NEBELHORN - Es ist in mehrerer Hinsicht ein „hartes" Album geworden


Viele Bands kennt man schon ewig vom Namen, weiß auch, wo man sie musikalisch hinstecken soll und will sich schon lange mit ihnen befassen. Aber wenn man zu viel um die Ohren hat, vergisst man einige dieser Bands einfach. So war es in meinem Fall auch bei Nebelhorn. Dass das neue Werk „Urgewalt“ ganze elf Jahre auf sich warten ließ, spielte mir dabei ebenfalls in die Karten. Nun ist das neue Album endlich da, und Einzelkämpfer Wieland, der mit bürgerlichem Namen eigentlich Gordon Schuricht heißt, stellte sich geduldig und ausführlich meinen Fragen.

logo Daniel: Hallo Wieland! Bitte erzähl uns doch zunächst, wie es zur Gründung von Nebelhorn kam!

Wieland: Grüß Dich Daniel! :) Die „Gründung“ hat aus meiner Sicht keinen Stichtag. Es begann als namenlose Idee aus meinem Enthusiasmus für die Wikingerkultur und Sagenwelt, ebenso wie für Metal. So formte es sich mehr und mehr um 2000 herum… Soweit ich mich noch erinnern kann, habe ich 2002 zum ersten Mal das Logo so gezeichnet, wie es bis heute ist. Musik-, Text- und Klangideen konkretisierten/verdichteten sich in der Zeitspanne. Zusammen mit Thorsten und Frank haben meine damalige Frau und ich einen Proberaum angemietet, und dort haben wir dann bis zur Aufnahme der Mini CD „Utgard“ 2004 geprobt.

Daniel: Hattest Du zuvor schon in anderen Bands gespielt?

Wieland: In Schülergruppen und namenlosen Combos mit Freunden. Hat bis auf die Live-Erfahrung viel Freude gemacht! :)

Daniel: Welche Bands haben Dich beeinflusst? Und haben sich diese Einflüsse in all den Jahren geändert? 

Wieland: Ich denke, jede Musikrichtung hat mich in bestimmter Hinsicht beeinflusst, wenn du direkt Bandnamen hören möchtest, fallen mir spontan alte Thyrfing, Einherjer und Enslaved ein. Ich wurde von Kind an mit Deep Purple, Black Sabbath, Uriah Heep und vielem mehr beschallt; Filmmusik ebenso. Sicher haben sich die Einflüsse auch aus der mittelalterlichen Welt auf mich ausgewirkt. Heute habe ich eine sehr große Bandbreite von Genres, die ich sehr gerne und oft höre. Alle haben ihre eigenen Reize für mich.

Daniel: In Deinen Texten geht es um die Nordische Mythologie und Wikingertum. Woher nimmst Du Deine Inspiration? Gibt es bestimmte Bücher oder Filme, auf die Du Dich beziehst?

Wieland: Die Edda sowie diverse Geschichts- und Sachbücher mit archäologischem Hintergrund haben mich schon immer fasziniert. Dies macht aus meiner Sicht den „faktischen Teil“ der Texte von Nebelhorn aus. Der „seelische Teil“ kommt aus meinen Gefühlserfahrungen sowie aus dem Erkennen von Umständen und Vorgängen in der Umwelt. Daraus entstehen die Geschichten, die jenseits der Edda und Mythologie in den Texten Ausdruck finden.

Daniel: Warum hast Du Dich dazu entschlossen, Deutsche Texte zu verwenden? Bist Du nicht der Meinung, dass Du mit englischen Texten mehr Leute erreichen könntest? Oder macht dies gerade für Dich den Reiz aus?

Wieland: Zum einen, weil ich, so glaube ich zumindest, mich in dieser „meiner Muttersprache“ am besten verbal gefühlsmäßig ausdrücken kann, zum anderen auch aus dem Grund des Verständnisses in meinem Umfeld. Die meisten Texte im Metal waren meines Eindrucks nach zu der Zeit noch in Englisch. Das wollte ich zudem auch ein bisschen „kippen“, da auch „unsere eigene Sprache“ eine Daseinsberechtigung hat und durch ihre Schroffheit auch mehr die „raue Natur“ der Musik sowie der Texte perfekt zu untermalen weiß.

