NOCTURNAL BREED - Wir sind einfach alte, angepisste Männer!


Pünktlich zur Veröffentlichung ihres neuen, insgesamt sechsten Albums „We Only Came For The Violence“ betraten die norwegischen Black-/Thrasher von Nocturnal Breed beim Under The Black Sun Festival 2019 zum ersten Mal seit fünf Jahren wieder die Bretter, die die Welt bedeuten. Grund genug für uns, vor Ort einmal Band-Gründer S. A. Destroyer (Bass und Gesang) und Axeman I. Maztor (Gitarre) genauer auf den Zahn zu fühlen.

logoSebastian: Hallo Jungs, wie geht’s Euch? Danke, dass Ihr euch für Zeit uns nehmt. Ihr habt gerade mit „We Only Came For The Violence“ ein neues Album veröffentlicht.

Destroyer: Es war schön, nach fünf Jahren endlich wieder etwas zu machen. Wir mussten einfach mal wieder ein Album veröffentlichen. Wir sind einfach angepisste, alte Männer, und wenn Du ein angepisster, alter Mann bist, dann kommt so ein Album dabei  heraus.

Sebastian: Ein Song auf dem Album heißt „Sharks Of The Wehrmacht“, der ziemlich nach deutschem Stahl aus Solingen klingt. Wie kam es denn dazu?

Destroyer: Ja, wir lieben diesen Titel. Der Begriff stammt aus einer National Geographic-Doku. Ich habe den aufgeschnappt, als ich gerade mein Studio aufgeräumt habe und dachte sofort, „Das ist ein guter Name für einen Song“. Und als wir dann angefangen haben, die Riffs für den Song zu schreiben, klang es total nach Accept, aber nicht wie ein Accept-Rip-Off, sondern vielmehr wie ein Accept-Tribut. Die Vocals, die Solos, die Melodie-Linien, es wurde einfach ein moderner Accept-Song, jedenfalls so gut wir ihn spielen können.

Sebastian: Also seid Ihr Accept-Fans?

Maztor: Auf jeden Fall! Ich bin von Kindesbeinen an Fan von Accept. Ich weiß noch, wie ich als kleiner Junge in Nord-Norwegen eine schlechte Kopie von „Restless And Wild“ auf Kassette bekam. Ich war total begeistert. Dieses Album hat mich mein ganzes Leben lang begleitet. Ich liebe es. Accept bedeuten mir persönlich sehr viel. Für mich sind Accept „klassischer“ Metal. Sowas bekommst du sonst nirgendwo. Sie sind einfach die Besten.

Destroyer: Das kann man in allen unseren Songs hören. Wenn wir zusammen Musik machen, dann schwingen immer Warlock und Accept mit. Eine Kombination von Einflüssen von diesen beiden deutschen Bands ist in allen unseren Songs. Mein ganzes Leben versuche ich schon, meine „Udo-Vocals” hinzubekommen. (Mit Udo-Stimme): „Uhhhhhhh.“ Das mache ich schon seit zwanzig Jahren regelmäßig vor dem Spiegel. Und endlich habe ich es geschafft. Wenn Du Dir die alten Accept-Songs anhörst, dann ist da eine funktionierende Chemie zwischen den Gitarristen und Udo und allen anderen. Diese Chemie ist genau das, woran auch wir arbeiten. Wir setzen uns nicht hin und sagen, „So, jetzt schreiben wir mal einen richtig komplizierten Song“. Alles basiert verdammt nochmal auf Gefühl. Wenn Du etwas spielst und es sich gut anfühlt, dann ist scheißegal, ob es einfach strukturiert ist. Wenn es Deinen Kopf zu bangen bringt, dann ist es gut.

Maztor: Wenn ich mir unser neues Album anhöre, dann wippt mein Fuß immer mit. Ich denke, das sagt alles. Das ist ein Zeichen für gute Musik. Immer wenn ich eine Platte auflege, egal ob es Bon Jovi ist oder Accept oder irgendwas anderes, wenn mein Fuß von selbst mitwippt, dann ist es gut.

