So, heute geht es zum letzten Konzert vor den Weihnachtstagen ins niederländische Örtchen Weert. Die dortige Location De Bosuil hat sich zu einer meiner Favoriten gemausert, guter Sound, tolles Licht und eine entspannte Atmosphäre lassen dort fast jede Show zum Genuss werden. Dazu kostenfreie Parkplätze direkt vor der Tür, was will man mehr? Da ich noch ein Interview mit Elina Siirala (ANGEL NATION) auf dem Plan habe, bin ich überpünktlich vor Ort. Dies unter anderem auch, weil die Autobahn absolut frei war, es sind nur lächerliche 27 km Stau im Bereich NRW gemeldet. So suche ich mir eine offene Tür, und schaue mir schon einmal den Soundcheck an. Ein netter Plausch mit Justine Daaé von Elyose, die derweil den Merchstand bestückt, und ihrem Tour Manager verkürzen auf angenehme Weise die Wartezeit. Irgendwann entführt mich Elina in den Backstage Bereich, und wir halten das vereinbarte Interview ab.  Auch hier registriere ich die freundliche und entspannte Atmosphäre innerhalb der Bandmitglieder und den anderen Teilnehmern der Tour.

Den Job des Openers haben heute Elyose aus Frankreich. Ghislain Henry und Justine Daaé gründeten die Band bereits 2009 in Paris, und bis heute veröffentlichen sie drei Alben. Ehrlicherweise muß ich sagen, dass ich Elyose bereits vor einiger Zeit als Support für Birthday Massacre gesehen habe und nicht wirklich begeistert war. Heute aber rocken sie hoch motiviert von der ersten Sekunde an. Die Musiker spielen voller Elan und Sängerin Justine geht richtig ab. Immer wieder schüttelt sie ihre Mähne, steht keine Sekunde still und bietet eine klasse Performance trotz ihrer mörderischen Stilettos. Hier zeigt sich eindeutig, wie wichtig ein guter Sound für das Konzerterlebnis ist. Kein Vergleich zu dem Auftritt, den ich zuletzt erlebt habe. Die Band macht richtig Spaß, und das anwesende Publikum hat denselben. Etliche Fans in Elyose Shirts feiern ihre Heroes und so ist rundum gute Stimmung im Saal. Nun ist die Zeit für eine Supportband recht begrenzt und der Auftritt ist leider viel zu schnell vorbei. Äußerst positiv auch der Umgang mit den Fans. So steht die sehr sympathische Front Lady Justine fast nonstop am Merchstand fürs Signieren, einen Small Talk oder Fotos mit den Besuchern zur Verfügung.

Setlist: Fragrances / Femme De Verre, Plus Qu'humain, L'animal-aimé, Un Autre Eté, Rédemption, Mes 100 Ciels, Mon Charme, De Guerre Lasse

Ein kurzer Umbau hauptsächlich am Schlagzeug, und weiter geht es mit Angel Nation, der Band weswegen ich eigentlich gekommen bin. Um es direkt vorweg zu nehmen, der mögliche Vorwurf ein bloßer Abklatsch von LEAVES` EYES zu sein, dort singt Elina Siirala nach dem Weggang von Liv Kristine nämlich auch, wird sofort hinfällig, weil Angel Nation bereits lange vor dem Wechsel existierten. Und wer sich die Mühe gemacht hat, mal in die Alben reinzuhören wird auch hier deutliche Unterschiede feststellen. Auf den Einsatz von Growls verzichtet man weitestgehend, das Songmaterial ist eher im Bereich Melodic Metal angesiedelt. Was mich aber hier und jetzt sofort fasziniert, ist Elinas unglaublich klare Sopranstimme, die den Stücken ihren Stempel aufdrückt. Eingängige Melodien, ein nach vorne treibender Rhythmus und wunderschöne Passagen. Überhaupt ist die Truppe perfekt eingespielt und man merkt mit welchem Enthusiasmus sie hier eine gute Show abliefern möchten und das auch tun. Ein Drummer, dem der Schalk im Nacken sitzt, das vorantreibende Gitarren Duo und als Sahnetüpfelchen die hervorragende Bassistin aus Sardinien. Heute ist die Abschluss Show der Tour und wie das bei einem gut harmonierenden Tour Paket üblich ist, lässt man sich seitens der anderen Bands jeweils irgendwelche Gaga Aktionen einfallen. So steht urplötzlich Gitarrist Goof von Phantom Elite auf der Bühne, und stopft Bananen in die Münder der scheinbar überraschten Gitarristen. Und auch Drummer Lucas darf mal abbeißen. Während dessen bearbeitet Drummer Eelco Van Der Meer von Phantom Elite das Schlagzeug von Lucas mit. Ja selbst Gitarrist Sonny liegt auf einmal rücklings auf der Bühne und spielt munter weiter. Ein herrliches Durcheinander auf der Bühne: Man spürt, hier sind Kumpels am Werk die Spaß am Musizieren haben. Kein 08/15 Schema das runtergenudelt wird, sondern pure Freude am Rock ’N’ Roll. Schade, diese Engel hätte ich mir gerne noch länger angesehen.

Setlist: Intro, Burn The Witch, Blood Is On Our Hands, Breathe Again, Tears Of Lust, Do It Anyway, Last Time, Wonder Who You Are, Enough Is Enough

Während ich mir ein kühles Blondes genehmige, wird munter umgebaut und alsbald erscheint der heutige Headliner Phantom Elite auf der Bühne. Da die Band in den Niederlanden beheimatet ist, haben sie hier natürlich ein Heimspiel. Auch wenn Sängerin Marina La Torraca brasilianischer Herkunft ist. Zu ihrer großen Freude sind ihre Eltern heute im Publikum anwesend, und verfolgen Stolz wie Oskar die Darbietung des Töchterleins. Bemerkenswert ist schon die Tatsache, daß Phantom Elite erst seit September live agieren. Natürlich sind sie keine unbeschriebenen Blätter, Sängerin Marina war schon bei Avantasia und Exit Eden aktiv. Der große Kopf im Hintergrund ist aber kein geringerer als Sander Gommans, ex-After Forever, Trillium, der zusammen mit Marina den Großteil der Songs komponiert. Wobei ich sagen muß, dass auch hier hervorragende Musiker am Werk sind aber die Songs nicht so viel Eigenständigkeit besitzen, wie eben noch bei Angel Nation. Das Publikum wird jedenfalls exzellent bedient, und auch hier sind wieder viele Fans mit Bandmerchandise in den Reihen zu sehen. Ein größtenteils textsicheres Publikum singt die Songs mit, und es gibt reichlich Applaus. Natürlich darf auch hier eine spaßige Einlage der anderen Musiker nicht fehlen und so flitzt Drummer Lucas über die Bühne und versucht die anderen etwas aus dem Konzept zu bringen, während Saitenhexer Sonny mit dem Besen schon mal die Bühne kehrt. Irgendwie hat heute jeder Spaß, ob auf der Bühne oder davor. Zum großen Finale ruft Marina nun alle Teilnehmer auf die Bühne, Sektkorken knallen und eine absolut ausgelassene Stimmung macht sich breit. Es wird geknuddelt, geküßt und Fotos in Serie geschossen. Ein Abend der sich gelohnt hat, und die Anfahrt von 120 Kilometern mehr als rechtfertigt.

Setlist: Intro/Above The Crowd, HDK Revelation, Spectrum Of Fear, Another Day, Every Man, Lockdown, Wasteland, Serenades, With The Gods, Rise With The Dawn, Siren’s Call