URIAH HEEP, THE ZOMBIES

Essen, Lichtburg, 06.11.2018

Uriah Heep - live - 2018-1Nachdem ich Mick Box und Phil Lanzon (beide Uriah Heep) vor einigen Monaten bereits interviewen durfte, war es nun an der Zeit, auch mal wieder die Live-Qualitäten der Hardrock-Urgesteine unter die Lupe zu nehmen. Mit einem leicht mulmigen Gefühl bin ich nach Essen angereist, denn die Lichtburg erschien mir mit ihrer Vollbestuhlung nicht hundertprozentig geeignet für die Ausführung von härteren Rockkonzerten. Während ich noch weiter über die vermeintliche Stimmung an diesem Abend grübelte, führte mich mein erster Gang zum Merchandise-Stand, vor welchem ein recht großer Andrang herrschte. Die fünfundzwanzig Euro für ein beidseitig bedrucktes Tour-Shirt waren für eine Band in dieser Größenordnung durchaus vertretbar.

The Zombies - live - 2018Pünktlich um 20 Uhr verdunkelte sich das Licht im Saal und es war Zeit für eine Band, die schon im Jahr 1964 erste Chartplatzierungen erreichen konnte. The Zombies waren somit schon lange vor Uriah Heep aktiv und erfolgreich. Das man so etwas noch live sehen kann, ist ganz sicher eine außerordentlich spektakuläre Angelegenheit. Die Meute im fast vollständig gefüllten Saal, mit gut eintausendzweihundert Plätzen, setzte sich in die bequemen Sessel und verfolgte das Geschehen auf der Bühne. Mit ihrer Mischung aus Rock- und Beatmusik konnten die Briten jedoch zunächst nur vereinzelte Zuschauer begeistern. Die gesamte Band war ein wenig hüftsteif und es passierte nicht wirklich viel. So plätscherte das Konzert anfänglich ein wenig vor sich hin, bevor man in der Mitte des Sets mit dem Song Time Of The Season" ein Lied vortrug, welches durchaus einen gewissen Bekanntheitsgrad besitzt. Sofort machte sich das auch beim Publikum bemerkbar und die ersten Fans erhoben sich. Es war ein kluger Schachzug, danach mit dem prima umgesetzten Alan Parsons Project-Coversong Old And Wise" fortzufahren. Im weiteren Verlauf des Konzerts gab man sich auch gerne mal psychedelischen Klängen hin und obendrein hatte man mit den Hit-Singles Hold Your Head Up" und She´s Not There" noch echte Trümpfe in der Hand. So gab es nach einer Stunde Spielzeit verdientermaßen dann doch noch weitaus mehr als nur einen Höflichkeitsapplaus.

Uriah Heep - live - 2018-2Nach einer knappen halben Stunde Umbauzeit gab es dann mit Uriah Heep das krasse Gegenstück in punkto Bühnenpräsentation. Die Musiker waren ständig in Bewegung und rissen das Publikum sofort auf ihre Seite. Mit Grazed By Heaven", vom neuen Album Living The Dream" stieg man eindrucksvoll in den gut eineinhalbstündigen Set ein. Gleich danach folgte die Ansage von Sänger Bernie Shaw, dass man sich doch bitte, sofern noch nicht geschehen, von den Sitzen erheben möchte und zur Bühne kommen sollte. Die Band hatte glücklicherweise also auch keine Lust auf ein Sitz-Publikum und so entstand dann doch noch eine richtige Konzert-Atmosphäre. Anschließend ging es mit dem Klassiker Return To Fantasy" auf eine Zeitreise ins Jahr 1975. Danach gab es den Titeltrack vom neuen Album, ehe man überraschenderweise das geniale Too Scared To Run" vom 1982er Abominog"-Album auspackte. Leider klaffte zwischen diesem Album und dem neuen Werk eine riesige Lücke und es wurde kein einziger Song von den zehn Alben dazwischen vorgetragen. Ein kleiner Wehrmutstropfen für mich, auch wenn man bei fünfundzwanzig Longplayern in der Geschichte von Uriah Heep natürlich irgendwo Abstriche machen musste. Das für mich vielleicht stärkste neue Stück trägt den Titel Take Away My Soul" und schon im Vorfeld habe ich mich tierisch auf dieses unglaublich gute Gitarrensolo gefreut. Es war eine große Freude Mick Box dabei zusehen zu dürfen. Keinerlei Abnutzungserscheinungen zeigt anschließend das fulminante Rainbow Demon", welches die anwesende Gefolgschaft nach wie vor tief zu berühren wusste. Die Akustik-Klampfe verriet uns, dass nun etwas ruhigere Töne angestimmt würden. Waters Flowin´" vom aktuellen Werk sowie das unverzichtbare Lady In Black" (mit nachhaltigem Mitsing-Part) übernahmen diesen Job vorbildlich. Erneut folgte nagelneues Material, denn auch Rocks In The Road" ist eine wahre Perle auf dem neuen Dreher. Geballte Ladung Siebziger Jahre-Kulturgut bringt das Publikum anschließend völlig zum Ausrasten. Gypsy", Look At Yourself", July Morning" und Easy Livin´" werden nacheinander auf einer unglaublich professionellen Art und Weise vorgetragen. Schlagzeuger Russell Gilbrook peitschte die anderen Bandmitglieder mit seinem präzisem, powervollem Spiel förmlich nach vorne. Bassist Davey Rimmer gehört zu den besten seines Fachs und ist ein Paradebeispiel für Leidenschaft. Auch Keyboarder Phil Lanzon lebt" jeden einzelnen Song und verleiht dem Sound eine tiefe Dichte. Gründungsmitglied Mick Box scheint überhaupt nicht zu altern, liebt nach wie vor den Kontakt mit den Fans und versprüht eine Energie, wie kein anderer in seiner Altersklasse. Darüber hinaus verziert Bernie Shaw mit seinem Organ durchweg diese wundervollen Songs. Wer sehr genau hingehört hat, der konnte hier und dort mal einen minimalen Aussetzer vernehmen, aber im Großen und Ganzen war es auch von ihm eine mehr als solide Vorstellung. Das alles wurde in einem gut differenziertem Soundgewand vorgetragen, der keinerlei Wünsche offen gelassen hat. Unter lautem Jubel verließen Uriah Heep anschließend die Bühne um nach kurzer Zeit für zwei weitere Songs zurückzukehren. Mit Sunrise" folgte erneut ein Klassiker, bevor man erstaunlicherweise mit Knocking At My Door" den Schlusspunkt auf einen bockstarken Gig setzte. Uriah Heep - live - 2018-3Das kommt auch nicht alle Tage vor, dass eine Band ein Konzert mit einem aktuellen Song beendet. Das unterstreicht einmal mehr, dass dieser Longplayer unbestritten ein absolutes Highlight der jüngeren Uriah Heep Geschichte darstellt und er dementsprechend mit insgesamt sechs Titeln ausreichend gewürdigt und beworben wurde. Keiner der Anwesenden dürfte auch nur annähernd enttäuscht die Heimreise angetreten haben und nicht wenige werden übernächstes Jahr zum fünfzigjährigem Bandjubiläum mit Freude wiederkommen. 



Autor: Dirk Determann - Pics: Dirk Determann