PRIPJAT - Am Ende ist alles Lautmalerei


Dass man auf viele Interviews warten muss (und leider auch nicht immer alle beantwortet zurückbekommt), ist eine Tatsache, an die ich mich mittlerweile gewöhnt habe. Das Interview mit Pripjat nimmt jedoch hier eine Sonderstellung ein, denn es ist einfach über Wochen hinweg einfach im Wust der Mails untergegangen. Einige Dinge hatten sich in der Zwischenzeit auch von selbst beantwortet, zum Beispiel die Frage nach Live-Aktivitäten (Pripjat hatten bei uns in Kamen gespielt, und Eugen und ich trafen uns dann auch, daher seine dementsprechende Antwort… ). Aber egal, was soll spätere Zensur, Schieberei und Zurechtrücken von Tatsachen? Es wurde so belassen, wie es ist und liest sich auch gut. Gitarrist Eugen Lyubavskyy stellte sich ausführlich dem Federkrieg.

logoDaniel: Hi Eugen! Na, alles klar? Bitte erzähl uns doch zunächst, wann und wie es zur Gründung von Pripjat kam!

Eugen: Das war eine recht klassische Story. Kirill hat mich in einem Metal-Club betrunken vollgequatscht, ob wir nicht eine Thrash-Band gründen wollen. Ich kannte ihn damals nicht so gut und konnte nicht einschätzen, wie viel Ernst und wie viel Alk da aus ihm sprach. Aber zum Glück meldete er sich direkt am nächsten Tag, und die Woche darauf kam ich in den Bunker (Tatsache) in Brühl vorbei, wo Kirill und Bobo ihren Proberaum hatten. Wir jammten das „Liquidators“-Hauptriff und schrieben den Song quasi bei der ersten Probe fertig. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte.

Daniel: Hattet Ihr zuvor schon in anderen Bands gespielt?

Eugen: Kirill und Bobo machen zusammen Musik, seit sie zwölf sind. Und aktuell spielen sie, sowie unser „neuer“ Basser Pablo, bei der Death Metal-Band Ayahuasca. Diese Band ist das Produkt von Kirills und Bobos musikalischem Werdegang. Sie hat im Laufe der Jahre immer wieder mal die musikalische Ausrichtung und den Namen geändert, die Keimzelle wurde jedoch vor Ewigkeiten gelegt. Ich selbst habe vorher lediglich in der Schulband Keep The Change gespielt. Wir hatten jedoch nur einen Gig, danach war die Schule zu Ende, und jeden verschlug es woanders hin. Das war aber auch so geplant. Pablo hat in Chile in einigen Bands gespielt, darunter Poema Arcanus. Danach kam er nach Deutschland, um Musik zu machen und hat Kirill in einem Park angequatscht. So kam er dann zu uns.

Daniel: Ihr seid zwei Ukrainer, ein Chilene und nur ein Deutscher in der Band. Habt Ihr Euch überhaupt alle in Köln kennengelernt? Und wie kam das zustande?

Eugen: Das dürfte ich schon beantwortet haben. Kirill und ich kommen zwar aus der gleichen Stadt (Kiew), haben uns aber in Köln kennengelernt. Pablo ist erst vor einem Jahr in die Band gekommen, nachdem unser Gründungsmitglied Michi ausgestiegen war, was übrigens eine sehr einvernehmliche Trennung war. Wir sind nach wie vor befreundet.  

Daniel: Was bedeutet Euer Bandname eigentlich? Und worin besteht der Unterschied zwischen den beiden Schreibweisen Pripjat und Prypjat, die mir beide schon einmal untergekommen sind?

Eugen: Was der Name bedeutet, dürfte selbsterklärend sein. Sonst fragt einfach mal Wikipedia. ;) Die Schreibweise haben wir uns ausgesucht, weil sie uns einfach am besten gefiel. Ist ja am Ende alles Lautmalerei, und als gebürtige Ukrainer haben wir uns einfach diese Freiheit genommen. Außerdem heißt so keine andere Band. Das war ein praktischer Nebeneffekt.

Daniel: Welche Bands haben Euch beeinflusst?

Eugen: Sehr viele, die aus sehr unterschiedlichen Richtungen kommen. Das Meiste wird man bei Pripjat nicht heraushören. Thrash ist nur ein kleiner Teil von dem, was wir alle hören. Entsprechend schwierig ist es hier zu antworten. Klar – Slayer, Kreator, Megadeth, Destruction, Artillery… Das sind alles Bands, die wir gut finden. Was davon am Ende ausschlaggebend ist, kann ich nicht sagen. Manche Pripjat-Passagen sind Kirill eingefallen, nachdem er Opeth gehört hat. Also – immer schön den Horizont offenlassen.

pripjatDaniel: Worum geht es in Euren Texten? Und steckt eine bestimmte Kernaussage dahinter, die Ihr vermitteln wollt?

