MADNES - Meine Texte bestehen eher aus Antisocial Fuck Off Attitude!


Das erste Mal hörte ich von den Thrashern MadneS, als ich ihr erstes Album „Die With Your Beer On" zum Rezensieren auf CD bekam. Ein Jahr später folgte der Support Slot für Hellhammer in der Essener Zeche Carl. Nun erschien kürzlich ihr zweites Album „Let The World Burn" auf Vinyl. Grund genug, einmal Gitarristin und Sängerin Dara Kaos zu kontaktieren, die die Band-Geschichte dieser noch recht unbekannten Combo einmal von hinten aufzurollen.

logoDaniel: Hi Dara! Na, alles klar? Bei Metal Archives steht, dass MadneS 2012 in Russland gegründet wurde. Stimmt das?

Dara: Ja, das stimmt. Das war damals mein Mittelfinger für alle, die mir gesagt haben, dass ich selber nie musikalisch irgendwas auf die Beine stellen werde, dass ich es nicht schaffen werde, irgendwas zu veröffentlichen, dass ich nur eine Frau bin, und ich solle besser die Klappe halten, haha!

Daniel: Wann bist Du nach Deutschland gekommen, und wie kam es dazu?

Dara: Nach Deutschland bin ich in 2014 gegangen, direkt nach der Aufnahme von des ersten Demos, „Under Flag Of Hate“. Mir war damals schon klar, dass ich mit MadneS dort nicht weiterkommen werde, weil mich in der Metal Underground-Szene keiner ernst nehmen wird als Frau auf der Bühne. Deswegen war der Weg nach Europa für mich sehr befreiend.

Hast Du Dir dann erst in Deutschland eine feste Besetzung gesucht? Oder gab es die in Russland auch schon?

Dara: Nach Deutschland bin ich zusammen mit dem Schlagzeuger Paul ausgewandert. Der hat sich in 2013 MadneS angeschlossen. Vorher bestand MadneS nur aus mir, mit der Hilfe von einem Kumpel, der für mich das Schlagzeug bei der ersten EP „Anti Posers Patrol“ aufgenommen hat. Den Paul habe ich durch Zufall kennengelernt, als Frontmann (Sänger und Bassisten) einer Motörhead Tribute-Band. Wir haben den ganzen Abend über Lemmy, Venom und das ganze Achtziger-Zeug gequatscht, bis er schließlich erzählt hat, dass er eigentlich Drummer ist. Das hat für mich super gepasst, weil ich genau zu dem Zeitpunkt einen festen Schlagzeuger gesucht habe. Paul hatte direkt Bock, als er die EP gehört hat... und das Logo mit dem umgedrehten Kreuz gesehen hat, haha!

Daniel: Deine beiden Mitstreiter Pawel (Schlagzeug, Gesang) und Mike (Gitarre) spielen beide auch bei der Death-/Sludge Metal-Band Fashion Killers. Kanntest Du die Band schon, als sie bei MadneS eingestiegen waren?

Dara: Eigentlich umgekehrt: Sie sind nach MadneS erst bei Fashion Killers eingestiegen, hehe! Wie gesagt: Paul ist mit mir aus Russland hierher gekommen. Mike haben wir dann hier im Pott kennengelernt. Seine damalige Band True Riot hatte einen Schlagzeuger gesucht, und Paul hat da angefangen. Ab da haben wir uns den Proberaum mit True Riot und MadneS geteilt, wobei unsere Probenanzahl echt überschaubar war. Irgendwann hat Mike sich dann einfach mal als Bassist für MadneS angeboten, weil er auf unseren Sound stand. Ich war da allerdings erst noch recht reserviert, weil mir die Leute, mit denen ich zusammenspiele, echt wichtig sind und ich ihn zu dem Zeitpunkt noch nicht wirklich kannte. Ein Jahr hat es dann gedauert, bis ich ihn genug kennengelernt habe, um ihm zu sagen, „Lass es uns ausprobieren“. Seine Probezeit war dann allerdings sehr schnell rum, und er ist festes Mitglied von MadneS geworden. Die Story erzählt er immer wieder gerne, voller Stolz... zurecht, haha!

