DESDEMONIA - Diese Geschichte ist nicht gerade Metal...


Zu den Metal-Exoten gehört auch eines unserer unmittelbaren Nachbarländer, nämlich Luxemburg. Mit der Melodic Death Metal-Band Desdemonia exisiteirt dort schon seit vielen Jahren eine hochmotivierte Band, die bislang alles in Eigenregie erledigt hat und somit nicht so viel Aufmerksamkeit bekommen hat, wie sie verdient hätte. Nach sieben Jahren steht nun bald endlich wieder ein neues Album in den Startlöchern. Grund genug also, Bassist und Sänger Tom Dosser über seine Band und die nahezu unbekannte Metal-Szene in seinem Land zu Wort kommen zu lassen. Witzigerweise dachte ich immer, dass man in Luxemburg Französisch spricht und musste nur meine eigenen, in Englisch verfassten Fragen wieder zurück übersetzen, haha!

logoDaniel: Hi Tom! Erzähl uns doch zunächst etwas über die Anfänge von Desdemonia! Wann und wie kam der Stein ins Rollen? Und hattet Ihr zuvor schon in anderen Bands gespielt? 

Tom: Desdemonia wurde 1994 von meinem Bruder Marc (Gitarre) und unserem Schlagzeuger Tom gegründet, die sich auf dem Gymnasium kennenlernten. Sie wurden aufeinander aufmerksam, weil sie fast die einzigen waren, die Metal-Shirts trugen. Als unserer damaliger zweiter Gitarrist und Sänger Stefano und ich dazukamen, wurde klar, dass wir als Band gut funktionieren würden, weil wir alle unsere musikalischen Vorlieben mit einbinden konnten. Eigentlich spielte niemand der aktuellen Mitglieder in einer anderen Band. Wir haben uns immer voll auf Desdemonia konzentriert. Der allererste Live-Auftritt fand 1996 im wohlbekannten “Den Atelier” in Luxemburg-Stadt statt. Anschließend waren wir über Jahre durch die Nachbarländer unterwegs. Das erste Album „Same” erschien im Jahr 1998. Nachdem der Sänger kurz darauf ausstieg, übernahm ich den Gesang. Obwohl einige personelle Wechsel an der zweiten Gitarre waren, besteht die Band heute, nach fast 23 Jahren, immer noch aus Marc, Tom und Tom, aber auch David, der uns seit 2013 mit seinen Gitarrenriffs beglückt! Wir waren damals mehr oder weniger die Mitbegründer der luxemburgischen Metal-Szene. Viele waren damals überrascht, dass man auch mit zwei Bassdrums spielen kann! Diese Ära war übrigens der Startschuss für die Metal-Szene in Luxemburg; wir als auch einige andere Bands wie Pagan Lorn, Dreams Of Nabid, Black Candle haben diese also quasi mitgegründet.

Daniel: Ich finde Euren Bandnamen ziemlich cool. Wie seid Ihr auf ihn gekommen? Stammt er von einem Film oder Buch? Oder klang er für Euch einfach nur gut?

Tom: Hehe, danke! Cool sollte der Name natürlich klingen, aber er ist weder von einem Film noch von einem Buch inspiriert, sondern von etwas, womit wahrscheinlich keiner wirklich rechnen würde… nämlich von einer Schriftart im damaligen MS Word, die sich „Desdemona” nannte (und natürlich auch eine Figur bei Shakespeare ist). Das Wort fanden wir halt geil und dachten uns, dass es noch geiler klingen würde, wenn man da noch ein “i” mit einbaut… ;-) Diese Geschichte ist nicht gerade Metal, aber der Name klingt nach Metal! :-)

Daniel: Bitte gib uns einen kurzen Überblick über Eure Veröffentlichungen! 

