SLOWCOACHES

Köln, Blue Shell, 09.11.2017

Manchmal sind es diese Zufallssituationen, die einen neue Bands kennenlernen lassen. Beim Stöbern nach guten Gigs habe ich diese Truppe entdeckt, eine Blitzanfrage für die Akkreditierung gestellt, und schon geht es los ins Blue Shell. Leider ist es Donnerstag, und es fehlt an diesem trüben November-Abend anscheinend an Motivation, dem altehrwürdigen Club einen Besuch abzustatten. So bleibt die Anzahl der Zuschauer sehr übersichtlich, und vielleicht auch, weil es keine regionale Support-Band gibt, die ja oft noch den einen oder anderen von der Couch lockt.

Slowcoaches - vocals - live - 2017Die Anfangszeit verlegt man etwa zwanzig Minuten nach hinten, und jetzt kommt das Trio auf die Bühne. Zwei Männer eine Frau, mehr in der Optik von High School-Kids, keinesfalls aber im Punk-Outfit. Ja, und dann legen sie auch schon los. Holla, das geht aber direkt ins Hirn. Spielen hier die Buzzcocks oder gar die Babes In Toyland? Weit gefehlt: Es sind die Slowcoaches um Sängerin Heather Perkins, die gleichzeitig den Bass bedient. Und obwohl die drei Musiker allesamt recht sparsam in der Bewegung sind, kommt geballte Energie von der Bühne. Heathers Gesangsstil erinnert an gute alte Zeiten, als der Punk noch nicht total kommerzialisiert war. Mal etwas lauter, mal etwas rauher, aber immer kontrolliert, ohne große Gefühlsausbrüche zu zeigen. Das hat schon etwas Hypnotisches, ja fast die Magie einer frühen Patti Smith. Und ich schaue immer wieder verwundert auf die Sängerin und ihre zwei Mitmusiker. Ein langhaariges, blondes Mädel, das ich eher mal in die Singer-Songwriter Ecke sortiert hätte, der Jungspund an der Gitarre und ein Lockenkopf am Schlagzeug. Sie ist weder eine Punkette, noch sind die beiden Jungs Genretypisch gestylt; am ehesten noch der Gitarrist, was wohl an dem Melvins-Shirt liegen mag. Dafür dreschen sie dem Publikum die Songs ihres ersten Albums um die Ohren, ohne große Ansagen oder Reden zu schwingen. Ein knappes „Thank You“, und weiter geht es. Nach gut 45 Minuten ist man dann leider mit dem Programm durch und verlässt die Bühne Richtung Backstage. Die Mimik der drei Engländer lässt aber die Freude über die begeisterten Publikumsreaktionen erahnen. Jetzt kommen Sängerin und Drummer zum Merch, und wir reden ein paar Takte. Hamburg, Köln, Berlin, München, Regensburg und Mainz sind die Tour-Stationen, also eine Menge Kilometer und nur ein Off Day, kosten natürlich Energie. Daher gab es wohl heute die leicht gebremste Bühnenpräsenz. Beim nächsten Mal möchte ich dann ein wenig mehr Aktion sehen; ansonsten alles top!

Setlist: We’re So Heavy, Surface Observations, Raw Dealings, Ex Head, Levity, Thinkers, Complex, Living Out, Found Down, 54, Skulls, Norms And Values



Autor: Pistol Schmidt - Pics: Pistol Schmidt