Destroyer: Genauso arbeiten wir auch im Studio. Wir haben das Album in vier Wochen aufgenommen. Wenn unsere Körper sich gleich im Rhythmus der Musik mitbewegt haben, wussten wir: „Das ist gut“. Wenn nicht, dann wussten wir, „Okay, den Part können wir wegwerfen und müssen uns etwas Neues überlegen“. Wir haben das ganze Album ganz spontan nur auf der Grundlage unserer Gefühle aufgenommen.

Maztor: Wir haben fast alles improvisiert. Das ist genauso, wie wir es schon bei „No Retreat…No Surrender“ gemacht haben. Wir waren in derselben Situation wie damals. Ein paar Songs hatten wir schon fertig, den Rest haben wir im Studio gemacht.

Destroyer: Die Gefühle, die Inspiration, all der ganze Scheiß, den im Kopf habe, seit ich ein 10-jähriges Metal-Kid war: Accept, King Diamond, so Zeug halt. Wir haben uns hingesetzt und uns gesagt, „Wir müssen das jetzt hinkriegen, wir haben vier Wochen Zeit“. So ist dann „We Only Came For The Violence“ entstanden. Und so wurde „Sharks Of The Wehrmacht“ ein Accept-Song. Ich hoffe, dass Udo den Song mal hört und sagt, dass das ein bisschen wie Accept klingt. Das wäre das Allercoolste.

Sebastian: Freut Ihr Euch schon auf die Live-Premiere der Songs vom neuen Album?

Maztor: Auf jeden Fall. Aber wir brauchen noch ein bisschen Zeit, damit die Songs sich setzen können und wir sie dann auch vernünftig auf die Bühne bringen können.

Destroyer: Heute ist unser erstes Konzert seit fünf Jahren. Deshalb spielen wir 90 % alte Songs, weil die Leute das hören wollen. Wenn wir dann aber richtig auf Tour gehen, dann werden wir mindestens das halbe Album live spielen. Wir haben das Album in zwei Wochen geschrieben und in vier Wochen aufgenommen, also sind die Songs auch für uns noch neu. Manchmal lege ich das neue Album auf und denke, „Wow, so hört sich dieser Song also schlussendlich an“.

Sebastian: „Habe ich wirklich dieses Solo gespielt?“

Destroyer: Haha, genau. Maztor kam ins Studio und hat in zwei Tagen alle Solos improvisiert. Nach einer halben Flasche Schnaps hat das aber super funktioniert, haha!

Maztor: Es war eine harte Zeit, weil ich nebenher auch noch arbeiten gehen musste. Ich wohne zudem in einer anderen Stadt, deshalb könnte ich nur kurz in die Rohaufnahmen reinhören und musste dann spontan meine Solos einspielen.

Sebastian: Eure letzten beiden Alben sind auf dem polnisches Label Agonia Records erschienen. Das neue Album erscheint jetzt über Folter Records aus Berlin. Wie kam es denn zu diesem Kontakt?

Destroyer: Ich kenne Jörg von Folter Records schon seit 1996, als ich mit Satyricon auf Tour war. Jörg war der lokale Veranstalter des Konzerts in Berlin und hat mich damals mit in den Folter Records-Plattenladen genommen, wo wir den ganzen Tag zusammen abgehangen haben. Ein super Typ! Seitdem ist der Kontakt über inzwischen fast 25 Jahre nie abgerissen! Agonia Records war ein total beschissenes Label, das uns nach allen Regeln der Kunst verarscht hat. Als wir sie verlassen haben, habe ich mir gedacht, „Das nächste Mal brauchen wir ein anständiges Label mit Old School-Typen, die uns verstehen“. Und genau das ist Folter Records. Mit Folter Records funktioniert alles auf Handschlag-Basis. Wir haben keinen schriftlichen Vertrag. Es ist vollkommen anders als bei den anderen Labels, bei denen wir bisher waren. Ich vertraue Folter Records uneingeschränkt. Bisher haben sie exzellente Arbeit für uns gemacht. Es gibt nur „Ja“, kein „Nein“. Und wenn irgendwas mal schwieriger ist, heißt es, „Wir versuchen, das hinzubekommen“.

