DRACONIAN, HARAKIRI FOR THE SKY, SOJOURNER

Essen, Turock, 23.01.2019

Ausnahmsweise erlebe ich mal eine relativ entspannte Fahrt in den Pott, da werden meine schönen Glücksgefühle jäh durch Kräfte des Essener Ordnungsamtes zerstört. Die wollen tatsächlich meinen ordentlich in der Parktasche geparkten und mit gültigem Parkticket versehenen PKW abschleppen lassen. Angeblich ist das ein Platz für ein ach so umweltfreundliches Elektro Auto, ihr erinnert euch sicher, die Kisten, die mit dem Strom aus den Braunkohlekraftwerken fahren. Die nötige Beschilderung befand sich aber nicht frontal an der Parklücke, sondern einige Meter daneben und für mich nicht erkennbar. Zumal die auf dem Gehweg stehende Stromsäule aussah, wie ein Spender für die bekannten Hundekackebeutel. Wie unsere Nachbarn aus Holland so schön sagen „Elk kackje in het Zakje“ Alleine es fehlt solchen Leuten an geistigem Horizont, was eine Diskussion sinnlos macht. In Zukunft werde ich mir stark überlegen, ob ich dort noch einmal hinfahre, oder mir nicht die entsprechende Band dann lieber an einem anderen Ort ansehe.

 

Sojourner live2019Als Eröffner spielen heute Sojourner, eine multinationale folk-beeinflusste atmosphärische Metal-Band aus Dunedin, Neuseeland, Malmö, Schweden und Bergamo in Italien. Also ich gehe jetzt einmal davon aus, das es die Band ist. Bei der mehr als spärlichen Beleuchtung und Unmengen von Nebel, der sich äußerst unangenehm auf die Atemwege legt, kann man nur mutmaßen. So geht es quasi im Blindflug durch eine dichte  atmosphärische Black Metal Reise, mit einer rauen und dreckigen Männer Stimme und glockenreinem, ja fast elfengleichen Frauengesang. Die Frauenstimme erklingt scheinbar von der Gitarristin Chloe Bray, während der männliche Gesangspart von Emilio Crespo zugesteuert wird. Rein musikalisch ist da nichts auszusetzen, ich würde die Protagonisten aber gerne einmal sehen. Hier und jetzt ist die Optik mehr wie ein Scherenschnitt, dunkle Schatten die sich im Nebel bewegen. Erst am Ende des Sets naja eigentlich erst beim Abbau der Back Line, sieht man wer denn nun auf der Bühne ist.

 

Harakiri For The Sky Live 2019Die Zweiten Im Bunde sind Harakiri For The Sky aus Salzburg und Wien. Hier gönnt ihnen der Lichtmensch jetzt ein klein wenig mehr Beleuchtung, natürlich nicht ohne wieder Unmengen des entsetzlichen Nebels in die Menge zu pusten. Das Problem ist die Ausrichtung der ollen Nebelkanone, die direkt von unterhalb der Bühne in das Publikum bläst, und nicht irgendwo auf der Bühne herum schwurbelt. Nun gut, da müssen wir durch. Zurück zur Musik. Die Truppe hatte ich schon letzten Sommer auf dem Metal Days Festival in Slowenien gesehen, und wusste sie dort schon nicht richtig einzuordnen. Obwohl die Songs einige charakteristische Merkmale des Black Metals aufweisen, ist die Musik deutlich melodiöser und weniger aggressiv. Man bewegt sich meist im Mid Tempo Bereich, was ich bereits nach kurzer Zeit als ermüdend empfinde. Das Gefühl kenne ich von einer anderen hochgelobten Kapelle aus Deutschland. Auch dort ist nach einer guten halben Stunde für mich die Luft raus. Spieltechnisch gibt es allerdings heute nichts zu meckern, die Jungs beherrschen ihre Instrumente und geben alles. Dies wird auch vom zahlreich erschienen Publikum deutlich honoriert. Und während der Sänger wie ein angeschossenes Reh hin und her über die Bühne tigert, dabei nicht mal eine Minute still steht, schiele ich immer wieder auf meine Uhr, in Erwartung des Headliners. Natürlich ist es die Hauptaufgabe der Band, die anwesende Menge zu befriedigen, und diesen Job erledigen sie sehr gut. Wenngleich ich auch finde, das eine dreiviertel Stunde Programm für eine Supportband reichen sollte und nicht wie jetzt über eine Stunde gespielt wird. Immerhin ist es mitten in der Woche, und für viele Konzertbesucher klingelt in aller Herrgottsfrühe der Wecker.

 

Endlich ist es soweit, der heutige Headliner Draconian entert die Bühne. Die Band aus Schweden und ihre betörende Nachtigall Heike Langhans aus Südafrika steigen direkt mit dem überwältigendem Song „Phantom Dissonance“ in ihren düsteren und atmosphärischen Sound ein. Auffallend ist die absolut nackte Bühne, außer der minimalen Back Line sowie dem Backdrop findet sich kein weiteres Dekorations Element auf den Brettern. Eigentlich sehr ungewöhnlich für eine Band dieser stilistischen Ausrichtung. Unheimlich ergreifend das Wechselspiel zwischen der leidenden Härte der männlichen Vocals und der wirklich zerbrechlichen Zartheit des Gesangs von Heike. Ein Wechselbad der Gefühle zwischen todtraurig und ergreifend epischer Stimmung dominiert hier das Geschehen. Unmöglich sich dieser Darbietung zu entziehen. Bisher war mir nur das Tonmaterial dieser Kapelle bekannt, ein Live Auftritt war noch unerledigt auf der To-Do Liste. Und dieser toppt hier gerade alles, was ich von Draconian erwartet habe. Mit der neuen Sängerin klingt es einfach phänomenal, sicher Lisa Johansson war auch nicht übel, aber heute klingt es um Klassen besser. Wirklich ein Glücksgriff, das Mädel aus Südafrika mit den deutschen Wurzeln. Der Mann am Tieftöner, Daniel Änghede ist übrigens der beneidenswerte Lebensgefährte dieses Goldkehlchens. Und weit davon ab sich bereits nach kurzer Zeit abzunutzen, vertont man hier Verzweiflung und Schwermut in absoluter Perfektion.Draconian Live 2019 2 Ich bin ehrlich fasziniert von diesem Gebräu, da sich am ehesten als Doom Death Metal bezeichnen würde. Mit Gothik Rock wie manche sagen, hat es meiner Meinung nach überhaupt nichts zu tun. Und dazu gehen die melancholischen Melodien tief unter die Haut, immer getragen vom ausdruckvollen weiblichen Gesang. Manchmal klingt sie sogar ein wenig wie Sharon den Adel, der Sängerin von Within Temptation, die sich allerdings deutlich mehr am Mainstream orientieren. Somit endet der Auftritt eigentlich viel zu schnell, hier hätte ich noch lange zuhören können. Die Show ist zu Ende und jetzt kommen sie tatsächlich noch zu einem kurzen Plausch mit den Fans heraus. Sehr sympathische Menschen, die keinerlei Star Allüren an den Tag legen.

Setlist: Phantom Dissonance, Bloodflower, The Wretched Tide, Stellar Tombs, A Scenery Of Loss, The Last Hour Of Ancient Sunlight, Pale Tortured Blue, The Marriage Of Attaris, Burial Fields



Autor: Pistol Schmidt - Pics: Pistol Schmidt