ROCKHARZ OPEN AIR 2018

Ballenstedt, Flugplatz Ballenstedt, vom 04.07.2017 - 07.07.2018

Ups, ist es wirklich schon so lange her? Heuer feiert das Rockharz Open Air sein silbernes Jubiläum und wie schon die Jahre zuvor, ist auch die 25. Auflage des Festivals restlos ausverkauft. Ganz offensichtlich haut das Konzept des Veranstalters voll hin, was nicht nur den tollen Bands mit diesmal Größen wie Kreator, Powerwolf, Hammerfall oder In Flames geschuldet ist sondern ganz offensichtlich freut die Fans auch die genretechnische Vielfalt und die weiterhin sehr familiäre Atmosphäre der Veranstaltung. Nach rund 15.000 Besuchern in 2017, gibt es dieses Jahr nochmal 2000 Metalheads zusätzlich. Dafür muss die Startbahn des Flugplatzes als erweiterte Camping-Area und als Parkplatz für die Tagesgäste herhalten. Rockharz 2018 - StartFür 50 Euronen kann man aber weiterhin das Gelände, diesmal mittels quietschgelbem Hubschrauber, von oben betrachten. Beim Rockharz gibt es mit der linken Dark Stage und der rechten Rock Stage zudem zwei gleichwertigen Bühnen dar, die hintereinander bespielt werden, so dass man keine Band verpasst. Ich bin zum vieren Mal dabei und, bis auf unsäglichen Dauerregen, den das Megafestival im nördlichen Deutschland ja so häufig prägt, habe ich im Harz nun klimatisch alles erlebt, was die Tage im beginnenden Juli so mitbringen können. Im Jahr 2015 löste eine Sturmgefahr eine notwendige Sicherung der beiden Stages mit kräftigen Stahlseilen aus. Trotz kräftigem Wind und kühlen Temperaturen kam es letztlich nicht zu dem befürchteten Orkan. Im Folgejahr herrschten dann eher warme Temperaturen vor, wobei die Abende jedoch durch empfindliche Kälte geprägt waren. Das Festival in 2017 war, mit Ausnahme eines ganz kurzen aber heftigen Regenergusses, ich glaube es war am Freitag beim Auftritt von Unzucht, knochentrocken und richtig warm. Wie bereits erwartet, in Deutschland hat es, gefühlt seit Mai nicht mehr geregnet, ist das diesjährige Wochenende eine Hitzeschlacht sondergleichen. Witterungstechnisch befinden wir uns in einem für Festivals grenzwertigen Bereich, so allerorts vor einer Brandgefahr gewarnt wird und Grillen und offenes Feuer strengstens untersagt wird. Dem Hörensagen nach ist es witterungstechnisch so schlimm, dass im nordöstlichen Teil der Republik eine bis dato nur selten publizierte Brandzone ausgerufen wird, am Donnerstag, nur unweit von Ballenstedt ein Linienbus in Flammen aufgeht und es am Samstag tatsächlich zu einem Brand auf einem Getreidefeld nur unweit der Area kommt, den man von der erhöhten VIP-Terrasse gut beobachten kann. 

 

Tag 1, Mittwoch der 04.07.2018 

Winterstorm - Rockharz 2018Wie bereits im letzten Jahr praktiziert, fliege ich auch dieses Jahr bereits am Mittwoch ein und übernachte in einem netten Hotel im nahen Bad Suderode zu einem wahrlich akzeptablen Preis von schlappen 40 € inkl. Frühstück und Kurtaxe. So ich allerdings bis 14:00 Uhr im Büro tätig bin und ich zuvor noch in meiner Unterkunft einchecken muss, verpasse ich die um 16:30 Uhr das Festival eröffnenden Monument, die derzeit mit ihrer Zeitreise zurück in die 80er-Jahre des NewWayOf British HeavyMetal in aller Munde sind. Auch den charismatischen und vor allen Dingen sehr sympathischen Mutz von Drone treffe ich erst zu einem kurzen Handshake nach dem eigentlichen Gig. So ich erst um etwa 19:00 Uhr eintreffe, verpasse ich gleichsam noch den Start der bajuwarischen Folkmetaller von Winterstorm und kann mir jenseits des Grabens noch den so gar nicht zu den Temperaturen passenden "Winterhumppa" geben. Das nachfolgende "Into The Light" und der Rausschmeißer "Dragonriders" zeugen jedoch davon, dass Shouter Alexander Schirmer und Konsorten zur Freude der versammelten Scharen gut bei Stimme beziehungsweise bei Laune sind.

