DEVILGROTH - Lange Winternächte, extreme Kälte und sibirische Wälder nicht allein als Inspiration


Ich bekam bei Facebook einen Link für das „Landschaft“-Album von Devilgroth aus Sibirien zugeschickt, mit dem Hinweis, dass es dieses Album jetzt auch auf Vinyl über Kunsthall Produktionen aus der Schweiz gibt, dem Label des Paysage D´Hiver- und Darkspace-Einzelkämpfers Tobias „Wintherr“ Möckl. Zu meiner Entzückung geht die Mucke dieses sibirischen Duos auch in diese Richtung. Es gibt dünn produzierten, fast basslosen, frostigen Black Metal mit Ambient-Einflüssen und überlangen Tracks. Das erklärt auch, warum für „Landschaft“ bei nur sechs Tracks eine Doppel-LP herhalten muss. Beim Blick auf Metal Archives und Bandcamp werfen sich im Fall von Devilgroth aber einige Fragen auf. Einige Alben und Demos scheinen gar nicht zu existieren. Und trotz offensichtlicher Melodien bleibt bei ihrer Musik nicht allzu viel hängen. Ich kontaktierte also Bandkopf Ruslan Ismailov und erfuhr direkt in der ersten Frage, dass Schlagzeuger Alexey Prolygin gar nicht mehr dabei ist. Auch wenn Ruslan immer nur sehr knapp antwortete (Sein Englisch ist wohl nur dürftig, und er übersetzte seine Antworten mit Google von Russisch ins Englische), so brachte er doch immerhin ein wenig Licht ins Dunkel.

logoDaniel: HELL-ö Alexey und Ruslan! Bitte erzählt uns doch zunächst von der Entstehung von Devilgroth! Wann und wie kam die Band zustande?  

Ruslan: Tja, ich muss Dir leider sagen, dass Alexey schon seit 2017 nicht mehr dabei ist… Unsere Geschichte begann im Jahr 2008. Wir hatten in den ersten Jahren noch keinen geeigneten Bandnamen und hatten einfach nur so musiziert. Den Namen Devilgroth gab ich der Band dann erst im Jahr 2010.   

Daniel: Hattest Du zuvor schon in anderen Bands gespielt?

Ruslan: Früher habe ich Jazz, Post-Punk und einige andere Sachen gemacht. Aus dieser Zeit existieren aber nur noch ein paar Fotos und Demos.  

Daniel: Euer Logo sieht geil aus! Wer hat es entworfen? Und wie seid Ihr mit dem Künstler in Kontakt gekommen?    

Ruslan: Vielen Dank, aber es gab keinen Maler und Künstler dafür. Ich habe das Logo selbst entworfen!  

Daniel: Welche Bands zählen zu Euren Haupteinflüssen?

Ruslan: Oh, das ist wirklich schwer zu sagen! Ich bin nicht nur von Musik beeinflusst, sondern auch von der anderen Art von Kunst. Für mich sind zum Beispiel auch die Bilder Nickolay Rerikh eine große Inspiration.

Daniel: Ihr stammt aus dem kalten Sibirien. Hat diese bittere Kälte vielleicht auch einen Einfluss auf Eure kalte Musik?  

Ruslan: Ja, auf jeden Fall! In meiner Heimstadt Novosibirsk haben wir gerade minus vierzig Grad Celsius! Die langen Winternächte, die extreme Kälte und die Sibirischen Wälder sind aber nicht allein Inspiration, sondern auch meine Musik an sich.   

Daniel: Diese Frage wäre an Alexey gegangen: Er spielte ja neben Devilgroth auch bei der Brutal Death Metal-Band Naizergan. War es wichtig für ihn, dass sich beide Bands so drastisch voneinander unterscheiden? Oder war das eher Zufall?

Ruslan: Naizergan existiert gar nicht mehr. Aber das Projekt war konzentrierter Wahnsinn! Alexey ist jetzt gerade aber nicht hier. Deshalb kann ich dazu nichts weiter sagen, außer dass ich ebenfalls bei den Aufnahmen für dieses Projekt ausgeholfen habe.   

Daniel: Eure Texte haben sich im Laufe der Jahre gewandelt, vom Satanismus hin zu alten slawischen Mythen, wie auf den letzten beiden Alben „Morena” (2016) und „Ivan Grozny” (2017). Warum? Und findest Du, dass der Bandname Devilgroth dann überhaupt noch passend ist, jetzt wo Ihr Euer satanisches Image über Bord geworfen habt?

Ruslan: Devilgroth ist eine Black Metal-Band aus Russland. Deswegen passt es für mich. Als wir die Band gründeten, wussten wir noch nicht, wohin uns der Weg führen würde, und wir haben uns eben für einen genretypischen Namen entschieden. Wir wollten aber eigentlich nie etwas mit Satanismus oder etwas Ähnlichem zu tun und wollten auch nicht damit in Verbindung gebracht werden.     

