THE HEADLINES, VA ROCKS

Essen, Don´t Panic Club, 03.11.2018

The Headlines - live - 2018-1Tage wie diesen gibt es im Herbst ohne Ende: überall sehenswerte Shows und die Entscheidung, wohin man letztlich geht, ist keine einfache. Hier gebe ich ehrlich zu, dass ich dann Bands bevorzuge, die ich nicht so oft in unseren Breitengeraden zu sehen bekomme. Und auch, wenn es wie im heutigen Falle mit viel Fahrerei verbunden ist, nicht wegen der Entfernung, sondern nur wegen der benötigten Zeit. Diverse Sperrungen, Baustellen und sonstige Späße zwingen mich, quer durch Düsseldorf zu fahren, um noch rechtzeitig im Essener Don’t Panic Club anzukommen. Da ich heute allein unterwegs bin, stört mein Fluchen dann auch nicht weiter. Endlich vor Ort geht die heikle Parkplatzsuche los, auch kein leichtes Unterfangen am Viehofer Platz. Das große Bier habe ich also redlich verdient, auch wenn die Bedienung sich reichlich Zeit damit lässt. Dafür ist es preislich aber sehr dezent. Ruhrpott eben, da wirste in der Regel noch nicht abgezockt bei den Getränkepreisen.

VA Rocks - live - 2018Der Club ist ordentlich besucht, und als Anheizer dürfen die drallen Schwedinnen von VA Rocks heute den Reigen eröffnen. Ida Svensson Vollmer an der Gitarre und Gesang, Klara Wedding am Bass und den Backings sowie Ulknudel Frida Rosén am Schlagzeug machen auch keine Kompromisse und legen in bester Runaways- oder Thundermother-Manier los. Mit den Donnermüttern verbindet die Mädels auch eine dicke Freundschaft, waren sie doch schon zusammen auf Tour. Man kennt sich, man hilft sich, wie es in Köln so schön heißt. Die Blondinen fahren ein ordentliches Tempo und rocken die Hütte, dass es eine wahre Pracht ist. Kernige Mitgehriffs lassen die Meute vor der Bühne richtig zappeln, und kaum einer, der ruhig stehen bleibt. Im Publikum viele Alt-Punks, eine Handvoll Heavies älteren Semesters und ein ganzer Schwarm junger Hühner, die die Band feiern. Und das ist absolut berechtigt! Knackig, zackig auf die Zwölf. Die schau ich mir gerne auch einmal länger an. Aber heute ist es eben nur der Supportslot, und der geht nach einer guten halben Stunde dem Ende zu. Gut gemacht, Mädels, das hat gerockt. Während sich die Damen nun unter großem „Hallo“ am Merchandise-Stand einfinden, wird unten flott umgebaut, und die Bühne für den Headliner vorbereitet.

Setlist: Kiss This Fist, Get Excited, Play It Like An Animal, Rock ’N‘ Roll, Rockbitch, Bluesman, Miami High Heels, Here Comes, Rattlesnake

The Headlines - live - 2018-2Dann ist es soweit, und The Headlines - ebenfalls aus Schweden - entern die Bühne. Und was soll ich euch sagen? Pogo von der ersten Sekunde an. Die Temperatur schnellt hoch, nicht nur aufgrund der heißen Performance von Sängerin Kerry Bomb. Die ist heute übrigens wieder voll im Einsatz, eine Kollision ihres Auges mit dem Tuning Key der Bassgitarre vor einigen Tagen ist Schnee von gestern und die Wunde verheilt. Und so rockt die Lady wie ein außer Kontrolle geratener Flummi kreuz und quer über die Bühne. Da kommt richtiges Punk-Feeling auf. Vor der Bühne toben sich die wabernden Körper der Pogofreaks zu einem wirren Knäuel aus verschwitztem Fleisch zusammen. Die Band hat sichtlich Spaß daran, und Kerry heizt die Menge unentwegt an. Die erste Atempause gibt es dann mit dem in Deutsch gesungenen Stück „Herz Brennt“, im Original von den Toten Hosen. Wer aber hier anwesend ist und mitbekommt, mit welcher Inbrunst Kerry diese Nummer intoniert, der will das Original nie mehr hören. Hier wird dir das Herz aus der Brust gerissen und im gleichen Atemzug vor die Füße geschmissen. Einmalig, diese Emotion! Absolut authentisch kommt diese Band rüber, mit einem Spielspaßfaktor hoch zehn. Der einzige Nachteil bei Punksongs ist eigentlich, dass sie so schnell zu Ende sind. Aber die Kapelle weiß, dass sie hier und heute nicht ohne die lautstark geforderte Zugabe von der Bühne kommt. Also die Gitarren wieder umgeschnallt und weiter das Gaspedal Richtung Ölwanne durchgedrückt. Da die Lady sich selbst als Sprachgenie bezeichnet, und wie ich neidlos anerkennen muss, auch ein perfektes Deutsch spricht, kommt jetzt sogar der alte Nena Kracher „99 Luftballons“ als lärmende Punkversion zum Zuge. Es regt schon zum Schmunzeln an, wenn man sieht wie die verschwitzen Leiber der pogenden Masse bei diesem Song abgehen. Natürlich gibt es auch einen Ausflug ins Publikum. Die Nähe zu den Fans wird groß geschrieben. Da darf auch ein Schnaps mit den Gästen nicht fehlen. Und die Headlines schieben noch zwei Stücke hinterher, bevor es dann mit „Blitzkrieg Bop“ endgültig den letzten Song für heute Abend zu hören gibt. Himmel, was seine geile Show! Und ich kann gar nicht anders, als Kerry herzhaft zu drücken, als sie von der Bühne kommt. „Hey, ich schwitze wie ein Schwein“ sagt sie mir grinsend, ja, sage ich, „Das ist Rock ’N‘ Roll“. Nebenbei gesagt, pflegen die britischen Damen zu sagen, „Only men and pigs sweat, women transpire“. Und so gar nicht ladylike, rockt das Mädel die Treppe rauf zum Merchandise-Stand auf der oberen Etage und steht für die Fans bereit. Pure Energie, in die man sich verlieben könnte.

Setlist: In The End, From The Ashes, No Control, Rebel, Upstarts, High Heels, Punk Rock Radio, Black Gold, Bullets Bombs & Money, Tough Love, Herz Brennt (Die Toten Hosen-Cover), Upside Down, Wake up, 99 Luftballons (Nena-Cover), Apocalypse, Hit The Ground, Blitzkrieg Bop (Ramones-Cover)



Autor: Pistol Schmidt - Pics: Pistol Schmidt