 

Bannkreis - Rockharz 2018Bannkreis gründete sich 2017 in Potsdam und setzen sich vorwiegend aus Mitgliedern der kommerziell richtig erfolgreichen Folkrocker von Subway To Sally zusammen. Zusammen mit der blinden Multi-Instrumentalistin Johanna Krins gibt Eric Fish am Mikro und den Pipes recht sanfte, hoch melodiöse und ziemlich catchige Rockstücke in deutscher Sprache zum Besten. Ich kann mit Nummern wie "Lebenslinien", "Hilf Mir Zu Glauben" und "Lebewohl" nur wenig anfangen, freue mich aber, die Protagonisten endlich mal bei Tageslicht ablichten zu dürfen. In der vorletzten Juniwoche wurde die Band beim Feuertanz-Festival auf der Burg Abenberg aus der Taufe gehoben und feiert heute ihren vierten Auftritt.

 

Ross the boss - Rockharz 2018Ross Friedmann ist ehemaliges Gründungsmitglied der amerikanischen Metallegende Manowar und spielte erstmalig 2005 auf dem Earthshaker Festival wieder mit seinen ehemaligen Kollegen zusammen. Ein weiteres Engagement für das Keep It True-Festival, initiiert unter anderem durch Tarek Maghary von Majesty, gab den Startschuss für die vierköpfige Ross The Boss. Als bärenstarker Sänger agiert Patrick Fuchs und heute gibt es die ganzen Manowar-Klassiker wie "Blood Of The Kings", "Sign Of The Hammer", Blood Of My Enemies", "Fighting The World" und natürlich "Hail And Kill". Da bleibt natürlich kein Auge trocken und trotz der weiterhin viel zu warmem Temparaturen wird gebangt, was die Matten hergeben.

 

Kreator - Rockharz 2018Nach einen halben Stunde Umbaupause ist die Rock Stage dann für den Auftritt des ersten Headliners des diesjährigen Festivals präpariert. Mille Petrozza und seine Kollegen um die deutsche Thrash-Metal-Legende Kreator legen einen fulminanten Auftritt hin und spicken ihre Performance mit martialischen Bühnenaufbauten, einer wahnsinnig tollen Lightshow mit integrierten Videosequenzen und dazu pufft und knallt es aus allen Rohren. Neben effektvollen Konfettikanonen wird die Bühne, trotzt der Gefahr vor möglichen Brandgefahren, die seit Tagen durch den Äther rauschen, regelrecht abgeflammt. Die "Gods Of Violence - Tour 2018" hat mit "Phantom Antichrist", "Satan Is Real", "Flag Of Hate" mit natürlich viel Flaggengewimpel, dem Titeltrack "Gods Of Violence", "Fallen Brother" und dem Rauswurf mit "Pleasure To Kill" feinsten Thrash und Klassiker en masse parat. Alles was nun noch auf den Beinen ist, wird von den Kreator, wie magisch angezogen, und die Rasenarea ist bis weit hinter die FOHs proppevoll gestopft. 

 

Tag 2, Donnerstag der 05.07.2018 

Rockharz 2018 - Blind ChanelDie finnischen Blind Channel gründeten sich 2013 in Oulu und eröffnen kurz vor dem mittäglich High Noon den Donnerstag. Vor einem roten Backdrop geben die durchweg in weiß gekleideten, ziemlich jugendlichen Herren mit zwei Shoutern, ihr sehr mit poppigen Elementen angereichertes Verständnis vom Heavy Metal zum Besten. Das muss natürlich nicht jedem gefallen. Die richtig schnellen und eingängigen Elementen sorgen jedoch für den ersten Weckruf des Tages.

 

Rockharz 2018 - Cellar DarlingEbenso wenig wie Blind Channel war mir bis dato auch Cellar Darling kein Begriff. Nach dem die männlichen Protagonisten wie Ivo Henzi und Merlin Sutter die Bühne erklimmen, schwant es mir und mit Anna Murphy am Gesang wird es dann zu Gewissheit. Hier machen einige Members der schweizerischen Eluveitie ihr eigenes Ding und weg von Partyrock und Folkmetal wird hier nun stimmungsvoll aber mit Muße und Gedankengut  musiziert und Anna gibt sich sowohl als Erzählerin von Geschichten wie auch als famose Sängerin. Im hinteren Drittel des Sets erfährt die Band Unterstützung durch eine virtuose Gastviolinistin, die den Tunes ordentlich vorantreibt.

 

Rockharz 2018 - NothgardDurch die musikalische Vielfalt und die günstige Bühnenkonstellation auf dem Rockharz gibt es hier immer wieder neue Bands zu entdecken. Vor einigen Jahren waren es deutschen Varg oder die schwedischen Manegarm und heute ist es der deathlastige Pagan-Metal von Nothgard, der mich so richtig anzufixen weiß. Der Fünfer um den tollen Sänger und Gitarristen Dom R. Cry gründete sich 2008 im bayerischen Deggendorf und nennt bereits drei Longplayer sein Eigen. "Draining Vains", "The Sinner´s Sake" oder "Warhorns Of Midgard" nennen sich die Songs und zeugen von epischen Schlachten, Walküren und Heldentaten der Schwertträger.