Maztor: Ich habe großen Respekt vor Folter Records und ein gutes Gefühl. Sie machen ihre Arbeit richtig, auf die Old School-Art. Unsere Zusammenarbeit basiert auf Vertrauen. Und wenn Du jemandem vertrauen kannst, dann stimmt auch das Ergebnis. Das sieht man auch beim neuen Album. Es fühlt sich einfach gut an mit Folter Records. Es geht ihnen nicht ums Geld verdienen. Es geht ihnen um die Musik. Sie haben uns wesentlich besser promotet als alle anderen Labels, auf denen wir bisher waren. Wir haben jetzt endlich jemanden, der uns den Rücken stärkt. Das ist ein tolles Gefühl. Für unser letztes Album auf Agonia Records haben wir nicht einmal die Kohle fürs Studio bekommen und mussten alles selber bezahlen. Sowas hat natürlich auch negativen Einfluss auf die Produktion und das gesamte Endprodukt.

Destroyer: Du verlierst verdammt nochmal jegliche Inspiration, wenn Dein Label gegen Dich arbeitet. Agonia Records schulden uns immer noch 5000 Kröten für das Album. Das sagt alles. Das ist total bescheuert. Jetzt mit Folter Records heißt es immer nur, „Ja, ja, ja“. Sowas motiviert Dich natürlich noch einmal extra. „Können wir dieses T-Shirt machen?“ Zack, am nächsten Tag ist das T-Shirt da. Ich liebe es, wenn es so gut läuft. Es geht nicht ums Geld, es geht nur darum, es richtig zu machen. Das war besonders in den 2000er-Jahren echt schwer.

Sebastian: Nocturnal Breed gibt es seit 1996. Ihr werdet teilweise als die „Erfinder“ des Black-/Thrash-Genres bezeichnet. Was hat Euch dazu gebracht, damals diesen Stil zu spielen?

Destroyer: Ich habe damals bei Satyricon und Gehenna gespielt. Bei Gehenna bin ich ausgestiegen, weil nach zwei Alben das Gefühl einfach nicht mehr da war. Als ich dann bei Satyricon angefangen habe, ist das verdammte Gefühl auch da verloren gegangen. Ich saß mit Satyricon im Tourbus, irgendwo hier in Deutschland, habe mir die Leute angeschaut und die Musik angehört und dachte mir nur, „Das geht hier in die falsche Richtung, alles geht in die falsche Richtung“. Noch während der Tour habe ich mir vorgenommen, eine neue Band zu gründen und sie Nocturnal Breed zu nennen. Ich musste einfach zu meinen Wurzeln zurückkehren. Ich konnte nicht mehr so weitermachen wie bisher. Zuhause habe ich dann erst einmal wieder meine alten Alben von Accept, King Diamond, Iron Maiden und Motörhead aufgelegt. Dann habe ich Silenoz von Dimmu Borgir angerufen, mit dem ich zusammen aufgewachsen bin, und habe zu ihm gesagt: „Lass uns einfach eine Band gründen, wir veröffentlichen keine Alben, spielen nur für unsere Freunde und machen nur Demo-Tapes.“ Und es hat viel besser funktioniert, als wir das jemals erwartet hätten. Das Ganze ist förmlich durch die Decke gegangen, und wir haben doch Alben veröffentlicht. Aber es blieb trotzdem Metal-Musik für unsere Metal-Freunde, ohne dass es sich nach Nuclear Blast oder Dimmu Borgir anfühlte.

Maztor: Wenn wir Musik machen, dann wollen wir Musik machen, die uns gefällt, und die wir uns auch selber gerne anhören. Es soll Spaß machen. Es kann auch simpel sein, Hauptsache ist, dass das Gefühl stimmt und Dein Körper in Bewegung kommt.