Tom: Kurz nachdem wir unsere ersten neun Songs fertig hatten, nahmen wir ein erstes Demo, „Infinity’s Regard”, auf, welches 1997 als Tape herauskam. Dieses Tape half uns, in Zeiten, wo noch kein Internet existierte, Kontakte in ganz Europa zu knüpfen. Kurz danach, im Jahr 1998, wurde „Same”, unser erstes reguläres Album, aufgenommen - auf dem die Hälfte der Songs von unserem ersten Demo stammten. 2001 folgte dann „Paralyzed” und 2010 nahmen wir im Band-eigenen Studio „Existence” auf. Desweitern waren wir über die Jahre auf mehreren Samplern vertreten, wie zum Beispiel in der Legacy oder im Terrorizer aus dem UK. Gerade eben wurde unser neues Album von keinem geringeren als Fredrik Nordström (At the Gates, In Flames, Arch Enemy, Dimmu Borgir, Architects u. a.) gemixt und gemastered. Dieses wird in näherer Zukunft erscheinen. Wir sind aber noch in Verhandlungen mit verschiedenen Plattenfirmen.

Daniel: Welche Bands zählen zu Euren Haupteinflüssen?

Tom: Es ist schwer, da irgendwelche Bands hervorzuheben, weil man doch im Endeffekt von allem beeinflusst wird, was einem irgendwie gefällt; alles, was man sich anhört, findet irgendwie seinen Weg ins eigene Songwriting, gewollt oder ungewollt. Bewusst eifern wir allerdings nie einer anderen Band nach, sondern versuchen unserem eigenen Stil treu zu bleiben, was uns bis jetzt – denke ich – auch gut gelungen ist. Unsere Zuhörer, die sicher objektiver sein können, als wir selber, haben allerdings schon mehrmals gemeint, Bands wie Bolt Thrower, Dissection, Cryptopsy, Samael oder Amon Amarth aber auch Thrash-Elemente à la Metallica in unserer Musik herausgehört zu haben.

desdemoniaDaniel: Worum geht es in Euren Texten? Und steckt vielleicht eine Art Kernaussage dahinter?  

Tom: Songtexte, die über Fabelwesen, Religion sowie über Horrorgeschichten handeln, wirst du bei uns nur selten hören. Unsere Lyrics beziehen sich oft auf das Leben ganz allgemein. Sie stellen den Spiegel dessen dar, was in dem jeweiligen Moment, in dem sie geschrieben werden, für uns wichtig und von Bedeutung ist. Sie sind oft durch persönliche Erfahrungen geprägt, beinhalten aber auch allgemeine Auseinandersetzungen mit der menschlichen Natur. Es ist auch so, dass jeder in der Band Texte einbringen kann.

Daniel: Alle Eure bisherigen Alben sind in Eigenregie erschienen. War das nicht sauteuer? Und gab es keine Plattenfirmen, die an einer Veröffentlichung interessiert gewesen wären?  

Tom: Da wir in Luxemburg keine Labels oder Booker hatten, sahen wir als einzige Möglichkeit, die Alben in Eigenregie heraus zu bringen. Für das Recording sind wir für die ersten beiden Alben nach Deutschland gefahren, weil es in Luxemburg schwierig war, Studios zu finden, die sich mit unserer Musik auskannten. Für unser drittes Album „Existence" haben wir dann ein eigenes Studio aufgebaut und die Produktion von den Aufnahmen bis zum Mastering selbst übernommen. Wir machten einfach aus der Not eine Tugend; wir kümmerten uns immer um vieles selbst, so dass wir bis heute über jeden Schritt der Musikproduktion bestimmen konnten. Dadurch können wir natürlich auch voll und ganz hinter unserer Musik stehen. Unsere Alben konnte man nichtsdestotrotz immer in vielen Underground Mailorders rund um den Globus finden. Bei unserem bevorstehenden Album haben wir uns dann trotzdem mit Fredrik Nordström professionelle Unterstützung dazu geholt und hoffen auch auf die Unterstützung einer Plattenfirma.

Daniel: Sieben lange Jahre sind seit dem letzten Album vergangen. Warum? Was war da bei Euch los? Und war die Band in all den Jahren überhaupt noch aktiv? 