Daniel: Auf den alten Alben gibt es neben Gitarren, Bass, Keyboard und Schlagzeug hin und wieder auch mal mittelalterliche Instrumente zu hören. Welche Instrumente beherrschst Du alle? Oder sind das auf dem Keyboard gespeicherte Sounds? 

Wieland: Ich bin persönlich der Meinung, kein Instrument wirklich zu beherrschen, auch wenn ich die Gitarre als „Melodiegeber aus meiner Seele“ nutze und den E-Bass recht gerne spiele, Keyboard sogar eher weniger... Ich habe eine Emotion, dann eine Melodie im Kopf, die versuche ich dann auf die Instrumente zu übertragen. Das übe ich dann bis alles für meine Ansprüche passt und arrangiere den Titel gemeinsam mit dem Text. Es folgt keiner festen Struktur. Auf dem Keyboard gespeicherte Sounds kommen für mich überhaupt nicht in Frage! :)

Daniel: Warum betreibst Du Nebelhorn eigentlich als Soloprojekt? Hättest Du keine Lust, Dir eine feste Besetzung zu suchen, zum Beispiel für Live-Aktivitäten?

Wieland: Nein, und das aus mehreren Gründen... Ich bin fern von dem, was man eine Rampensau nennt. Es wäre für mich ein Graus die Lieder, so sehr ich sie auch liebe und sie ein Teil von mir sind, immer und immer wieder rezitieren zu müssen. Wenn ich ein Album fertig habe, möchte ich gern emotional in das nächste Werk eintauchen... Zudem bin ich enorm anspruchsvoll und die heutigen Umstände und Konditionen, was Liveauftritte angeht... Das zu erklären, würde Abende füllen. ;)

Daniel: Könntest Du Dir auch vorstellen, in einem festen Band-Gefüge zu arbeiten, zum Beispiel in einem Nebenprojekt?

Wieland: Vielleicht? Wenn mich das Projekt so enorm mitreißt und mich jemand erträgt?Ehrlich glaube ich, dass ich in Richtung Musik einen so eigensinnigen Dickschädel habe, das ich unerträglich für eine Band als Ganzes wäre.

Daniel: Gib uns mal einen kurzen Überblick über alle Nebelhorn-Veröffentlichungen, für den Fall, dass einige Leser das Projekt nicht kennen sollten.

Wieland: Die bisherigen Releases:
„Utgard“ Mini-Album (2004)
„Gen Helwegs Grund“ (2005)
„Fjordland Sagas“ (2007) erschien auch als Digipack- und Patch-Version

Und im Moment zu guter Letzt: „Urgewalt“ (2018)

Daniel: Das neue Album „Urgewalt“ wurde von Falkenbach-Produzent Patrick Damiani im Tidalwave Studio produziert. Wie bist Du mit ihm in Kontakt gekommen? Und war der Album-Sound von Falkenbach auch ein Indiz für Dich, mit ihm in Kontakt zu treten? Oder war das eher Zufall?

Wieland:Patrick habe ich erst flüchtig durch einen Bekannten in Karlsruhe, dann richtig einige Jahre später während der Aufnahme 2004 durch den damaligen Nebelhorn-Schlagzeuger (und heute noch guten Freund) Frank, kennengelernt. Frank hatte das Wochenende Aufnahme bei ihm gebucht, und wir hatten gleich einen guten Draht. Ich kann ihm gar nicht genug danken für all die wertvollen und kreativen Zeitspannen!

nebelhornDaniel: Du schreibst und nimmst alles im Alleingang auf. Wie lange dauert es bei Dir, bis ein Album fertig ist? Immerhin musste man ja ganze neun Jahre auf das neue Album warten.

Wieland: Hättest Du mich das kurz nach der „Fjordland Sagas“ gefragt, dann hätte ich entspannt und voller Freude mit „alle zwei Jahre“ geantwortet. Doch dann kam viel Privates dazwischen, was mich beinahe seelisch zerrissen hat. Crowdfunding und mangelnder Support haben ebenso alle Pläne verschoben. Um Deine Frage mit der Aufnahme möglichst präzise zu beantworten: Ich mache zu Hause eine Probeaufnahme, um mein Arrangement möglichst 1:1 erstmal aus meinen Gedanken in die Realität zu bekommen. Wenn für mich alles stimmig ist und gut anfühlt, geht es zu Patrick ins Studio für die amtliche Aufnahme.