Destroyer: Es geht immer ums Gefühl. Das wichtigste beim Metal ist das Gefühl. Wenn man sich das erste Album von Iron Maiden anhört, eigentlich das erste Album jeder Metal-Band, dann geht es ums Gefühl, um die Hingabe zur Musik. Sie haben sich keine Gedanken ums Geld gemacht, sie haben sich keine Gedanken um gar nichts gemacht. Und dann auf einmal ändert sich alles. Ich kenne keine Band, außer vielleicht Motörhead, die sich nicht des Geldes oder des Ruhmes wegen verändert hat. Wir wollten mit Nocturnal Breed einfach wieder zum „Street-Level“ zurück und auch da bleiben. Es wird bald einen Dokumentar-Film geben, in dem wir auch vorkommen, und da gibt es den tollen Satz: „Stell Dir vor, Dein Leben wäre das erste Iron Maiden-Album, und lebe Dein Leben genau so“. Es ist verdammt einfach: Jeans-Weste und ein Bier auf der Straße.

Maztor: Du kannst das simpelste Riff der Welt spielen, mit nur zwei Akkorden, aber wenn Du es richtig machst, mit dem richtigen Gefühl, dann wird es gut klingen.

Destroyer: Unser populärster Song, neben „Rape The Angels“, ist „Screaming For A Leather Bitch“. Diesen Song haben wir in zwei Stunden geschrieben und in einer Stunde aufgenommen; nicht groß drüber nachgedacht, einfach losgelegt. Und das ist der Song, den wir immer und immer wieder spielen. Drei Riffs, eigentlich nicht mal ein richtiges Riff. Aber der Song hat halt das richtige Feeling. Das ist der Schlüssel.

nocturnal breedSebastian: Du hast schon Silenoz von Dimmu Borgir erwähnt. Am Anfang hattet Ihr auch noch ein zweites Mitglied von Dimmu Borgir dabei, nämlich Shagrath. Musikalisch hat sich das aber nicht auf den Sound von Nocturnal Breed ausgewirkt. Und wir brauchen auch in der Zukunft kein „Mourning Palace“-Cover von Nocturnal Breed zu befürchten, oder?

Destroyer: Haha, definitiv nicht. Vielleicht hört man ein bisschen Dimmu Borgir auf dem „Aggressor“-Album und bei unseren Demo-Songs, weil wir da Shagrath an den Keyboards hatten. Wir wollten aber auf gar keinen Fall das Dimmu Borgir-typische Keyboard-Gedudel haben. Ich mag einfache, simple Keyboard-Sounds, die den Gitarren folgen. Damit bin ich aufgewachsen. Wir haben aber tatsächlich ein paar Cover-Songs auf dem neuen Album, und zwar von einer norwegischen Band namens Storm, deren Demo im Jahr 1993 erschienen ist. Niemand kennt dieses Demo! Es macht echt Spaß, Songs zu covern, die noch nie jemand zuvor jemals gehört hat. Das sind echt tolle, Bathory-würdige Songs. Das ist verdammt cool!

Sebastian: Vader haben das mit auf ihrem „Future Of The Past II“-Album ja auch gemacht, wo sie fast nur Songs von obskuren polnischen Bands aus den 1980ern gecovert haben, die selbst beinharte Metal-Fans nicht kannten.

Destroyer: Exakt. Das ist total cool, weil du diese Musik so den Leuten zeigen kannst. Als ich ganz klein war, habe ich zum Beispiel „Diamonds And Rust“ von Judas Priest gehört, ohne zu wissen, dass das eigentlich ein Cover von Joan Baez ist. Und dann haben Slayer Cover von Judas Priest gespielt, zu denen ich als 10-jähriger total abgegangen bin. Und 15 Jahre später ist mir dann aufgefallen, „Verdammt, das ist ja ein Judas Priest-Song“. So sollte man Coversongs spielen. Es macht für uns keinen Sinn, ein Cover von Iron Maiden oder Ozzy Osbourne zu spielen. Warum zur Hölle sollten wir das machen? Wir suchen uns lieber etwas Abgefahrenes aus.

Sebastian: Also gehen Nocturnal Breed lieber den Weg wie Metallica auf der „Garage Days“-EP?