Eugen: Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass wir nur über die Tschernobyl-Thematik schreiben. Dem ist nicht so. Auf dem Debüt beschäftigten sich nur drei Songs damit, auf dem kommenden „Chain Reaction“ ist es nur einer. Da ich fast alle unsere Texte schreibe, lasse ich mir dafür auch genügend Freiraum. Mir sind Texte bei Musik unglaublich wichtig, außer es geht um Porngrind oder so ;). Daher gebe ich mir sehr viel Mühe mit ihnen. Und als vielseitig interessierter Mensch gibt es auch viele Themen, die ich anschneide: Vergewaltigung, Fanatismus, Fundamentalismus, Extremismus, Kapitalismus, Kommunismus und so weiter. Leider mangelt es nicht an Missständen. Und Thrash Metal hat diese schöne Tradition, den Finger in die gesellschaftlichen Wunden zu legen. Das kommt mir sehr entgegen. Auf dem Debüt gab es noch ein paar Songs, die textlich eher seicht waren. Das hat sich nun verändert – auf dem Zweitling gibt es ganz schön harten Tobak.

Daniel: Euer Logo sieht geil aus! Wer hat es entworfen?

Eugen: Vielen Dank! Wir lieben es auch. Leute, die Flyer erstellen müssen, hassen es, haha; ist halt sperrig mit dem Turm. Den gibt es übrigens nicht mehr. Nun ist ja der Sarkophag über den Reaktor gezogen worden; übrigens das größte bewegliche Gebäude der Menschengeschichte. Sie konnten das Ding nicht direkt über dem Reaktor bauen, also errichteten sie die Hülle einige Hundertmeter weiter und fuhren es dann über Schienen an seinen Platz. Sehr spannend! Entworfen hat das Logo der gute Ixi von 1001 Nightmares, der auch das Artwork für „Sons Of Tschernobyl“ gemacht hat.

Daniel: Euer bislang einziges Album heißt „Sons Of Tschernobyl“. Du bist Ukrainer, genauso wie Euer Gitarrist und Sänger Kirill Gromada. Seid Ihr noch in der Ukraine geboren bzw. aufgewachsen? Seid Ihr mal in Tschernobyl gewesen? Und welchen Bezug habt Ihr zu dieser Stadt?

Eugen: Das zweite Album kommt ja Ende April. Aber ja – Kirill und ich kommen beide aus Kiew und sind später nach Deutschland ausgewandert. Die AfD- und CSU-Arschlöcher werden uns also vermutlich nicht so geil finden. Ich selbst wurde nur einen Monat nach der Explosion 1986 geboren, Kirill ist etwas jünger. Dennoch ist das damalige Unglück allgegenwärtig in der Ukraine, auch wenn die Regierung das gerne anders hätte. In Tschernobyl selbst waren wir noch nie. Ich weiß auch nicht, ob ich das heute noch möchte mit den ganzen Touristen. Aber ich schließe es auch nicht aus.

pripjatDaniel: Wie seid Ihr an die Plattenfirma Bret Hard Records gekommen, die Euer Album veröffentlicht haben?

Eugen: Puh – das ist ja schon vier Jahre her, und heute sind wir nicht auf dem Label. Unser neues heißt NoiseArt und bringt nun „Chain Reaction“ heraus. Damals ist Bret Hard auf uns zugekommen, nachdem sie uns live gesehen hatten. Es war eine gute Kooperation, genau das Richtige für ein Debüt. Nun ziehen wir weiter und sind Thorsten & Co. sehr dankbar für seine coole Art und die Starthilfe, die er uns mit der Veröffentlichung gegeben hat.

Daniel: Spielt Ihr eigentlich auch live? Und wenn ja: Wann und wo kann man Euch demnächst mal auf der Bühne sehen?

Eugen: Das fragst du uns nicht ernsthaft, oder? Haha! Wir spielen so viel wir können und sind in der Hinsicht auch ziemlich fleißig. Einfach mal einen Blick auf Facebook werfen. Dort findet man die nötigen Infos. 

Daniel: Euer Album hat schon drei Jahre auf dem Buckel. Wann steht bei Euch mal wieder ein neuer Tonträger an? Und wie sehen Eure Zukunftspläne generell so aus?

Eugen: Na ja, jetzt sind es ja schon fast vier Jahre. Aktuell sind wir an der Promo für unser zweites Album „Chain Reaction“ dran. Das läuft hervorragend, und wir sind sehr gespannt, was da noch kommt. Die Zeichen stehen auf Sturm, und wir werden auch nicht locker lassen. Diese Band ist die Arbeit, die wir reinstecken, mehr als würdig, und wir hoffen, noch viele Alben rausbringen zu können. Und natürlich mit unserer Musik die Welt zu bereisen!

Daniel: Na gut, Eugen! Dir gehört das Schlusswort!

Eugen: Vielen Dank für das Interesse! Vielen Dank an alle, die uns in irgendeiner Form unterstützt haben! This Chain Is Linked!

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Autor: Daniel Müller