Daniel: Woher stammt die Idee der Schreibweise MadneS mit einem „S“ eigentlich?

Dara: Ich weiß nicht mehr genau, vielleicht war es die Asymmetrie, oder weil ich einfach Wiederholungen nicht mag, und/oder beides... Der dritte Grund hat etwas mit Deutschlands Vergangenheit zu tun, über die ihr nicht gern redet, wie ich mittlerweile weiß, haha!

Daniel: Ihr klingt thrashig und punkig zugleich, habt aber auch einen gehörigen Motörhead-Drive, wie ich finde. Welche Bands haben Dich/Euch beeinflusst?

Dara: Motörhead auf jeden Fall, vielleicht kommt daher auch der für manche punkig klingende Sound. Vor allem LPs von Anfang der Achtziger bis Anfang der Neunziger haben mich zu den Anfängen stark inspiriert.

Daniel: Eure Songtitel lesen sich sehr klischeebehaftet und plakativ! Gibt es dennoch eine Art Kernaussage, die Du mit Deinen Texten vermitteln willst?

Dara: Auf Metal Archives steht unter „Lyrical Themes“ etwas von „Beer, Sex And Rock ´n´ Roll“. Keine Ahnung, wie die darauf kommen. Meine Texte bestehen eher aus „Antisocial Fuck Off Attitude“ und handeln von der Verdorbenheit der Menschheit.

madnesDaniel: Ich habe Euch mit der EP „Die With Your Beer On“ kennengelernt, die 2018 bei Headbangers Records aus Holland auf CD erschienen ist. Wie kam der Kontakt zu Label-Inhaber Marco van Empel damals zustande?

Dara: Erstmal habe ich Dir damals beim Hellhammer-Konzert schon erzählt, dass Metal Archives keine Ahnung hat und dass das keine EP, sondern ein Album ist, haha! Ich werde mich immer da aufregen... Nun zu dem Kontakt: Marco ist auf uns zugekommen, weil er unser Tape „Die With Your Beer On“ bekommen hat und es nachpressen wollte. Die erste Tape-Pressung von Hellforce Records von 200 Stück war da schon ausverkauft, und somit haben wir zugesagt.

Daniel: Von der EP gibt es auch eine kultige Kassetten-Version, die in Malaysia rauskam! Wie zur Hölle kam es denn dazu?

Dara: Das lag an einer Reihe von Zufällen. Unser erstes Demo „Under Flag Of Hate“ ist auf einem türkischen Label, Underground Resistance, 2015 als Tape erschienen, und so hat es Kerry von Hellforce Records in Malaysia in die Finger bekommen. Kerry hat mich direkt kontaktiert und mir gesagt, dass er echt gerne unsere nächste Veröffentlichung auf seinem Label rausbringen würde. Und so kam es dann zu der kultigen Kassetten-Version, für die ich Kerry sehr dankbar bin. Kerry wollte außerdem auch unser aktuelles Album „Let The World Burn“ auf Tape rausbringen, aber Corona hat diese Pläne leider zerstört.

Daniel: 2019 habt Ihr im Vorprogramm der Hellhammer Tribute-Show in der Zeche Carl in Essen gespielt. Wie seid Ihr da drangekommen?

Dara: Die Veranstalter von der Zeche Carl kannten uns und haben uns Tom vorgeschlagen. Der hat sich unser Zeug angehört und mich persönlich kontaktiert, um zuzusagen. In dem Moment, in dem seine Mail angekommen ist, saßen wir mit der Band zusammen, und ich habe Mike das Handy unter die Nase gehalten und ganz cool gesagt,: „Ach, guck mal, wer mich da angeschrieben hat.“. Der ist vor Freude beinahe explodiert. War aber recht lustig, haha!

Daniel: Habt Ihr Tom G. Warrior dort eigentlich auch getroffen? Und bist Du überhaupt Hellhammer-Fan?