Destroyer: Ganz genau. Blitzkrieg, Diamond Head, Killing Joke. Wir hatten damals nicht die leiseste Ahnung hatten, dass es diese Bands überhaupt gibt. Und dann kamen Metallica und haben der Welt diese Bands präsentiert. Das ist genau der richtige Weg. Niemand braucht ein Iron Maiden-Cover, die kennt jeder. Deswegen haben wir Storm gecovert, und es ist richtig gut geworden, finde ich. Ich kenne Storm noch aus Demo-Zeiten in Stavanger, an der Westküste Norwegens. Von dem Demo sind vielleicht fünfzig Stück verkauft worden, und der Typ, der dahinter steckt, hasst es. Er will überhaupt nichts mehr damit zu tun haben. Nun gut, dann zeigen jetzt halt wir mit Nocturnal Breed der Welt diese Songs.

Maztor: Ich kannte Storm überhaupt nicht, bis Destroyer sie mir vorgespielt hat. Die beiden Coversongs auf „We Only Came For The Violence“ sind auf jeden Fall super geworden.

Sebastian: Es kursiert im Internet ein Spruch über Nocturnal Breed, der Euch meiner Meinung nach sehr treffend beschreibt: „Eine Band wie Nocturnal Breed ist was herauskommt, wenn ein Haufen angeblich humorloser Black Metal-Musiker es leid ist, ständig grimmig und nihilistisch zu posieren, und sich entscheidet, zur Abwechslung etwas Spaß zu haben“. Passt das?

Destroyer: Fuck yeah!

Maztor: Das sind wir! Das fasst Nocturnal Breed ziemlich gut zusammen. Für mich persönlich ganz besonders, denn bis ich aus dem Norden Norwegens nach Oslo gezogen und bei Nocturnal Breed eingestiegen bin, hatte ich noch nie Black Metal gehört.

Destroyer: Du kanntest allerdings Ted von Darkthrone.

Maztor: Das stimmt, ich wusste allerdings nicht, dass er Ted von Darkthrone ist, haha. Ich bin mit Glam Metal und Thrash Metal aufgewachsen, und das ist auch, was ich zum Sound von Nocturnal Breed beigetragen habe. Ich meine, das kann man auch hier und da in unserer Musik hören, genauso meine Motörhead-Einflüsse wie im Song „Fist Of Fury“ vom „No Retreat…No Surrender“-Album, den ich geschrieben habe. Das ist die Art von Songs, die ich mag. Drei Riffs, gutes Tempo und das Feeling. Du siehst, wir kommen immer zurück zum Gefühl. Darum geht es für mich.

Destroyer: Das ist, warum der Spruch perfekt auf uns passt. Ja, ich lächle! Man muss im Leben auch lächeln. Wenn ich auf die Bühne gehe, habe ich eine verdammt gute Zeit. Das war auch so, als ich noch bei Satyricon und Gehenna gespielt habe. Aber mit Corpsepaint lächelst Du nicht, denn dann siehst Du aus wie ein Clown. Aber mit Nocturnal Breed liebe ich es auf die Bühne zu gehen und den Leuten auch zu zeigen, dass es mir gefällt. Ich spiele mit meinen Kumpels die Musik, die all das beinhaltet, was mich beeinflusst hat. Maztor ist unser Glam Metal-Guy, dann haben wir einen Death Metal-Guy und einen Black Metal-Guy. Wir haben viele unterschiedliche Typen in der Band, vermischen die verschiedenen Einflüsse und haben verdammt nochmal Spaß dabei.

Sebastian: Also ist Maztor Dein Mick Mars, und Du bist Nikki Sixx?

Destroyer: Haha, ja. Solange ich nicht Vince Neil bin, passt das. Maztor ist mein Andy LaRocque, und ich bin King Diamond. Oder ich bin Blackie und Maztor ist Chris Holmes.

Maztor: Das klingt eher nach mir, denn Andy LaRocque ist nie betrunken auf der Bühne.

Destroyer: Haha, korrekt. Andy LaRocque ist aber wirklich der beste Gitarrist überhaupt.

Maztor: Das stimmt, er ist einer meiner Lieblings-Gitarristen und beeinflusst mich auch heute noch; genauso Phil Campbell von Motörhead. Der ist auch eins meiner Idole. Diesen rohen, bluesigen Rock-Stil kann keiner auf der Welt besser spielen als Phil. Daher kommt auch dieses Party-Feeling bei Motörhead. Die Blues-Riffs, die Blues-Solos, einfach fantastisch.