 

Rockharz 2018 - SkalmöldThe Vintage Caravan, Solstafir und heute Skalmöld. Aus dem von Eis und Feuer geprägten kleinen Island, entfleuchen verdammt viele geile Bands. Und wenn es hymnischen Viking Metal, gepaart mit knallharten und fett groovenden Pagan-Riffern und zum Abtanzen noch eine Packung Humppa Metal gibt, ist alles und jeder aus dem Häuschen und das Infield tobt, tanzt, mosht und das kühle Blonde kann gar nicht so schnell nachgeordert werden, wie es in den Kehlen verschwindet.

 

Rockharz 2018 - DiabloAls nächstes sind Diablo Blvd an der Reihe. Bei Crossfire-Metal.de liegen Reviews von mir zum Album "Follow The Deadlights" und zum aktuellen Machwerk "Zero Hour" aus 2017 vor. Fronter und Shouter der aus Antwerpen in Belgien stammenden Truppe ist der ehemalige Stand-up-Comedian Alex Agnew. Der Fünfer hat sich dem härteren Rock / Metal mit ordentlich Wippfaktor, im Fachjargon dem Groove Metal verschrieben, und der gut an, wenn sich auch im Vergleich zu Skalmöld, das Publikum nun etwas lichtet. Mutmaßlich ist einfach zu warm. Wahlweise in englischer oder in deutscher Sprache animiert Alex das Publikum, reißt den einen oder anderen Joke und kommt mehr als sympathisch rüber. Ab und zu nippt Alex an seiner Wasserflasche, gurgelt und speit die Flüssigkeit fein verteilt wieder im hohem Bogen hinaus. Die Bühnenaufbauten sind gut gewählt mit einer Kombination der Anfangsbuchstaben in hohen Lettern in weiß auf blauem Hintergrund mit dazu passenden Nebelschwaden.

 

Rockharz 2018 - GrailknightsWie kein anderes Festival in Deutschland steht das Rock Harz Open Air insbesondere für viel Spaß und gute Stimmung und daher treten hier zuhauf Bands an, die sich selbst und ihre Musik nicht ganz so ernst nehmen. Die in Flatterkostümen diverser Superhelden ausgestatteten und ebenso in corpsepainted Grailknights stammen aus Hannover und ihr melodischer Power Metal mit Querverweisen in Richtung Viking Metal und auch Death Metal untermalt nur die Geschichte ihrer Suche nach dem Gral, der am Ende jeder Show natürlich vom bösen Dr. Skull mit viel Trara zurückerobert wird.

 

Rockharz 2018 - God DethronedMit God Dethroned folgt nun brettharter Death Metal aus den Niederlanden. Der Vierer gründete sich 1990 und hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich. Nach mittlerweile elf Studioalben ist Gitarrist und Sänger Henri Sattler einzig verbliebenes Urmitglied. Die knallharten Rhythmen und die brachialischen Metalwalzen sorgen für die ersten Pits und ersten namhaften Moshattacken und wirbeln zu nachmittäglicher Stunden den Staub des trockenen Areals auf.

 

Rockharz 2018 - letzte InstanzLetzte Instanz stammen aus Dresden und kombinieren das Spiel der Violinen und der Celli mit dem klassischen Rock. Mir geben die weniger drückenden Rhythmen und der weiche Gesang von Holly Loose nicht wirklich viel, obwohl ich selbstverständlich Nummern, ja beinahe Gassenhauer wie "Maskenball", "Mein Todestag" oder "Wir Sind Allein" kenne. Unabhängig von meinem persönlichen Geschmack finden Letzte Instanz am späten Nachmittag viel Anklang und liefern mit Ansagen gegen Fremdenhass und für mehr Menschlichkeit umjubelte Statements ab.

 

Rockharz 2018 - Primal FearIch bin ein riesengroßer Fan von allem was Mat Sinner macht und deichselt und natürlich liebe ich die deutsche Heavy Metal Institution Primal Fear um den so begnadeten Shouter und übergeilen Bühnenakteur Ralf Scheepers, der für mich einen der besten, wenn nicht sogar den besten deutschen Metalsänger abgibt. Neben Mat Sinner am Bass, sind noch Tom Naumann und Alexander Beyrodt an den Klampfen und Francesco Jovino am Drumkit zu erwähnen. "In Metal We Trust", "Angels Of Mercy", "The End Is Near", das frühe "Nuclear Fire" und "Metal Is Forever" mit einem richtig kreischenden Ralf in bester Manier eines beispielsweise Rob Halford von Judas Priest sind metallische Brecher vom Feinsten und fahren Jedem in die Glieder.