Dara: Klar, Tom war bei unserem Soundcheck und auch beim Auftritt dabei. Tom hatte sich wohl schon vorher ein paar unserer Live-Auftritte im Netz angesehen und fragte mich während des Soundchecks, weshalb wir in umgekehrter Aufstellung als sonst spielen. Ich war echt überrascht, dass er das gesehen hat und habe direkt erstmal meckernd erklärt, dass die Bassbox des Hellhammer-Sets, mit dem wir gezockt haben, auf der falschen Seite aufgestellt wurde, haha! Tom ist für uns eine Legende, und natürlich war es aufregend, ihn persönlich zu treffen und mit ihnen zu spielen. Das haben wir vor allem gemerkt, als wir uns später nochmal unseren Live-Auftritt angesehen haben und gecheckt haben, dass wir gefühlt alles doppelt so schnell wie sonst gespielt haben, haha! Also besser keine großen Auftritte mehr, hehe!

Daniel: Kürzlich erschien Euer erstes Album „Let The World Burn“ über For Those Who Chose To Pose Records. Ich kann mich daran erinnern, dass Label-Chef Jörg Müller auch bei dem Hellhammer-Gig war. Kam so auch der Kontakt zustande?

Dara: Nein, zumindest kann ich mich nicht an ihn dort erinnern. Mike kannte Jörg schon vorher, und so kam zu dem Kontakt zustande.

Daniel: Soweit ich weiß, gibt es das Album bislang nur auf Vinyl. Gibt es Pläne, noch eine CD oder eine Kassettenversion nachzulegen?

Dara: Akute Pläne gibt es leider momentan nicht, aber wenn sich gerade wer angesprochen fühlt, kann er sich gerne bei uns melden.

madnesDaniel: Die LP gibt es in klassischem schwarzem Vinyl und in Rot, passend zum Cover. Was hältst Du von der derzeitigen kommerziellen Ausschlachtung, Vinyl in unzähligen verschiedenen Farben zu veröffentlichen, wie es Bands wie z. B. Asphyx oder Helloween gerade tun?

Dara: Für mich ist das erstmal irrelevant. Klar ist es ein cooler Bonus, wenn man eine geile Platte in irgendeiner abgedrehten Farbvariante gepresst zuhause hat, aber wichtig ist die Musik. Leider vergessen viele heutzutage, dass die Pressform Nebensache sein sollte und die Musik an erster Stelle steht. Uns wurde seitens des Labels vorgeschlagen, hundert Platten in Farbe zu pressen, und wir haben einfach mal zugestimmt. Ganz schlimm finde ich Picture Vinyl! Hast Du mal versucht, länger als zehn Sekunden auf so ein Ding drauf zu gucken, wenn die läuft? Haha!

Daniel: Ich finde es gut, dass Ihr die alten Kultformate, also LPs und Kassetten, am Leben erhaltet. Wie wichtig ist Dir das persönlich? Und was hältst Du – im Gegensatz dazu - von dem ganzen neumodischen Kram wie Downloads und Streamings? Kannst Du all dem etwas abgewinnen?

Dara: Ich liebe und sammle seit Jahren Vinyl, allerdings nur meine absoluten Lieblingsscheiben. Downloads finde ich super. Zum Glück gibt es russische Torrents, haha! Ob man will oder nicht: Digitale Verbreitung ist heutzutage ganz normal. Das ist für die meisten die erstgewählte Gelegenheit, sich neue Sachen anzuhören, ob nun per YouTube, Spotify, Bandcamp oder auch per Torrent. Mir geht es da sicher wie vielen anderen: Wenn mir etwas gefällt, kaufe ich dann auch gerne die Platte.

Daniel: Bleiben wir noch ein bisschen beim neuen Album: Bei Bandcamp steht, dass Ihr das Album im Proberaum aufgenommen habt. Es versprüht auch eine Live-Atmosphäre. Habt Ihr tatsächlich alles live eingespielt?  