Destroyer: Wir haben in der Band eine Regel: Wenn wir einen Song schreiben und nicht weiterkommen, einfach eine Prise Motörhead hinzugeben. Das hilft immer! Das haben auch Metallica auf ihren ersten Alben gemacht. Die sind total von Motörhead und Diamond Head inspiriert. Es gibt zahlreiche Momente auf den Alben, wo man sofort merkt, dass Metallica sich „Was würde Lemmy jetzt tun? Oh, er würde das so und so machen“ gedacht haben. Hör Dir „Kill 'Em All“ an, das sagt alles. Für mich ist die ultimative Band aber Coroner. Jesus Fucking Christ. Diese Band ist für mich pure Magie. Als ich jung war, habe ich mir das „R.I.P.“-Album auf Kassette gekauft, und als ich nach Hause kam, hatte ich nur noch Ohren für Coroner. Scheiß auf Metallica, scheiß auf Anthrax, scheiß auf alle anderen. Das hat alles für mich verändert. Es ist echt schade, dass Coroner aktuell kein neues Album mehr gemacht haben. Sie touren zwar noch, aber da spielen sie dieses vermaledeite „Grin“-Album. Liebe Jungs von Coroner, wenn Ihr das lest: Wer zur Hölle will „Grin“ hören, wenn es auch „R.I.P.“ und die ganzen anderen Glanztaten gibt? Verdammte Scheiße nochmal! Wir haben vor ein paar Jahren mit ihnen zusammen gespielt, und es war cool, aber sie spielen halt vor allem die neueren Songs.

Maztor: Beim South Of Heaven Fest in Oslo haben Coroner nach uns gespielt, und die Leute sind tatsächlich nach der Hälfte der Coroner-Show gegangen und meinten zu uns, dass unsere Show einfach kraftvoller und mehr auf den Punkt war.

Sebastian: Die norwegische Black Metal-Szene hat ja kürzlich durch den „Lords Of Chaos“-Film einiges an Aufmerksamkeit im weltweiten Mainstream bekommen. Habt Ihr den Film gesehen?

Destroyer: Meiner Meinung nach ist der Film Schrott. Ich habe ihn nicht gesehen, sondern mir nur die Trailer angeschaut. Weil ich ja damals wirklich selbst dabei war, kann ich sagen: Es ist alles sehr falsch. Einige Parts sind ziemlich cool, wie zum Beispiel die Szene mit Mayhem auf dem Bahnhof, wo sie auf der Bank liegen. Solche Sachen sind gut gemacht. Aber das grundsätzliche Thema ist viel zu sehr amerikanisiert, viel zu sehr Hollywood. Der Film reißt einige Sachen aus dem Kontext und verfälscht sie dadurch, nur um das Ganze besser verkaufen zu können. Ich bin echt ambivalent und weiß nicht, wie ich mich dabei fühlen soll. Das ganze Geschehen ist ja damals quasi vor meiner Haustür abgelaufen. Deshalb bin ich skeptisch. Wir Norweger sind ja grundsätzlich skeptisch, und deshalb hoffe ich, dass der Welt der Film gefallen wird. Ich befürchte aber, dass der Film alles kaputt und vor allem noch kommerzieller machen wird. Ich erinnere mich gerne daran, als die Black Metal-Szene auf der ganzen Welt nur aus 1000 Leuten bestand. Das war die geilste Zeit! Heutzutage ist Black Metal überhaupt nichts Besonderes mehr. Das liegt an Labels wie Nuclear Blast und völlig überproduzierten Bands wie Behemoth, Dimmu Borgir oder Dark Funeral. Black Metal ist heutzutage wie ein Lego-Kit, total standardisiert. Wenn Du 15 Jahre alt bist und anfängst Black Metal zu hören, bekommst Du das Anfänger-Kit mit den ersten drei Burzum-Alben und den ersten drei Darkthrone-Alben. Das ist halt einfach nur blöd. Das ist mit allen Metal-Stilrichtungen so passiert. So ging es mit dem Glam Metal, dem Thrash Metal und dem Death Metal. Da war klar, dass es irgendwann auch mit dem Black Metal passieren muss. Black Metal hat meiner Meinung nach sehr lange überlebt. 20, 25 Jahre. Ich weiß nicht, ob Death Metal solange überlebt hat, der war ja zwischendurch ja einfach mal für ein paar Jahre verschwunden. Glam Metal war sogar einfach mal für 20 Jahre weg.

