OCEANS OF SLUMBER, THE DEVIL‘S TRADE

Köln, Blue Shell, 13.08.2019

oceans of slumber live2019 4Gerade sind wir ausgeruht aus dem Urlaub zurück, da steht schon das erste Konzert an. Ins mehr als traditionsreiche Blue Shell geht die Fahrt heute und man merkt sofort dass noch Ferienzeit ist. Nach wenig mehr als einer Viertelstunde sind wir schon an der Venue, wo noch alle Türen verschlossen sind. Und selbst die Parkplatzsuche ist heute überhaupt kein Thema, schier unglaublich! Also gehen wir zuerst einmal zum Pizza Bäcker nebenan, um die Figur in Form zu halten. Leider machen sich die zwei heutigen Konkurrenz Veranstaltungen in Köln, nämlich Soilwork und Hypocrisy in der Essigfabrik sowie Caspian in Club Volta, dann doch bemerkbar. Um es mit den Worten von Loriot auszudrücken; es bleibt sehr übersichtlich im ohnehin recht kleinen Saal.

 

the devils trade live2019Als Eröffner des heutigen Konzert Abends, betritt um viertel vor Neun The Devil’s Trade die Bühne. Hierbei handelt es sich um ein Ein-Mann-Projekt eines aus Budapest stammenden Musikers. Der ungarische Sänger und Gitarrist Dávid Makó kommt augenscheinlich aus der Doom- und Stoner Rock Szene und präsentiert hier megafette Rockriffs mit starkem Blues Einschlag. Dazu kann der Mann eine unglaubliche Stimme vorweisen, die stellenweise an Eddie Vedder von Pearl Jam und auch an Marl Lanegan von den Screaming Trees erinnert. Obwohl hier alles andere als Tempo angesagt ist, kommen seine Lieder sehr intensiv und tonnenschwer mit absolutem Schwermut Faktor herüber. Verzweiflung und Hoffnung geben sich die Hand und mehr Emotionen kann man dem Publikum kaum geben. Fast zu jedem Stück präsentiert er eine andere Gitarre und selbst ein Banjo kommt zum Einsatz. Stellenweise sind die Stücke mit Samples unterlegt, die deren Intensität noch verstärken. Faszinierend und mitreißende Musik der man sich schwerlich entziehen kann. Und bei dem Lied über seine tote Schwester, die lange vor seiner eigenen Geburt starb laufen im gar ein paar Tränen aus den Augen. Witzig auch der kleine Aufkleber auf seinem Pedal Board „Happy Music Is Shit“. Diesen Leitspruch findet man dann auch am Merchandise, auf ein T-Shirt sowie auf eine Stofftasche gedruckt wieder. Das Sahnehäubchen einer unglaublich starken Performance!

Setlist: St James Hospital, I Can Slow Down Time Pt. 2, 12 To Die 6 To Rise, Pusztinai Nagy Hegy Alatt, Dead Sister, No One Here, No Arrival

 

 

oceans of slumber live2019 1Nach flottem Umbau geht es nun weiter mit dem Headliner Oceans Of Slumber, die ich heute zum zweiten Mal erleben darf. Diese Band aus Houston in Texas ist einfach unglaublich, ihre Musik sprengt jegliche Ketten und Genregrenzen. Wer will findet hier alle Elemente der diversen Spielarten, sei es Southern Rock, Death, Jazz, Progressiver Rock, Doom und düstere, ätherische Klänge, die an die Niederländer von The Gathering erinnern. Hier flechten erstklassige Musiker ihr Können zu einem Malstrom tief ergreifender Songs zusammen. Es ist schon ein purer Hochgenuss, Schlagzeuger Dobber Beverly zu hören. Was dieser Mann aus seiner relativ minimalistischen Schießbude herausholt ist schierer Wahnsinn. Da kann sich mancher Trommler mit riesigem Show Set Up mal ganz verschämt in die Ecke stellen. Und über allem natürlich Cammie Gilbert, die Sängerin mit dem unglaublichen Soul in der Stimme. Jedes Stück ein Highlight, die Zuschauer sind begeistert und der Applaus ist trotz der überschaubaren Anzahl im Saal wirklich riesig. In meinen Augen ist das mehr als verdient für diesen Sechser. Eine Symphonie von verschiedenen Klängen und Stilen, die zu einem großartigen Gesamtkunstwerk verschmelzen. Selbst die sehr spezielle Version von „Nights In White Satin“ ist ein Stück mit absoluter Gänsehautgarantie. Eigentlich müsste diese Band riesige Hallen füllen und nicht solch kleine Venues wie das Blue Shell. oceans of slumber live2019 2Andererseits hat es aber natürlich den Vorteil, dass man als Publikum hautnah dabei ist und somit mittendrin im Geschehen. Da bleibt keine Regung, keine Geste der Musiker im bunten Licht der Scheinwerfer verborgen. Für den Zuschauer gibt es wohl kaum eine gefühlsechtere Darbietung, als vorne am unmittelbaren Bühnenrand. Gerne hätte ich auch das Duett „No Color, No Lights“ einmal live mit Tom Englund von Evergrey gehört wie in der Studioversion. Der Song wurde natürlich trotzdem gespielt, aber eben ohne Herrn Englund. Scheinbar hat es mit einer gemeinsamen Tour aber diesmal nicht geklappt.  Nach einer guten Stunde ist die Show leider zu Ende, was wohl auch an Restriktionen durch die Nachbarschaft bedingt ist. Somit ist aber noch Zeit für eine netten Plausch mit den Musikern, die freudig ihre Vinyls und CDs signieren und die diversen Fotowünsche erfüllen. Eine sehr sympathische Truppe, die ich mir immer wieder gerne anschaue.

Setlist: Winter, Apologue, This Road, Nights In White Satin, The Decay Of Disregard, At Dawn, A Path To Broken Stars, No Color No Light, The Banished Heart



Autor: Pistol Schmidt - Pics: Andrea Breitenbach