 

Rockharz 2018 - EquilibriumNochmal Bayern und nochmal Pagan Metal ist nachfolgend mit Equilibrium angesagt und Robert "Robse" Dahn und seine Mitstreiter, die bereits mit ihrem zweiten Werk "Sagas" beim Major Label Nuclear Blast andocken konnten, liefern richtig ab. Die Bühne ist mit zwei urwüchsigen Gewächsen / Bäumen geschmückt und dazu gibt es richtig viel Pyro, so dass es der Fünfer auf der Bühne beinahe selbst gegrillt wird. "Prey", Heimat", "Verbrannte Erde", "Unbesiegt", "Dämmerung", "Sturm" und "Apokalypse" sind kurze und prägnante Songtitel, die von Anfang an alle Hände fordern und frenetisch abgefeiert werden.

 

Rockharz 2018 - SodomUrwüchsiger, ja simpler, einfach gestrickter Trash Metal der ersten Stunde folgt nun von Sodom, die bereits seit 1981 auf der Bühne stehen und deren unbestrittener Kopf der Schalker und ehemalige Kumpel Thomas "Tom Angelripper" Such ist. Dieser hat seine Band mal eben rund erneuert und Frank "Blackfire" Gosdzik und Yorck Segatz an die sechssaitigen Klampfen geholt und hinter der Schießbude agiert Asphyx-Drummer Stefan "Husky" Hüskens. Husky, der seit kurzem mit einer langjährigen Freundin meinerseits aus der Gronauer Metal Szene liiert ist, treffe ich kurz vor dem Gig noch im VIP-Bereich. Nach dem obligatorischen Geknuddel gewährt man mir im Graben die "Full Show". "Sodomy And Lust", "The Saw Is The Law", "Agent Orange" und "Strange Lost World" kennt man und grölt, soweit die Lyrics bekannt, mit. bei aller Härte und allem Augenzwinkern wirken Tom und seine Kumpanen wie auferstandene Dinosaurier.

 

Rockharz 2018 - AmorphisAmorphis, will sagen Shouter / Growler Tomi Joutsen und Saitenzauberer Esa Holopainen zusammen mit dem zweiten Gitarristen und ehemaligen Shouter Tomi Koivusaari, wohl die zentralen Figuren der finnischen Formation, sah ich noch vor kurzem auf dem Rockfels auf der Loreley und im Gegensatz zu diesem Gig, der von Miesepetrigkeit und fehlender Spiellaune geprägt war, liefern die Finnen heute richtig gut und messerscharf ab. Der Aufstieg der Finnen in den Rockolymp setze etwa 2009 mit "Skyforger" ein. In 2018 sind die Jungs mit "Queen Of Time" auf Promotour. Ich zitiere hier mal Auszüge des Reviews zum neuen Album aus Crossfire-Metal.de: "...Klug, ideenreich und gekonnt wurden neue Finessen wie zum Beispiel stilfremde Musikinstrumente eingestreut. Orchestrale, folkloristische und orientalische Parts stehen hier genauso breit gefächert auf dem Präsentierteller wie der altbewährte Wechselgesang und die treffsicheren Melodien, für welche die Band seit Ewigkeiten bekannt ist. Das bewährte klassische Gerüst steht demnach unverändert und bekam lediglich einen frischen Anstrich verpasst...". Meines Erachtens eine mehr als treffende Beschreibung.

 

Rockharz 2018 - SchandmaulBei den bajuwarischen Folkrockern von Schandmaul geht es mir ebenso wie zuvor bei Letzte Instanz. Weder passt mir das Genre noch kann ich mit den stimmlichen Gepflogenheiten von Thomas Lindner einfach nichts anfangen und wie zuvor, steh ich nahezu alleine auf breiter Flur. Das Liedergut wie "Der Hofnarr", "Leuchtfeuer", "Bunt Und Nicht Braun" (wie treffend formuliert), "Vogelfrei", "Der Pakt" und "Vor der Schlacht" finden ganz viele Anhänger und es wird mitgsungen, mitgetanzt und hier und da einfach nur umärmelt. Sehr positiv sticht allerdings die Gastvioline heraus, denn zu Birgit Muggenthaler-Schmack an den Pfeifen, Flöten und Schalmeien gesellt sich heute niemand anders als die langhaarige Ally hinzu, die besonders bezaubernd bei "Dein Anblick" rüber kommt.