Daniel: Euer Debüt-Album „Deprivasjon Of Frihet” aus dem Jahr 2012 hat einen deutschen Opener („Strafe Gottes!”); alle anderen Songtitel sind auf Norwegisch. Wie kam das zustande? Sprichst Du auch Deutsch und/oder Norwegisch? Oder habt Ihr „Google Translate“ oder ähnliche Programme dafür benutzt?   

Ruslan: Dieses Album war eine Zusammenarbeit mehrerer Bandmitglieder, und jeder bevorzugte eine andere Sprache für seine Texte. Diese Texte wurden aber auch nicht von mir geschrieben, deshalb kann ich auch leider nichts weiter zu ihrer Entstehung sagen.   

devilgrothDaniel: „Deprivasjon Of Frihet” ist das einzige Devilgroth-Album, welches nicht auf Eurer Bandcamp-Seite erhältlich ist. Warum ist das so? Wart Ihr im Nachhinein unzufrieden damit? Oder gab es andere Gründe dafür?

Ruslan: Alle unsere Demo-Alben bis „Landschaft” wurden niemals offiziell veröffentlicht. Das war auch niemals so geplant gewesen. Wir hatten einfach nur ein paar Proberaum-Mitschnitte gemacht, um all diese Momente einzufangen. Einige Mitglieder der Band waren aber immer geteilter Meinung darüber, ob die Ideen gut genug waren. Erst nachdem wir nur noch zu zweit waren, fiel es uns leichter, unsere eigene Kunst zu erschaffen. Das erste Ergebnis daraus war „Landschaft“. Dies war die Geburtsstunde unseres jetzigen, eigenständigen Sounds und somit die erste wirklich offizielle Veröffentlichung in der Diskographie der Band. Alle vorherigen Alben und Demos dienten lediglich einer Art Suche nach uns selbst.

Daniel: Auf der anderen Seite gibt es neben dem erwähnten Album auch nur zwei der sieben Demos bei Bandcamp: „Grave In The Wood” (2008) und “Sibur” (2010). Auch hier: Warum? Es wäre doch für Sammler schön gewesen, alles von Euch zu besitzen… Oder waren das auch keine offiziellen Veröffentlichungen, nur Ansammlungen von Ideen usw.? 

Ruslan: Ich werde sehr oft nach diesen alten Demos gefragt, und ich hatte mich daraufhin dazu durchringen lassen, einige ausgewählte von ihnen zugänglich zu machen. Vielleicht mache ich in Zukunft ein paar limitierte Kassetten-Versionen davon oder so, für diejenigen, die sich ernsthaft für unsere Geschichte interessieren. Ja, wie gesagt: „Landschaften“ war 2015 eigentlich erst unsere erste offizielle Veröffentlichung.     

Daniel: Ihr habt bislang auch zwei Split-Tapes veröffentlicht: „Drevobog” mit Desolated Souls über Depressive Illusions und „Doctrine Of Winter” mit Necro Forest und Frostveil. Wie kam der Kontakt zu den anderen Bands zustande? War es Euch wichtig, dass all diese Bands musikalisch zueinander passen? Oder war das die Idee der beiden Labels, diese Bands auf einem Tonträger zu vereinen?   

Ruslan: Nein, das war nicht die Idee der Plattenfirmen. All diese Bands haben mich kontaktiert und nach einer Zusammenarbeit gefragt. Aber wir haben vor allem zu Necro Forest ein sehr enges und freundschaftliches Verhältnis. Nun ja, für mich war es eine Art Experiment, um neue Erfahrungen zu sammeln. Im Moment gibt es aber keine Pläne für weitere Split-Veröffentlichungen von uns.   

Daniel: Alle sechs Songs beider Split-Tapes wurden 2018 auf der Compilation „Songs Of The Polar Night” auf CD zusammengefasst. Warum? Waren die Kassetten bereits ausverkauft? Oder war die Nachfrage Eurer Fans danach so groß, die keinen Kassettenrekorder mehr besitzen?    

Ruslan: Die Plattenfirma und die Fans waren gleichermaßen begeistert von diesen Tracks. Deshalb wurden sie zusammen auf CD veröffentlicht.  

Daniel: Ich finde es toll, dass Ihr Euer Zeig auch auf Kassetten und Vinyl veröffentlicht! Wie wichtig ist es Euch, diese alten Kultformate heute noch am Leben zu erhalten? Und was denkst Du – im Gegensatz dazu – über diese modernen, leblosen und digitalen Plattformen von heute (die Ihr ja bei Bandcamp zum Beispiel auch nutzt)?   