Maztor: Black Metal ist allerdings immer noch Musik für Außenseiter-Kids, auch wenn die Magie mittlerweile irgendwie verschwunden ist.

Destroyer: Das ist aber auch irgendwie normal. Das ist wie bei uns. Ich habe Black Sabbath in den 1970ern nie live gesehen, obwohl ich in den 1970ern geboren bin. Aber trotzdem kann ich mir die Platten anhören und sie mögen. Ich hoffe, dass das mit Black Metal genauso kommt. Aber der neue Kram berührt mich nicht mehr. Sorry Dimmu Borgir, Ihr wisst, ich liebe Euch, aber das neue Album juckt mich einfach nicht mehr.

Maztor: Es ist einfach zu glattgebügelt und zu sehr Mainstream. Das hat alles keine Substanz mehr. Das wird uns bestimmt einigen Ärger einbringen, dass wir das so sagen, haha.

Destroyer: Wir sind kauzige, alte Männer, wir dürfen das, haha. Wir sagen, was wir denken. So sind wir nunmal. Ich brauche niemandem zu heucheln. Ich muss nicht sagen, „Satyricon sind super“, denn nein, Satyricon sind nicht super. Sie klingen einfach nur scheiße. Ich will Satyricon sehen, wie sie in den Wald gehen und durch den Schnee wandern. Ich brauche kein „Business-Satyricon“.

Maztor: Jetzt spielen die auch noch zusammen mit irgendwelchen norwegischen Popstars.

Destroyer: Das ist nicht mehr, worum es beim Black Metal geht.

nocturnal breedSebastian: Aber zum Glück gibt es ja noch Nocturnal Breed, die die Fahne des echten Metals weiter hochhalten. Was können wir denn in der Zukunft von Euch noch erwarten?

Destroyer: Kontroversen. Ich will einfach jeden provozieren. Jemand hat über unser neues Album gesagt, dass es wie eine Gruppe Typen ist, die auf eine Party kommt und sich einfach nur prügeln will statt zu feiern. Das trifft es ziemlich gut. Das ganze Album ist so gestaltet, dass ich will, dass die Leute darauf reagieren und sich angegriffen fühlen, zum Beispiel bei Songs wie „Bless The Whore“. Es kommen tatsächlich Leute zu mir und sagen, „Du kannst den Song doch nicht „Bless The Whore“ nennen“. Scheiße nochmal, natürlich kann ich den Song „Bless The Whore“ nennen! Wenn wir auf der Welt keine Nutten hätten, hätten wir uns schon vor Tausenden von Jahren alle gegenseitig umgebracht. Wenn die Nutten ihren Job nicht gemacht hätten und es den Leuten nicht ordentlich besorgt hätten, wäre die Menschheit schon längst untergegangen. Ich mag es zu provozieren. Ich mag es, etwas „Inkorrektes“ zu sagen, aber damit das Richtige zu tun.

Maztor: Die Leute sollten sich nicht immer sofort aufregen und nicht immer alles sofort nach dem ersten Blick bewerten. Man muss sich immer erst richtig mit etwas beschäftigen, bevor man es kritisiert.

Destroyer: Informiere Dich, lies etwas darüber und schalte Deinen Kopf ein, dann darfst Du kritisieren. Ansonsten solltest Du Dich raushalten.

Maztor: Kritisiert uns ruhig, das ist uns scheißegal! Wir sind zu alt und zu betrunken, um uns darüber aufzuregen. Wir haben das schon unzählige Male erlebt. So sind wir nunmal und so denken wir. Das müsst Ihr akzeptieren. Aber ich hoffe, dass Ihr Spaß dabei habt.

Sebastian: Ich hatte auf jeden Fall Spaß! Vielen Dank Jungs und alles Gute für die Zukunft.

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Autor: Sebastian Thiel