 

Rockharz 2018 - PowerwolfEs ist Zeit für den zweiten Headliner des Festival und erwartungsgemäß gibt es bei den zum vierten Mal auf dem Rockharz gastierenden Powerwolf um den charismatischen Sänger Attila Dorn noch mehr Pyros als bei Kreator. Ja im Grunde genommen steht eigentlich die ganze Zeit die Bühne in Flammen oder wird von richtig geilen Lichtkegeln eingenommen. Die metallische Messe, ich glaube mittlerweile dürfte mein Zusammentreffen mit den deutschen Powermetallern im zweistelligen Bereich angekommen sein, ich kann mich noch gut erinnern, als sie das erste Mal auf dem Wacken waren, beinhaltet heute ganz viele bekannte Songs aber mit "Demons Are A Girl's Best Friend" und "Fire and Forgive" auch zwei neue Tracks vom Ende Juli erscheinenden "The Sacrament Of Sin". Los geht es mit dem riffigen "Blessed & Possessed",  gefolgt von "Army Of The Night", "Amen & Attack" oder auch "All We Need Is Blood" mit tollen Publikumschören und der bandeigenen Hymne "Werewolves Of Armenia". Powerwolf liefern zwar seit Jahren immer eine ähnliche Show aber sie wissen immer gnadenlos zu überzeugen und das ganze Publikum in den Bann zu ziehen.

 

Rockharz 2018 - HurleyWie im letzten Jahr den dritten Tag schließen Mr. Hurley & Die Pulveraffen heuer den Donnerstag mit karibisch getränktem Piratenrock / Folkrock, gebraut im "südländischen" Osnabrück, den Tag ab. Die Schunkel- und Mitmachnummern, wie "Tortuga", "Komm Zur Marine", "Schrumpfkopf Im Rumtopf" oder "Blau Wie Das Meer" lassen kein Auge trocken und veranlassen hoch motivierte Fotografen umgekehrte Wege mit allerdings garantierter Wiederkehr beim Crowdsurfen einzuschlagen. 

 

Tag 3, Freitag der 06.07.2018 

Um 11:20 Uhr eröffnen die dänischer Rocker von I´ll Be Damned den heutigen Tag auf der Rock Stage. Für mich definitiv noch etwas zu früh, so ich es erst um 12:15 Uhr den Ground erreiche, gerade noch rechtzeitig für die letzte Viertelstunde von Aeverium, den Alternative-Rockern aus Viersen. Female Vocals von der attraktiven Blondinen Aeva Maurelle und die teils growligen Gesangseinlagen von Marcle "Chubby" Römer prägen den Set der Band, der in den frühen Mittagstunden guten Anklang findet. Aeverium sind übrigens ersatzweise für Oni eingesprungen.

 

Rockharz 2018 - NanowarMit Nanowar Of Steel ist dann ungefähr die bekloppteste Band an der Reihe, die je auf dem Rockharz ein Stelldichein gegeben hat. Mitnichten haben die bunten, teils tuntenhaftigen Typen irgendetwas mit Manowar gemein, wie der Name zunächst vermuten lässt. In rosa gedresst mit teils aufgeblasenen Gitarren, gerne auch mal im Bademantel, geht es einzig um Jux und Dollerei, made in Italy.

 

 

Rockharz 2018 - ObscurityAus Velbert im Bergischen Land in Nordrhein-Westfalen stammen Obscurity und liefern einen gut hörbaren Mix aus dunklem Pagan- oder Viking Metal oder auch melodischen Death Metal mit viel Drive ab, was mich phasenweise durchaus an die aus Coburg stammenden Varg erinnert. Die Setlist mit Songnammen wie "Schicksal Der Götter", Naglfar", "Nach Asgard Wir Reiten" ist fast klassisch und wenn der imposante Shouter die Heerscharen mit "Ihr seid unsere Streitmacht" zum Mitmachen auffordert kommt das schon ziemlich martialisch rüber.

 

Rockharz 2018 - AnnisokayAnnisokay aus Halle in Sachsen-Anhalt geben Post-Core / Alternative-Rock zum Besten und machen das mit dem Fronter Dave Grunewald und dem Sänger und Gitarristen Christoph Wiecorek, der zwischen kräftigen Growls und hellen Shouts variiert, ziemlich gut und das Publikum lässt sich für sowas durchaus begeistern. Die Jungs gibt es seit 2007 und im August erscheint mit "Arms" das vierte Album via Arising Empire. Daneben haben sie eine EP auf den Markt gebracht, wo sie nur Songs des musikalischen Genies Michael Jackson covern. Den Song "What´s Wrong" kennen einige und dazu wird mächtig abgefeiert.

