wenn man so will auch der wieder eingestiegenen Nicole Ansperger an der Violine und dem Cello. Die Spielleute haben sich jedoch alle gefunden und zelebrieren ihren Folk Metal wie eh und je, trotz teils massiver Soundprobleme, wie einem unangenehmen Knacken aus den Speakern und einem zeitweisen Totalausfall aller strombetriebener Instrumente. Vor lauter Schönheit ob der weiblichen Streicher (wie lautet das Gegenteil von Augenkrebs?) bleibt kaum Zeit zum Genuss der melodischen Folkteile, gespickt mit temporärer, deathmetallischer Double Bass oder auch Growls vom Shouter Christian "Chrigel" Glanzmann.

 

Blind Guardian - live - 2017 RHVor dem letzten Headliner des diesjährigen Festivals, versammelt sich, das ist bereits seit den letzten Jahren Usus, die riesige Rockharz-Crew auf der Bühne und empfängt unter Danksagungen und Einladungen zum silbernen Rockharz-Jubliäum in 2018 von Veranstalter Buddy, den wohlverdienten Applaus, ehe Blind Guardian die Bühne entern. Die metallische Speerspitze aus Krefeld / Meerbusch um den charismatischen Sänger Hansi Kürsch ist weiter auf Tour mit ihrer Hommage an das 1995 - Opus "Imaginations From The Other Side", ein Konzeptalbum um die Artussage. Bereits zum vierten Male gebe ich mir die Mannen auf dieser Tour und ich könnte es wohl auch noch zig weitere Male. Aufgrund der verkürzten Spielzeit verzichten die Metaller auf die noch beim Rockfels auf der Loreley gezockten Knaller "Welcome To Dying" und "Nightfall" und steigen sofort mit dem Titeltrack "Imaginations From The Other Side" ein, was den Vorteil bietet, dass die Akustiknummer "I`m Alive" und "A Past And Future Secret" in die ersten drei und damit mit den Kameras ablichtbaren Nummern fällt. Das Album endet mit "And The Story Ends" und es werden noch die Speednummer "Mirror, Mirror", die aus zehntausend Kehlen mitgesungene Ballade "The Bard`s Song - In The Forest" und zum Schluss das großartige "Valhalla" nachgelegt.

 

Feuerschwanz - live - 2017 RHIch schenke mir Alcest, die letzte Band des Tages und des Rockharz Festivals 2017 und beende meinen Aufenthalt mit spaßigem Comedy Folk oder auch nicht ganz ernst zunehmendem Mittelalter Rock von Feuerschwanz. Nach einem Intro und einer Erklärung, wie denn so die geschlechtliche Liebe bei den Bienen erfolgt, startet das Set mit, wie soll es auch anders sein, "Sex Is Muss", was auch höchst plakativ auf dargebotenen Schildern gezeigt wird. "Blöde Frage, Saufgelage", "Ketzerei" und "Metnotstand im Märchenland" folgen. Dann setzt sich alles nieder und rudert bei "Seemannsliebe" und dem Text "...Leinen los, ahoi..." los. Bei "Zuckerbrot und Peitsche" wird eine Schönheit stilecht gefesselt und darf sich dann vom Hauptmann Feuerschwanz verwöhnen lassen. Gleicher Akteur tritt nochmals als eine Art Astronaut mit einem Umhang mit Leuchten / Strahlern auf.

 

Müde, kaputt aber mit einem Lächeln auf den Lippen wieder mal ein fantastisches Rockharz erlebt, genossen und zigfach fotografisch festgehalten zu haben, mache ich mich auf den Heimweg. Trotz inzwischen zahlreich besuchter Fesivals, die Einzigartigkeit dieses Festivals im Harz bleibt bestehen. Nirgendwo kann man mehr Bands sehen, genießen und das in wirklich familiärer, lockerer Atmosphäre. Als Liebhaber klassischen Rocksounds und hymnischer Melodien waren Bloodbound, Civil War, Tank und The Vintage Caravan meine Favoriten. Noch nie habe ich Dirkschneider mit einer solch fulminanten Pyroshow gesehen und über das Treffen mit Bill Hudson und Andrey Smirnov von Dirkschneider / U.D.O. werde ich mich noch lange freuen. Arch Enemy war der erwartete Knaller und auch Heaven Shall Burn haben mich mit ihrer Show richtig weggeschossen. Bleibt mir nur abschließend zu sagen: "Rockharz - Vielen Dank für diese tolle Tage und bis zum nächsten Jahr".



Autor: Andreas Gey - Pics: Andreas Gey