Tom: Wir waren während dieser Zeit immer aktiv und sind viel live aufgetreten. Wir sehen uns als Live-Band und so waren Auftritte für uns immer wichtig. Dann haben wir 2012 auch unser 15-jähriges Bühnenjubiläum gefeiert, das wir mit vielen Luxemburger Bands anlässlich eines großen Gigs vor mehr als 500 Leuten feierten. Anschließend hörte unser damaliger Gitarrist Oli aus persönlichen Gründen auf und wir mussten uns als Band neu finden, so dass das Songwriting liegen blieb. Zum Glück fanden wir in David den perfekten Gitarristen für uns, der frische Motivation in die Band mitbrachte. Zusammen haben wir dann das Songwriting wieder aufgenommen und uns Zeit gelassen, um ausgereifte Lieder auf unserem nächsten Album präsentieren zu können.

Daniel: Spielt Ihr auch live? Und werden wir bald vielleicht die Gelegenheit bekommen, Desdemonia auf deutschen Bühnen zu erleben?  

Tom: Wie schon angeklungen, lieben wir es, live zu spielen. Wir haben über die Jahre viel in Belgien und Holland, aber auch in Frankreich gespielt. Öfters haben wir auch in Deutschland gespielt (Trier, Berlin u. a.). Vieleicht hilft uns unser neuer Longplayer als auch dieses Interview, öfters nach Deutschland zu kommen und alle Regionen abzugrasen. Auf jeden Fall wurden wir immer sehr gut in Deutschland empfangen und durch das Publikum konnten wie sehr Energie-geladene Shows spielen.

Daniel: Habt Ihr den bei Euch in Luxemburg schon mal im Vorprogramm von bekannteren Bands gespielt?

Tom: Über die Jahre waren wir Support-Act bei so einigen Bands. So haben wir zum Beispiel mit Apocalyptica, Soilwork, Heaven Shall Burn, In Extremo, Dismember, Gorefest, Hail of Bullets, Sinister, Mayhem, Krisiun, oder Dying Fetus gespielt.

Daniel: Ihr seid aus Luxemburg. Die einzige Metal-Band, die ich aus Eurem Land kenne, sind Black Candle, eine Black Metal-Band. Wie sieht die Szene in Eurem Land aus? Unterstützen sie sich gegenseitig? Und welche Bands aus Eurem Land kannst Du uns noch empfehlen?   

Tom: Black Candle stammen aus der gleichen Zeit wie wir. Wie schon vorhin erwähnt, war die Metal-Szene damals sehr klein in unserem Ländchen. Dies hat sich über die letzten zwanzig Jahre massiv geändert. In jeder Metal-Sparte kann man heute Gruppen finden, die auf einem hohen spielerischen Level unterwegs sind. Es ist eine kleine aber feine Szene, in der sich fast jeder kennt. So werden untereinander auch regelmäßig Konzerte organisiert, die in der Regel gut besucht sind. Diese Szene ist also sehr lebendig. Vieleicht könntet ihr mal ein Special darüber machen! ;-) Ich mag sehr viele unserer lokalen Bands besonders gerne, da jede auf ihre Art etwas ganz Besonderes macht. Es wären aber zu viele, um hier aufzuzählen. Einen Überblick kannst du dir aber auf https://www.metal-archives.com/lists/LU verschaffen. Unbedingt durchforsten und reinhören!

desdemoniaDaniel: Wie sehen Eure Zukunftspläne mit Desdemonia aus?

Tom: Im Moment sind wir gerade dabei, unser neues Album auf die Schienen zu bringen, das wir zwischen April und Juni 2017 produziert haben. Einige Labels haben schon Interesse angemeldet. Wie bereits erwähnt, haben wir mit dem legendären Produzenten Fredrik Nordström in den Fredmann Studios zusammengearbeitet, der für den Mix und das Mastering zuständig war. Er hat unseren Songs in Göteborg einen Hammersound verliehen. Wir hoffen, dass dieses Album uns ein paar Schritte nach vorne bringen wird und dass wir hauptsächlich noch größere Konzerte spielen können.

Daniel: Okay, Tom! Dann gehört Dir noch das Schlusswort!

Es freut mich sehr, dass ich mich mit dir über uns und unsere Pläne unterhalten konnte. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir in naher Zukunft auf einem unserer Konzerte in Deutschland mit einem Bier anstoßen könnten! Keep on rockin'!

http://www.desdemonia.net/

https://www.facebook.com/desdemoniaband



Autor: Daniel Müller