Dara: Nein, das Schlagzeug haben wir programmiert, haha! Ja, wir nehmen tatsächlich alles im Proberaum selbst auf. Das Equipment dafür haben wir da, und der Paul kennt sich sehr gut mit Sound Engineering aus. Der nimmt auch andere Bands auf. Kann ich nur empfehlen! Super gut! Außerdem haben wir dort auch die passende Atmosphäre ohne zusätzliche Leute und somit eine viel bessere Konzentration und vor allem keinen Zeitdruck bei der Aufnahme, was für mich persönlich super wichtig ist.

Daniel: Im Opener „Follow The Speeder“ gibt es eine Anspielung auf „Run To The Hills“. Wie kam es zu dieser Idee?

Dara: Das war eine spontane Eingebung während einer Probe. Wir fanden das irgendwie lustig, und so haben wir es dann auch gelassen. Vor allem gibt es auch einen Iron Maiden-Bezug auf dem letzten Album (Es hieß „Die With Your Beer On“; Anmerkung des Verfassers), und Traditionen sollte man nicht brechen, hehe!

Daniel: Was hat es mit dem Track „MadneS ´86“ auf sich. Soweit ich weiß, bist Du Baujahr 1985. Was war denn 1986, haha?

Dara: Hast Du denn den Track gar nicht gehört? Klingt doch voll nach Thrash von ´86, haha!

Daniel: Stimmt es eigentlich, dass Du Eure Artworks alle selber malst?

Dara: Glaub nicht alles, was Du hörst, aber dass ich alles selber male, stimmt tatsächlich. Ich zeichne schon seit vielen Jahren und das sehr gerne und viel. Ich beschäftige mich in meinen Bildern hauptsächlich mit Okkultismus und der menschlichen Natur.

Daniel: Würdest Du auch Artworks für andere Bands malen? Oder beschränkt sich alles nur auf MadneS?

Dara: Klar, gerne! Ich habe auch bereits ein paar Cover für andere Bands gemalt.

madnesDaniel: Eure Tonträger – egal ob die EPs oder das neue Album – sind alle recht kurz. Ich persönlich höre lieber ein kurzes Album zweimal hintereinander, als mich durch ein 75-Minuten-Monster zu quälen. Ist das von Euch so beabsichtigt, oder hat sich das einfach so ergeben?

Dara: Für mich kommt es auf die Musikrichtung an. Ich höre mir auch gerne die langen Platten an, wie zum Beispiel Deathspell Omega oder Necros Christos. Da brauch es einfach auch die längere Spielzeit. Aber bei Thrash, Punk, Crust etc. liegt die Würze auf jeden Fall in der Kürze.

Daniel: Ihr könnt Euer Album derzeit nicht live promoten. Gibt es schon Pläne dafür, wenn der ganze Corona-Scheiß endlich vorbei ist? Oder plant Ihr noch nicht so weit?

Dara: Gerade sehe ich keinen Grund zu planen. Keiner weiß, wie lange dieser Scheiß noch dauern wird...

Daniel: Was steht sonst noch in naher Zukunft bei MadneS an?

Dara: Ich bin doch keine Hexe! Ich kann nicht in die Zukunft sehen, hehe! Geplant ist nicht wirklich viel. Mitte  April haben wir  zwei Videos zum neuen Album gedreht. Die Band Fleischwolf, mit denen wir ganz gut befreundet sind, war dabei mit von der Partie. Das sind die, die auch auf unserem Album bei Madnes ´86 drauf sind. Ende Mai hauen sie übrigens ihre neue Platte raus, also auschecken! Wir sind da nämlich auch mit draufgekommen. Hoffentlich schaffen wir es, eines der Videos zum Ende Mai rauszubringen. Aber mal sehen. Mehr haben wir noch nicht geplant.

Daniel: Na gut, Dara! Wir sind durch. Das Schlusswort gehört Dir!

Dara:Follow your passion, choose your truth, control your illusions... Cheers!

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https://madnes.bandcamp.com/



Autor: Daniel Müller