PYOGENESIS - A SILENT SOUL SCREAMS LOUD


Label:AFM
Jahr:2020
Running Time:39:57
Kategorie: Neuerscheinung
 

Der Werdegang von Pyogenesis gleicht einer bunten Reise quer durch die Musiklandschaft. Anfang der neunziger Jahre, wurden zunächst noch Death Metal Pfade bestritten. Auch Doom- und Gothic Metal Passagen wurden gerne zur Auflockerung verwendet. Mit den Alben „Sweet X-Rated Nothings“ und „Twinaleblood“, hatte die damals in Stuttgart ansässige Truppe, vermehrt auf cleanere Vocals gesetzt und zwei feine Klassiker veröffentlicht. Auf der anschließenden CD „Unpop“ folgte dann die komplette Abkehr vom Metal und man verzettelte sich für meine Begriffe zu oft mit lieblich klingenden Alternative Rock Melodien, denen jeglicher Biss fehlte. Alte Weggefährten verloren das Interesse an der Band (mich eingeschlossen). Fairerweise muss man jedoch auch erwähnen, dass sie dafür zahlreiche Fans aus anderen Lagern neu hinzugewinnen konnten. Nach poppig angehauchtem Punkrock auf dem Album „She Makes Me Wish I Had A Gun“, verringerten sich dann urplötzlich die Aktivitäten. Dreizehn Jahre mussten vergehen, bis der mittlerweile in Hamburg wohnhafte Frontmann Flo V. Schwarz, Pyogenesis mit einem neuen Album wieder Leben einhauchte. Im Jahr 2015 erschien das fieberhaft erwartete Comeback Album „ A Century In The Curse Of Time“. Dieses sollte den ersten Teil einer viktorianischen Trilogie einläuten. Musikalisch war die Band wieder auf der Höhe und deckte alle Schaffensphasen ihrer langen Karriere ab. Auch der zweite Teil, welcher „A Kingdom To Disappear“ betitelt wurde, geht in diese Richtung.Die Songs klingen gegenüber dem guten Vorgänger sogar noch ein wenig ausgewogener und frischer.

Nun veröffentlicht die vielleicht eigenwilligste Band Deutschlands, den letzten Teil ihrer Trilogie. Wie schon bei den beiden vorausgegangenen Werken, wurde erneut Stan W. Decker als Cover Zeichner auserkoren. Auch diese wunderschöne Außenhülle zeichnet sich durch eine wirklich sehr detaillierte Arbeit aus. Da gibt es eine Menge zu entdecken und zu bestaunen. Das trifft aber auch musikalisch zu! Einzelne Titel möchte ich hier gar nicht erst hervorheben, denn es ist definitiv wieder eine Platte geworden, die man vielmehr als Gesamtkunstwerk betrachten sollte. Und genau wie beim faszinierendem Cover Artwork, setzt sich die musikalische Kunst, aus ganz vielen verschiedenen Elementen zusammen. Jeder Song klingt anders. Da gibt es Blastbeats, Growls, Melancholie, Dramatik, akustische Momente, atmosphärische Klänge, dezente Chöre, massenhaft geile Riffs und noch mehr packende, hochmelodiöse Gesangparts. Überhaupt ist Flo´s Stimme atemberaubend schön. Wenn es jemand schafft Verzweiflung, Dramatik, Aggressivität aber auch Hoffnung und Freude in die Stimmfarbe zu integrieren, dann muss man diesen Sänger zweifelsohne zu den ganz Großen seines Fachs zählen. Die überaus packenden Melodiebögen werden dabei gekonnt an den exakt richtigen Stellen in den Vordergrund gerückt. Das Songwriting ist ununterbrochen auf allerhöchstem Niveau.

An allen Ecken und Enden besticht „A Silent Soul Screams Loud“ durch Abwechslung. Die vielen Überraschungsmomente sorgen stets dafür, dass bei aller Eingängigkeit der Scheibe, selbst bei Dauerrotation niemals Langeweile aufkommt. Pyogenesis haben sich dafür lediglich an der Crème de la Crème ihres eigenen bisherigen Schaffens bedient und aus diesen Bausteinen ein wahres Monster geformt. Egal unter welchen Voraussetzungen, die Band hat überall an den richtigen Stellschrauben gedreht und liefert hier ausnahmslos überzeugende Arbeit ab. Da ist es vollkommen egal, ob es sich um ein ruhigeres, episch angehauchtes Stück, oder eher um ein brachiales Lied handelt. Dabei bleiben die vier Jungs ihrem Motto treu, denn Eigenständigkeit, aber auch Eigenwilligkeit haben sie sich seit jeher auf ihre Fahnen geschrieben. Typische Merkmale der Band, wie beispielsweise ihr Facettenreichtum, blieben erhalten. Trotzdem hat man sich auch wieder ein kleines Stück weit neu erfunden. Das Beste aus all ihren musikalischen Welten ergibt unter dem Strich für mich auch das beste Pyogenesis Album überhaupt. Da ich hier nicht einen einzigen Makel ausmachen kann und mich das Album emotional gepackt hat, rücke ich überaus beeindruckt die Höchstnote raus.

Note: 10 von 10 Punkten
Autor: Dirk Determann


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