Ruslan: Es ist traurig, dass die digitale Welt die Oberhand gewonnen hat. Die Realität wurde immer mehr digitalisiert. Das betrifft nicht nur die Musik, sondern auch die gesamte Kommunikation. Ich kenne Leute, die Schwierigkeiten haben, mit anderen Leuten zu reden, aber mit Chatten keine Probleme haben. Gerade für sie ist es wichtig, die reale, nicht-virtuelle Welt zu erhalten. Das ist auch der Grund, warum ich meine Musik immer noch gerne auf Kassetten usw. veröffentliche.    

Daniel: Lass uns dann auch mal kurz über Eure Vinyl-Veröffentlichungen reden: Euer „Landschaft“-Album von 2015 wurde 2018 auf Vinyl veröffentlicht. Ich finde eigentlich, dass Vinyl den bestmöglichen Klang für Musik wiedergibt. Aber ich bin auch der Meinung, dass Eure dünn und eher demomäßig produzierte Musik viel eher für Kassetten geeignet ist. Was hältst Du davon, dass heutzutage viele alte Demos auch auf Vinyl angeboten werden? Findest Du das generell gut? Und findest Du, dass Devilgroth-Produktionen überhaupt Vinyl-würdig sind? Oder sind Devilgroth-LPs für Dich einfach nur Sammlerstücke, die sich schön in der eigenen Sammlung machen? Wie denkst Du darüber?   

Ruslan: Ja klar! Manchmal ist es schon so, dass ein Demo besser klingt als ein Album. Es ist aber auch so, dass eine LP einfach schöner aussieht. Ich würde natürlich auch andere Devilgroth-Demos gerne noch auf Vinyl sehen. Aber im Moment haben wir dafür nicht die Möglichkeiten. Es gibt übrigens bei uns in Russland keine professionellen Vinyl-Produktionen.   

Daniel: Gibt es denn in naher Zukunft Pläne für weitere Vinyl-Versionen Eurer bisherigen Alben? Kannst Du uns dazu schon etwas sagen?

Ruslan: Es war wohl auch eine Vinyl-Version von unserem Morena”-Album von 2016 von unserer Plattenfirma für 2018 geplant. Das Jahr ist schon rum, und ich bin nicht auf dem neuesten Stand, ob da jetzt schon eine Entscheidung gefallen ist.   

devilgrothDaniel: Wo Du gerade russische Presswerke und Eure Plattenfirma erwähnt hast: Wie seid Ihr überhaupt mit Kunsthall Produktionen aus der Schweiz in Kontakt gekommen, die die „Landschaft”-LP gemacht haben? Und kanntest Du Paysage D´Hiver und Darkspace, die beiden Bands des Label-Inhabers Tobias „Wintherr“ Möckl, vorher schon, die ja tatsächlich auch ganz ähnliche Musik machen wie Ihr?  

Ruslan: Ja, Wintherr (Tobias) nahm per E-Mail Kontakt zu mir auf und schrieb mir, dass er den kalten und räudigen Sound von Devilgroth sehr geil findet und er eine Vinyl-Version von unserem Debüt-Album machen wollte. Seitdem sind wir gute Freunde und mit unserer Musik gegenseitig sehr vertraut.   

Daniel: Spielen Devilgroth auch live? Oder handelt es sich dabei um ein reines Studioprojekt?

Ruslan: Wir spielen nur sehr selten live. Wir haben aber Pläne, im Vorprogramm von Darkspace zu sein, wenn sie am 20.April in Moskau spielen. Ich hoffe doch, mal die Gelegenheit zu bekommen, vor unseren Hörern aus anderen Ländern zu spielen.  

Daniel: Wie sieht es mit der Black Metal-Szene in Russland und in der Ukraine aus? Ich liebe einige ihrer Bands, wie Lycanthropy, Moloch, Zgard, Drudkh, Khors, Nokturnal Mortum usw. Bist Du mit einigen dieser Bands in Kontakt (Ja, ich weiß, dass Sergiy Fjordsson der Inhaber von Depressive Illusions Records ist, der eines Eurer Split-Tapes veröffentlicht hat, hehe!)? Und welche anderen Bands aus diesen Ländern kannst Du uns noch empfehlen?  

Ruslan: Das freut mich zu hören! Ich mag den Black Metal aus der Ukraine auch sehr. Und ja, es stimmt, ich kenne Sergiy auch! Ich kann Dir noch Mørkt Tre empfehlen. Mit denen arbeite ich auch gerade zusammen.

Daniel: Wie sehen Deine Zukunftspläne mit Devilgroth aus?

Ruslan: Ich habe ein paar Pläne für ein neues Album. Vielleicht werde ich mein eigenes Label dafür gründen.  

https://www.facebook.com/devilgroth/

https://devilgroth.bandcamp.com/



Autor: Daniel Müller