DOCUMENT 6 - GRIND (R)EVOLUTION


Label:SELBSTVERTRIEB
Jahr:2019
Running Time:34:40
Kategorie: Eigenproduktion
 

Ich rezensierte zuletzt das Nachfolgealbum „Grindpas Hobby“, das mich für ein Grindcorealbum recht gut unterhielt. Hier nun also der Vorgänger und gewisserweisen auch der Wegbereiter. Dadurch, dass die die Reihenfolge also nicht stimmt, macht es mir dieses Review etwas schwerer. Document 6 stammen aus meiner Heimatstadt Aachen und sind seit 2012 aktiv. Schaut man sich die Titelliste und die Texte im Booklet an (mitsingen klappt übrigens nicht wirklich), so wird auch auf diesem Werk klar, dass sie politisch entschlossen links stehen. Umso merkwürdiger erscheint das Intro der CD, das uns anstatt mit grindcoretypischeren Horrorsamples mit einem Deutschen Marsch („Heute gehört uns Deutschland…“) begrüßt. Während ich noch rätsele, ob ich die richtige CD und nicht Opa Horsts Lieblingsmarschalbum eingelegt habe, lösen schwere Gitarren meine Irritation auf. Okay, kann man machen. Die „Alerta Antifascista“-Rufe am Ende des letzten Tracks machen dann aber endgültig klar, wohin der Hase läuft. Obwohl es sich um Grindcore handelt, sind die Tracks doch recht facettenreich und teilweise mit Längen von über zweieinhalb Minuten schon beinahe episch lang. Immerhin ist mit „Tod“ auch ein „richtiger“ Grindsong mit nur dreiundzwanzig Sekunden Länge vertreten.

Der Gesang ist sehr abwechslungsreich, jedoch ist der Sänger nicht in jeder Stimmlage überzeugend. Die meist ohne große Effekte natürlich belassenen, gegrowlten Vocals klingen nämlich leider oft ein wenig gequält und dünn. Neben tagespolitischen Geschehnissen und sozialpolitischen Themen werden natürlich auch genretypische Sujets behandelt. Der Klang ist recht rund, wenngleich an vielen Stellen relativ drucklos. Die Snare ist präsent, ob das Schlagzeug, dass immer absolut tight sitzt, über eine Bassdrum verfügt, bleibt leider oft unklar, der Gesang steht -nicht immer zur Freude des Hörers- sehr im Vordergrund. Aufgelockert wird das Werk durch allerlei zu den Tracks passenden Samples, die sich rund in das Gesamtbild einfügen. Das recht klamaukige „Volxmusick“, das unangenehme Assoziationen zu Eisregens Bierliedern weckt, und der vorletzte Track „Weihnacht“, der aufgrund des schiefen Gekreisches (gefolterte Schlümpfe auf Acid?) im Hintergrund die Gefahr von Ohrenkrebs mit sich bringt, machen etwas ratlos und wirken wie Fremdkörper auf diesem ansonsten doch ziemlich runden Album.

Dass es nicht ans Nachfolgewerk heranreicht, weiß ich nun, jedoch ist auch diese Veröffentlichung ein Lichtblick zwischen vielen anderen, oft Sinn- und Inhaltslosen Veröffentlichung dieses Genres. Musikalisch und textlich recht nah an ursprünglichen Punk orientiert, kann dieses Album sowohl Fans des einen, wie auch des anderen Genres ansprechen. Wer gerne Grindcore hört und nicht dadurch überfordert ist, dass hier keine halbe Stunde am Stück Blastbeat geboten, sondern variantenreich gespielt wird, sollte guten Gewissens mal reinhören. Der Hörspaß wird lediglich aufgrund des nicht immer stimmigen Mixes (tatsächlich aber von Song zu Song unterschiedlich) und den leider nicht immer gut performten Vocals (okay, für mich auch auch wegen der Musikrichtung) geschmälert, dennoch legen die Aachener hier ein rundum überzeugendes Werk vor, dass zwar im Schatten des Nachfolgers steht, sich aber hinter diesem nicht verstecken muss.

Note: 6.5 von 10 Punkten
Autor: Andreas Sprack


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