Daniel: Was hast Du eigentlich in den letzten neun Jahren so getrieben, dass es um Nebelhorn so ruhig wurde?

Wieland: Knallharte Kurzfassung? Scheidung, umgezogen, neue Liebe gefunden, umgezogen, Flucht nach vorne zum Studium nach Frankfurt für Game-Design, das auch unter großen Strapazen abgeschlossen, umgezogen, Crowdfunding organisieren →  gescheitert, Job in der Games-Branche gesucht → gescheitert, diverse Knochenjobs gemacht für wenig Geld für Besserung der Arbeitsbedingungen eingestanden... und wieder raus... Zweites Crowdfundig → Erfolg, Minijob, der Spaß gemacht hat → Erfolg, Minijob weg durch „finanzbedingte Optimierungsmaßnahmen“, Aufnahmebeginn, während der Aufnahme erneute Trennung... Enormer Halt durch gute Freunde und Familie (danke!)… Somit ist dies in mehrerer Hinsicht ein „hartes“ Album geworden...

Daniel: Hast Du Kontakt zu anderen deutschen Viking Metal-Bands? So viele fallen mir auf Anhieb nämlich gar nicht ein. Gibt es hier eine richtige Szene, die zueinander in Kontakt steht?

Wieland: Nach den kursierenden Definitionen von Viking- und Pagan Metal bin ich doch mehr mit Pagan Metal-Musikern „verbandelt“; viele nette, freundschaftliche Kontakte zu ganzen Bands oder einzelnen Band-Mitgliedern von Skjaldborg, Waldträne, Delirium, Festung Nebelburg, ehemaligen  XIV Dark Centuries, Surtus Lohe und vielen mehr gibt es in der Tat; einige enger, einige ferner... Ob das eine richtig „hartgesotten gemeinschaftliche Szene“ ist? Da bin ich überfragt…

Daniel: Soweit ich weiß, gibt es alle Nebelhorn-Alben nur auf CD. Sind auch Vinyl- und/oder Kassetten-Versionen geplant, zumindest vom neuen Album?

Wieland:Nein, da ist nichts geplant... Es bieten mir mehr Produktionsfirmen an, das zu machen als es nachgefragt/gewünscht wird.

Daniel: Sind eigentlich alle vier Nebelhorn-Tonträger heute noch normal erhältlich? Und wenn ja: Wie und wo kann man sie bekommen?

Wiland: Die „Utgart“ ist schon seit über einem Jahrzehnt ausverkauft, und ich kann wegen Geldmangels keine Neupressung in Auftrag geben. Und die „Gen Helwegs Grund“ geht zur Neige... Bestellen kann man im Moment bei mir über Facebook, bei Einheit- Produktionen oder Metal-Only e.V. In absehbarer Zukunft wird man sie unter www.nebelhorn-vikingmetal.de wieder wie gewohnt bestellen können.

Daniel: Die ersten beiden Alben sind über Skoll Records erschienen. Im Internet habe ich aber gelesen, dass Nebelhorn wohl die einzige Band des Labels war. Was hat es mit Skoll Records auf sich? War es Dein eigenes Label?

Wieland: Jupp, war mein eigenes Label, das ich brav angemeldet hatte, weil ich der Auffassung war: „Ich mache hier was, und das will ich aufrichtig und ehrlich bis ins kleinste Detail machen. Wenn Steuern anfallen, dann zahle ich sie gerne, da es den Leuten zu Gute kommt, die einfach mal Pech im Leben hatten.“ Heute bin ich selbst einer von ihnen, und da die Einnahmen des Labels nach 2006 aufgrund der Download- und Stream-Welle innerhalb kürzester Zeit so in den Keller gerutscht sind, habe ich mich schweren Herzens entschieden, das Label nach hartem Kampf abzumelden. Heute ist es einfach ständiges Draufzahlen, und da geht das als Hobby durch. :D (im Geiste ist es für mich natürlich viel mehr)

Daniel: Warum ist das neue Album „Urgewalt“ in Eigenregie erschienen? Gab es keine geeigneten Plattenfirmen, die an einer Veröffentlichung interessiert gewesen wären?

