Ungewöhnlich war es, am Nachmittag ein Rockkonzert zu besuchen. In den Niederlanden ist das jedoch gang und gebe. Dazu kam noch das schöne Wetter, bei dem man die Veranstaltung besser draußen hätte abhalten können. Aber dazu bedarf es bekanntermaßen unter anderem Genehmigungen, Bühne und eine entsprechende Location. So fand die CD-Präsentation von Tiffany Kills „World On Fire“ im kleinen aber feinen De Bosuil Club in Weert statt. Circa hundert Kilometer Fahrweg hieß es dies für mich. Aber wenn man schon mal diese top besetzte Truppe live sehen darf, nimmt man so etwas in Kauf. Das Album „World On Fire“ erschien vor kurzem (siehe auch dazu meine CD-Kritik) und legte die Latte der Erwartungen für die nun anstehende Veranstaltung hoch. Wobei mit der Besetzung eigentlich nichts schief gehen konnte. Ex-U.D.O-Gitarren-Legende Mathias „Don“ Dieth ist seit nun einigen Jahren wieder endgültig ins Musk-Business zurückgekehrt. Tom Wetzels (Drums), Christian Tolle (Guitar), Mendy Sneijers (Backing-Vocals), John „Jaycee“ Cuijpers (Vocals) und Tom Baer (Bass) sind erfahrene Musiker, die mehr oder weniger ständig live aktiv sind, Dies gilt besonders für Jaycee, der in vielen Projekten aktiv und ganz besonders in einer Dio-Tribute Show ständig gefordert ist.
Als Support Act agierte ein mir nicht bekannter Singer/Songwriter mit Akustik-Gitarre namens Cyrill „Zelluf" Wulms (Fart, Sonic Temple, ex-Powerslave u.a.). Einem Publikum, das brennend heiß auf eine Metal-/Rock-Band im Achtziger-Stil wartet, einen Lagerfeuer-Wandergitarren-Künstler vorzusetzen, fand ich mehr als deplatziert. Der Mann machte seinen Job gut aber war an der Stelle so passend, als würden Iron Maiden von einer Dance-Band supportet. Gerne hätte sich sicherlich eine örtliche, junge Truppe aus dem passenden Genre hier präsentiert. Ganze fünfzig Minuten wurden die Fans durch das Geklimper hingehalten, bis es dann zum eigentlichen Grund kam, zu dem man sich aus der sommerlichen Hitze in einen Club begeben hatte. Wenn es darum gegangen war, die evtl. vorgeschriebene Zeit in der Location voll zu bekommen, hätte es sicherlich andere Möglichkeiten gegeben.
Um 17 Uhr ging’s nach einer kurzen Begrüßung, ohne großes Intro mit Tiffany Kills los. Wie zu erwarten war, wurde der Reigen mit dem packenden Opener des Albums „I'll Come Running“ lebendig eröffnet. Die circa achtzig anwesenden Fans waren sofort in Stimmung. Nicht wenige waren ebenfalls aus deutschen Landen angereist. Die Band agierte absolut professionell. Das Gespann an den Sechssaitigen, Dieth/Tolle lieferte Gitarrenkunst vom Feinsten. Ich durfte in den vergangenen Jahren Mathias Dieth ab und zu als Gast bei U.D.O. erleben. Dort war bereits klar, dass er neben seinen Studio-Aktivitäten auch live nichts verlernt hat. Christian Tolle steht aber keineswegs im Schatten des ehemaligen Dirkschneider-Sidekicks, sondern glänzt ebenfalls mit seinem von John Sykes (unter anderem Whitesnake) beeinflussten Spiel. Hauptaugenmerk der Setlist war natürlich das erwähnte, vor kurzem erschienene Debüt-Album und somit Songs wie der der Titeltrack „World On Fire“ oder „Star Rider“. Bei „Breathless“ ließ man etwas Ruhe einkehren. Ein wunderschöner Titel. Dass ein Album mit einer Spielzeit von zweiundvierzig Minuten nicht ausreicht, um ein ganzes Konzert zu füllen, war klar. So wurde die Setlist um Songs aus dem Christian Tolle Projekt (CTP) und natürlich U.D.O. ergänzt. So gefiel besonders die Tolle-Komposition „Point Blank“ vom gleichnamigen Epos des Gitarristen. Auf dem Studiowerk wurde der Titel noch von David Reece (ex-Accept, ex-Bonfire, Bangaloire Choir) eingesungen. Aber auch Jaycee Cuijpers sang diesen Smasher hervorragend. Für mich ist der Mann momentan einer der bestens seines Faches. Ich werde mir ihn auch auf jeden Fall mal im Zuge seiner Dio/Rainbow-Tribute Shows ansehen.
Mendy Sneijers (Backing-Vocals) der zweiten Stimme sei aber hier auch nochmal zu erwähnen, die zusätzliche Farbe ins Spiel bringt. Oft werden die Zweitstimmen bzw. Background-Sängerinnen als Beiwerk abgetan. Dabei ist jedoch nicht bewusst, dass diese Rolle fast genauso anspruchsvoll wie die des Leadgesangs ist. Ein nicht unbeachtlicher Teil der Zuhörer, mich eingeschlossen, hatte sich auch schon auf die ein oder andere U.D.O.-Nummer gefreut, bei denen Mathias „Don“ Dieth“ maßgeblich beteiligt war. Diese kamen dann auch. „Living On A Frontline“ vom „Faceless World“-Album und „Break The Rules“ von „Mean Machine” und wurden freudig vom Publikum aufgesaugt. Die Songs einmal stimmlich nicht vom Dirkscheider-Reibeisen-Organ zu hören war auch interessant. Ergänzt wurde das Programm noch von einigen weiteren Covern, bei der die Band erneut ihre Klasse bewies, wie z. B. „Sword And Stone“ (Kiss/Bonfire). Nach achtzig Minuten entließen Tiffany Kills ihre Anhänger restlos begeistert in die sommerliche Wärme und konnten diese Show eindeutig auf der Haben-Liste verbuchen. Ein Konzert, dass mal wieder bewiesen hat, dass es auch anders geht. Wo bei den großen Stadion-Acts, die meist schon lange ihren Zenit überschritten haben, über gigantische Ticket-Preise mit Front Of Stage, Early Entry etc. den Fans das Geld aus der Tasche gezogen wird, gab es hier mehr als „Value for money“. Bei einem Eintrittspreis von 15 € Vorverkauf und 18 € Abend (oder besser gesagt Nachmittags-)kasse kann man beileibe nicht meckern. Hier hätte man locker das doppelte verlangen können. Fazit: Der weite Weg hatte sich klar gelohnt, und man darf sich auf weitere Live-Aktivitäten der Band freuen!