 

Rockharz 2018 - The OtherEbenfalls aus dem vorgenannten Nordrhein-Westfalen stammen The Other, die als bekannteste Vertreter des Genre Horror-Punk in Europa zählen. Die Band gründete sich 2002, hat sieben Alben auf Lager, von denen das letzte, "Casket Case" aus 2017 stammt und Sänger des zombiehaften Fünfers ist Rod Usher. Auf reinen Metalfestivals ist die Band eher seltener anzutreffen. Eher übliche Auftrittsorte sind neben Clubs zum Beispiel das Amphi Festival in Köln oder das WGT in Leipzig. es spricht wieder einmal für das vielfältige und tolerante Publikum auf dem Rockharz das solche Bands vor einer begeisterten Kulisse spielen können.

 

 

 

Rockharz 2018 - EvergreyWeiter geht es mit Evergrey auf der Rock Stage. Sänger und Gitarrist Tom S. Englund hob die schwedischen Progressive-Metaller bereits 1993 aus der Taufe und ist einziges, verbliebenes Gründungsmitglied, die bereits auf zehn Longplayer zurückblicken können. Dunkel, richtig progressiv mit mächtig Druck unter dem Kessel und voll gespickt mit Groove und einem sehnsüchtig leidenden , tollen Sängerliefern die Göteborger ein mächtiges Set ab.

 

 

Rockharz 2018 - CrematoryDie Gothik-Metaller Crematory gründeten sich 1991 in Westhofen und haben infolge ihrer frühen Entstehungsjahre noch den damaligen Hype um jegliche Rock- und Metalbands mitbekommen. Mit der Zeit ebbte diese Hysterie zusehends ab, so dass heutige Bands nur noch mit enormem Aufwand und auch Können an lukrative Plattenverträge oder gefüllte Konzerthallen heran kommen. Ganz offensichtlich sind dabei Crematory mit Sänger Gerhard Stass durch das weitmaschige Netz gefallen und mokieren daher fehlende Verkaufszahlen und nur dünnes Publikumsinteresse, woran natürlich einzig die Promoter, die heutige Streamgesellschaft und natürlich das Publikum schuld ist, die nur den großen Bands das Geld in den Rachen wirft. Crematory ernteten darauf einen ziemlichen Shitstorm mit allerdings durchaus auch Verständnis zeigenden Reaktionen. Irgendwie ebbte diese öffentliche Reaktion heute ziemlich nach, denn neben dem abgeliefertem Material, was nebenbei bemerkt nur Durchschnittsware darstellt, ging einem das ständige Betteln um Applaus nach dem Motto "Kommt schon, so scheiße sind wir doch gar nicht, oder?", ziemlich auf den Sender.

 

Rockharz 2018 - AmarantheMit modernem Death- oder auch Modern Metal aus Schweden / Dänemark geht es mit Amaranthe und der bezaubernd attraktiven Sängerin Elize Ryd weiter, gesank´gliche Unterstützung findet sie dabei in Henrik Englund Wilhelmsson und dem in 2017 eingestiegenen Nils Molin, die ihr mit cleanem oder gutturalem Gesang zur Seite stehen. "Maxime", "On The Rocks", "Boomernag" oder "Drop Dead Cynical" werden zum Besten gegeben, das Highlight ist allerdings die Ballade, bei der Elize, begleitet von Klaviertasten, gesanglich einfach brilliert. Sie ist zum ersten Mal auf dem Rockharz und bedankt sich ganz lieb bei dem ihr sehr wohlgesonnenem Publikum.

 

 

Rockharz 2018 - Battle BeastEine Garant für eine abfeiernde Meute ist auch die finnische Sängerin Noora Louhimo und ihre Mannen von Battle Beast. Das letzte Album "Bringer Of Pain" datiert von Anfang 2017. Ich sah die unglaubliche Powerfrau schon einige Male, auch auf dieser Promotour, und weiß nun, was mich erwartet. Kraftvoller Power Metal mit eingängigsten Melodien, brettharten Riffern, einer Band, die mit Lust und Laune und vor allen Dingen ganz viel Spaß voll bei der Sache ist und einer Noora, die tanzt, springt, bangt, wie ein Derwisch über die Bühne wetzt und sich die Seele aus dem Leibe krakeelt. Mit dem knackigen "Straight to The Heart", gefolgt vom Titeltrack des letzten Albums "Bringer Of Pain" mit durchgehenden Drums und einer klasse Röhre geht es los. Es folgen "Familiar Hell" und mit dem groovigen "Black Ninja" einer der stärksten Songs der Finnen. Nach dem balladesken "Far From Heaven" folgt das dunkle "Lost In Wars" und bei "Touch In The Night" verkleidet sich Noora bei als Hexe. "Bastard Sons Of Odin", "Out Of Control" und "King For A Day" ergänzen die verlängerte Setlist, da es wegen dem Ausfall von Ensiferum, die auf dem Flughafen festsitzen und ihren Gig in den späten Abendstunden nachholen, eine längere Pause gibt.

