THE SOAP GIRLS, CELLAR DWELLERS, BLACK VAMPIRE

Geleen (NL), Café De Meister, 04.05.2019

Irgendwann ist es immer das erste Mal, so auch heute. Die Musikkneipe oder das Café De Meister besser gesagt, haben wir bisher noch nicht besucht. Unser erster Eindruck ist schon mal top, die typische niederländische Gastfreundschaft. Als der Mann am Tresen merkt, dass wir Deutsche sind, kommt ein herzliches „Willkommen“ zur Begrüßung. Moderate Getränkepreise und ein paar nette Kleinigkeiten zu essen runden das Angebot ab. Die Lage ist auch sehr gut, unweit der Autobahnabfahrt und sogar einiges an Parkmöglichkeiten in den umliegenden Straßen. Eine nicht allzu hohe Bühne, ein schickes BOSE Soundsystem und eine ordentliche Beleuchtung lassen manchen hiesigen Klub dagegen mehr als alt aussehen. Der Laden liegt übrigens etwa 15 Gehminuten vom Café Zaal De Reunie entfernt, das auch des Öfteren kleine aber feine Konzerte veranstaltet. Da heute der vierte Mai ist, heißt es aber erst einmal um acht Uhr für zwei Minuten zu schweigen, um der im Krieg gefallenen Soldaten und Bürger der Niederlande zu gedenken.

 

Black Vampire live2019Und dann geht es nach der Stille auch schon los. Die erste Supportband heute Abend kommt aus den Niederlanden und hört auf den schönen Namen Black Vampire, mehr ist aber leider nicht in Erfahrung zu bringen. Selbst Facebook und das World Wide Web schweigen sich beharrlich über diese Truppe aus. Getreu nach dem Motto „Drei Mann sind genug“ schrubbt das Trio astreinen Punkrock runter. Hatte ich anfangs noch Bedenken ob der, für einen Opener recht langen Setlist, verflüchtigt sich jegliche Besorgnis in Sekundenschnelle. Länger wie zwei Minuten dauert kein Song! Das ist in bester The Exploited und Ramones Manier dargebotener „Auf die Fresse“ Punk. Es macht mächtig Spaß und die Temperatur in der Venue steigt langsam aber sicher nach oben, genauso wie die Stimmung des Publikums. Eine sehr gute Anheizer Truppe die hier einen prima Job machen. So und nicht anders sollte es sein. Der wohlverdiente Applaus kommt daher auch reichlich vom stark begeisterten Publikum. Nach wenig mehr als einer halben Stunde ist man dann schließlich mit dem Set durch.

Setlist: Black Vampire, Poison Food, The Killer, Drop Dead, Bad Trip, Stupidity, Fuck, Bricklayer, Stealing A Tank, Hate, Greed, The Mouse, Retrasado, Love Song

 

Cellar Dwellers live2019Während die zweite Supportband nun beim Soundcheck ist, laufen die Mädels und Jungs vom Headliner gerade ein und freuen sich über helfende Hände. Die Mädels zittern wie Espenlaub und frieren sich im wahrsten Sinne des Wortes ihre zarten Ärsche ab. Man hat schon das Bühnenoutfit an, welches ja bekanntlich bei dieser Band aus sehr wenig bis noch etwas weniger besteht. Darüber nur ein dünnes Jäckchen ist nun mal bei frostigen fünf Grad Außentemperatur zu kalt. Nun ist der Soundcheck fertig und die Cellar Dwellers aus Venlo starten ihr Programm. Die Truppe ist mir ebenfalls unbekannt, aber sie wurden schon 1990 von Gitarrist Sven gegründet. Er ist auch heute noch das einzige verbliebene Gründungsmitglied. Im Laufe der Jahre gab es einiges an den üblichen  Besetzungswechseln und etliche Streitereien über die musikalische Bandbreite der Band. Und genau diese Ausrichtung ist es, die mir heute  Abend so ein wenig Durcheinander im Gehörgang bereitet. Mal etwas punkiger, dann wieder eher Nu Metal bis Hard Core lastig. Ich habe den Eindruck, dass man die Marschrichtung noch nicht so eindeutig festgelegt hat. Ganz nett ist es zugegebenermaßen schon, aber der zündende Funkle will nicht überspringen. Dass es nicht nur mein persönliches Empfinden ist drückt der eher verhaltene Applaus aus. So richtig bekommt man die Zuschauer nicht auf seine Seite. Hier sollte man wirklich einen deutlich geradlinigeren Weg beschreiten, zumal wenn man den Anheizer für eine Punkband gibt. Simple Strukturen sind da doch zuträglicher. Der alte One-Two-Three-Four Rhythmus eben, das ist es was die Leute hören wollen. Vielleicht erkennt man es auch selber, jedenfalls spielen die Musiker nicht die komplette Setlist runter sondern beendet das Programm drei Nummern vorher. Ich habe nicht den Eindruck, dass jetzt jemand wirklich böse deswegen ist.