Wieland: Seit der „Gen Helwegs Grund“ 2005 gab es viele Labelanfragen, doch ich habe keinen Vertrag guten Gewissens annehmen können, da sie aus meiner Sicht den Künstler klar benachteiligen...Deswegen habe ich mich nur auf Vertriebsabmachungen beschränkt, mit denen die Beteiligten dann auch zufrieden waren. Weil es schon immer auch das Anliegen von Nebelhorn war und bisher ist: „Aufrichtig  und Wahrhaftig seelenerfüllte Musik für Hörer von Hörern“, sprich: einen enorm idealistischen, herzgetriebenen Weg in Synergie mit allen Beteiligten in gutem Vertrauenskreislauf zueinander... Das ist es noch heute; aus meiner Sicht ein „Schildwall“, ein vielleicht auch schon von „kindischem Idealismus“ geprägtes Projekt. Das wird es auch bis zu seinem Ende bleiben!

Daniel: Wie wichtig ist es Dir, heute im Zeitalter von Downloads und Streams noch physische Tonträger zu veröffentlichen? Und wie ist Deine persönliche Meinung zu dem ganzen neumodischen Kram, der ja so gar nicht zum Viking Metal im Allgemeinen passen will?

Wieland: Ich begrüße, ehrlich gesagt, einige Neuerungen und kann verstehen, warum es sie gibt: Platz- und Porto-Ersparnis, die Vorliebe für nur einige Songs, schnellere Verfügbarkeit. Deswegen wird es auf der neuen Website von Nebelhorn auch in Zukunft die Möglichkeit geben, das ganze Album sowie einzelne Songs zu downloaden. An dieser Stelle möchte ich noch einmal herzlichst an die Hörer sowie wohlwollende Unterstützer appellieren: Teilt und unterstützt die Bands und Künstler, deren Werke ihr liebt... Nur so könnt ihr sie erhalten und noch mehr von ihnen bekommen.Ihr habt es in der Hand, und euer Verhalten, eure Entscheidungen beeinflussen die Zukunft jeden Tag!

nebelhornDaniel: Wie sehen Deine Zukunftspläne mit Nebelhorn aus? Was steht demnächst so an?

Wieland: Ich denke im Moment darüber nach, ein neues Crowdfunding zu starten, um eine kleine Anzahl an Shirts in Auftrag zu geben, in hevorragender, schwerer Qualität und dem Anspruch des biologischen Fairtrades; lieber weniger Anzahl, dafür aber von schadstoffärmerer Qualität und Langlebigkeit mehr haben! ;) Was ein neues Album angeht: vielleicht in zwei Jahren? Sicher bin ich mir im Moment nicht, wenn ich einfach nur um mich schaue und das wieder sehr gute, freudig begeisterte, aber zugleich erschreckend geringe Feedback anschaue... Seit dem Release gibt es meines Wissens beispielsweise kein einziges „amtliches Review“. Ich habe durch das enge Start-Next-Funding kein Geld für „flächendeckend amtliche Werbung“, ebenso kein Label im Rücken, das einen Hype vom Zaun brechen kann (was ich im Übermaß persönlich auch als „unnatürlich“ empfinden würde, ich für meinen Teil möchte, dass die Musik überzeugt und nicht der „künstlich geschaffene Massendrang“)... Alles ist hier bei Nebelhorn frei... Das hat seine Vor- und Nachteile ;) Umso mehr freue ich mich über ehrliche, aufrichtige Hilfe und Interesse von lange gewachsenen Freundschaften wie Markus Eck von Metalmessage und einigen anderen! :) Danke für diese menschliche Bereicherung! Der innere Wille ist aber bei mir wie immer da! 

Daniel: Alles klar, Wieland! Dann wäre ich mit meinen Fragen durch. Dir gehört das Schlusswort!

Wieland: Herzlichen Dank Dir und allen, denen Musik am Herzen liegt! :) 

http://www.nebelhorn-vikingmetal.de/

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Autor: Daniel Müller