 

Rockharz 2018 -FinntrollFinntroll, die finnischen Trolle mit den langen Ohren aus Helsinki erhöhen mit ihrem Folk Metal nochmal mächtig die Stimmung im Infield, was nach dem tollen Auftritt von Battle Beast, sicherlich nicht von vornherein zu erwarten war. Der Mix aus Humppa, fetten, keyboardlastigen Melodien und schwarzmetallischen Riffbrettern sorgt allseits für schweinemäßig gute Laune, ein beherztes Abbängen, ein vielfaches Mitgegröle und neben hunderten von Crowdsurfern, die weiterhin lächelnd von den Grabenschlampen in Empfang genommen auch für die eine oder andere Staubwolke im Circle Pit. Nummern wie "Midnattens Widunder" aus 1999 und die späteren "Blodsvept", "Nattfödd" "Jaktens Tid" und insbesondere das tolle "Trollhammaren" sind aber auch der ideale Stoff für die pure Metal- und Moshparty.

 

Rockharz 2018 - AlestormWeiter geht es mit Alestorm, die genau da weitermachen, wo Finntroll soeben ihr untriebiges Spielchen beendeten. Die rockigen Piraten zieren die Bühne mit einem riesengroßen Backdrop mit einer Bananenente und selbige Gummivieh macht sich auch auf der Bühne breit. Mit dem im Takt ankommenden Crowdsurfern sind zudem einige Quietscheentchen im weiten Rund zu beobachten, die analog zu den gereckten Fäusten im Takt mitwippen. Und es kommt, wie es kommen muss, auch die übergroße Ente nimmt ihr Bad in der rockigen Menge. Musik wird auch gespielt und zwar unter anderem "Keelhauled", "Alestorm", "Over the Seas", "Mexico", "No Grave but the Sea", natürlich "Captain Morgan´s Revenge", "Shipwrecked", "Drink" (was sonst) und "Fucked With An Anchor".

 

Rockharz 2018 - EisbrecherNeben Powerwolf dürften die deutschen Eisbrecher um Sänger / Fronter Alexander Wesselsky die Band sein, die ich in den letzten Jahren mit am häufigsten gesehen habe. Man ist weiterhin mit der Neuen Deutschen Härte in melodischer Form auf Sturmfahrt und wählt den Titeltrack des letzten Albums als Opener. Gute, dynamische, mächtig groovende Songs mit tollem Workout an den Gitarren von Noel Pix und Jürgen Plangger und eine treibende Rhythmussektion mit Rupert Keplinger am Bass und Achim Färber an der Schießbude, gepaart mit tollen Bühnendekorationen und einer fantastischen Lightshow im bevorzugt hellem, weißem, winterlichem Licht sind ihr Markenzeichen. Es folgen "Fehler Machen Leute", "Prototyp", das mächtige "Himmel, Arsch und Zwirn" und bei "Eiszeit" fallen im Hochsommer die Schneeflocken auf die Stage. "1000 Narben", "Was Ist Hier Los?", "This Is Deutsch", "Verrückt" und natürlich "Miststück" schließen an.

 

Rockharz 2018 - HammerfallWir kommen zum Headliner des Freitags und dürfen keinen geringeren als die schwedischer Powermetaller Hammerfall, um die Ausnahmeröhre Joacim Cans willkommen heißen, die den Harz einladen, das zwanzigjährige Bestehen ihres zweiten Albums "Legacy Of The Kings" mitzufeiern. Und das Publikum lässt sich bei Hammersongs wie "Riders Of The Storm", "Renegade", "Blood Bound", "Crimson Thunder", Threshold" und "Built To Last", heutzutage allesamt Klassiker, die jeder kennt, nicht lange bitten. Wie schon zuvor bei Powerwolf schießen auch Hammerfall aus allen Rohren und legen den Harz sprichwörtlich in Schutt und Asche. Die genannten Songs gipfeln dann allesamt in einem "Legacy Of The Kings Medley" und dann kommt mit "Heeding The Call" die Hymne schlechthin. Kann man sowas noch toppen? Die Schweden können und wie. Bei "Let The Hammer Fall" gehen die Pyros im Sekundentakt mit dem Refrain hoch. In der Zugabe folgen dann "Hammer High", "Bushido" und bei "Hearts On Fire" steht dann tatsächlich das ganze Areal unter Feuerbeschuss, in dem an den beiden Bühnenseiten und zusätzlich den FOHs und somit über das gesamte Infield verteilt, Flammen in Höhen bis zu 50 m geschossen werden und das gleich mehrere Male.