Setlist: Cozmik Healer, Eat Your Roadkill, Don’t Know Dick, Puke & Boogie, Shoot, Enemy, S.O.S., Pussy, Porno Sluts, Rock City, White Guy, Better Daze, Ramones, Mayhem’s Trash

 

The Soap Girls live2019 1Auf zum letzten Change Over und Bühne frei für The Soap Girls, die erst einmal richtig mit anpacken müssen. Und auch Tour Managerin Sam ist eifrig mit am Verkabeln. Mittlerweile ist es ziemlich voll in der Location geworden und dann kommen auch schon die als Roboterstimmen verfremdeten Ansagen von Camille und Noemie, bevor sie die Sau fliegen lassen. Derber Punkrock aus der Hüfte gebrettert, so muss das sein. Und auch Schlagzeuger Sam Ogden, dessen Vater übrigens kein Geringerer ist als  Neil Ogden, der Mann hinter den Trommeln bei der New Wave Of British Heavy Metal Legende Demon. Es geht definitiv zur Sache hier und einmal mehr zeigt Camille Debray am Bass ihre Qualitäten als exzellente Rampensau, während ihr Schwesterherz es etwas ruhiger angehen lässt und ihre Riffs gelassen aus der Hüfte feuert. Wer die Ladies kennt, weiß dass ihr Bühnenoutfit des Öfteren zu Kontroversen  führt. Hier bleibt nur die Feststellung, wer sie deswegen anfeindet hat einfach ihre Message nicht verstanden. Heute tragen sie beide eine Art Badeanzug, der allerdings auf Bauchnabelhöhe runtergewickelt ist. Dazu nietenbesetzte derbe Schuhe und ein buntes Corpse Paint im Brustbereich. Natürlich dürfen die mit funkelnden Glitzersteinchen prächtig verzierten Kopfbedeckungen nicht fehlen. Das ist hübsch anzusehen, lenkt aber trotzdem nicht von der Musik und ihren nicht immer jugendfreien und teilweise sehr bösen und bissigen gesellschaftskritischen Texten ab. Die Mädels wissen welchen Weg sie gehen wollen und ziehen es auch durch. The Soap Girls live2019 4Wie gewohnt spart man am Papier und hat deswegen die komplette Setlist auf Arme und Beine von Camille geschrieben. Die Menge im Saal brodelt jedenfalls ordentlich und die grandiosen Seifenmädchen tun alles, um das noch weiter anzufeuern. Natürlich kommt auch der Punkt, wo man zwei Freiwillige auf die Bühne bittet, um sie ein wenig vorzuführen. Recht so, ihr sollt schließlich auch euren Spaß haben. Ein junger Mann und eine junge Frau aus dem Publikum begeben sich dann auch auf die Bühne und dürfen erst einmal einen mehr als ordentlichen Schluck des geheimnisvoll gemischten Teufelszeugs aus der Flasche nehmen. Managerin Sam hatte mir mal vor einiger Zeit erklärt, man schüttet dort alles zusammen was man so an starken Alkoholika vorfindet. Es soll ja schließlich wirken. Dabei haben die beiden Freiwilligen heuer echt Glück, das bisschen Latexmaske aufziehen oder die Buxe runterlassen um den Damenslip über zu ziehen ist ja schon sehr gemäßigt. Jetzt alle zusammen „Bad Bitch“ gesungen und die heutige Einlage ist vorbei. Aber da habe ich bei den Soap Girls schon ganz andere Aktionen erlebt. Unvergessen die Männerbrustenthaarung per Wachsstreifen haha. Aber das gehört halt zu einer solchen Show dazu, keiner wird gezwungen dorthin zu gehen. Bedingt durch ihre wilde Bühnenshow hat Camille mittlerweile den Kopfschmuck verloren und entledigt sich bei dieser Gelegenheit auch gleich der schweren Boots. Holla die Waldfee jetzt legt sie noch eine Schüppe drauf, dermaßen befreit gibt es Kicks in die Luft jetzt wie am Fließband und immer wieder geht sie, weiter Bass spielend in die Limbo Position. The Soap Girls live2019 5Da schmerzt mir schon vom Zusehen die Bandscheibe. Ein fetter Gassenhauer jagt den nächsten, ganz egal ob “Society Rejects” oder “Johnny Rotten” es rockt einfach wie Sau. Und es werden noch zwei geile neue Songs präsentiert, die auf dem im Juni erscheinenden neuen Album sein werden. Dazwischen gibt es immer wieder kurze Erzählungen über die Dinge, die einem so im Leben passieren können. Und irgendwann geht dann leider auch dieses, für eine Punkband ungewöhnlich langes Set, doch dem Ende zu. Natürlich kommt das Trio nicht ohne Zugabe von der Bühne! So gibt es noch zweimal Nachschlag bevor dann endgültig Schluss ist. Und während der eine oder andere noch langsam die Kinnlade wieder einrenken muss, stehen die Mädels schon man Merchandise bereit. So wie sie von der Bühne kommen ohne irgendwelche Allüren. Die Beiden sind so herzerfrischend kommunikativ und zugänglich, dass es eine wahre Freude ist. Ich freue mich schon auf den Herbst, wenn ihr wieder nach Deutschland kommt und in der Nähe spielt!

Setlist: One Way Street, Step Outside, Ex Girlfriend, Johnny Rotten, Society's Rejects, Original Sin, White Flag, Chains, Bitter, My Development, Bad Bitch, Fall Down, Break You, Champagne Cocaine



Autor: Pistol Schmidt - Pics: Andrea Breitenbach