 

Rockharz 2018 - VersengoldWir belieben noch in der geordneten Reihenfolge und machen nun weiter mit dem Liedgut von Versengold aus Bremen. Nach dem gigantischen Auftritt von Hammerfall und in Erwartung der nachfolgenden Ensiferum trollt sich keiner des Weges und so zelebrieren die sechs ihren stimmungsvollen, weitestgehend stromlosen Folkrock vor einem rappenvollen Area. Wie für Spielmannszüge üblich darf getanzt, fröhlich gelacht, mitgesungen und sich am einen oder anderen Met, hier vorwiegend Bier gelabt werden, denn um nichts anderes geht es bei gespieltem Gedankengut in Form von "Der Tag an dem die Götter sich betranken", "Hoch die Krüge", "Ich Und Ein Fass Voller Wein" oder auch "Weinfass Tune".

 

Rockharz 2018 - EnsiferumNun endlich ist die Zeit gekommen für finnischen Folk und Viking Metal von Ensiferum, deren Slot aufgrund des verpassten Fluges, kurzerhand von der Prime Time um 20:00 Uhr, bis nach Mitternacht verschoben wurde, dazwischen ein knapp einstündiges Loch hinterließ, was nur teilweise von Battle Beast musikalisch ausgefüllt wurde und den Abschluss des heutigen Tages mit Eisregen ziemlich nach hinten verlagert. Ein Hoch auf die Organisatoren, die es trotz aller Mühe noch so hinbekommen haben. Von dem Stress merkt man den Metallern um Petri Lindroos (Gesang, Gitarre), Markus Toivonen (Gitarre), Janne Parviainen (Schlagzeug) und Sami Hinkka (Bass) mal so gar nichts an. Voll Profi ziehen die facepainted Burschen ihr Set mit offensichtlich voller Spielfreunde durch und sorgen mit Songs wie "For Those About To Fight For Metal", "Two Paths" und dem superschnellem "Way Of The Warrior" für eine Menge "fists in the air" und wildem Geschüttel des Haupthaares. Bei "Two Of Spades" haben mal wieder die blauen Männchen in der Grabenzone eine Menge zu tun und bei "From Afar" hagelt es Moshpits. Der Rausschmiss gelingt ebenfalls mit der Mitsingnummer "Lai Lai Hei" und dem unvermeidlichen "Iron".

 

Rockharz 2018 - EisregenNun ist es allmählich verflucht spät geworden aber ich halte durch und bevölkere mit zwei anderen Kollegen weiterhin den Graben bei Eisregen. Bereits 1995 gründeten sich die Thüringer und gehören damit zu den Dark Metallern der ersten Stunde. Sänger des Quartett ist der ziemlich kräftige, wohl beleibte Michael "Blutkehle" Roth, der sichtlich über die noch verbliebenen Zuschauer, und es sind einige zu dieser nachtschlafenden Zeit, erfreut ist. Wer Eisbrecher schon mal gesehen hat, kennt natürlich die meisten Songs aus der Setliste, die heute mit "Gott Der Panzer" und gleich danach mit "Panzerschokolade" los rollt. "Satan Liebt Dich" und "1000 Tote Nutten" sind weitere Tracks und zum Abschluss gibt es die "Elektrohexe". 

 

Tag 4, Samstag der 07.07.2018 

Rockharz 2018 - ErdlingNachdem ich gestern bis Eisregen durchgehalten habe, möge man mir verzeihen, dass ich es auch heute erst zur zweiten Band so gerade hinbekomme, zumal mir Core, geschweige denn Deathcore, wie er von den ostdeutschen Walking Dead On Broadway zelebriert wird, ohnehin nicht so wirklich liegt. Die bayerischen Erdling gründeten sich 2015 aus ehemaligen Mitgliedern der Gruppe Stahlmann und werden kurz nach dem Rockharz Open Air bereits ihr drittes Album, welches da "Dämon" titelt vorliegen. Zwar ist dieser Mix aus Dark Rock und Neuer Deutscher Härte auch nicht wirklich mein Ding, da gefällt mir das Original mit Martin Soer am Mikro, der letztes Jahr an gleicher Stelle agierte, wesentlich besser, aber die junge Band hat eindeutig schon eine ganze Menge, insbesondere weiblicher Fans angesammelt, die Auftritt ordentlich abfeiern und bei Sänger Neill Freiwald ein kreisrundes Grinsen erzeugen.

 

Rockharz 2018 - AhabChristian Hector (Gitarre) und Daniel Droste ( Gitarre, Gesang) gründeten 2004 die Funeral Doomer Ahab und vertonten 2006 mit "The Call Of The Wretched Sea" Hermann Melville´s Roman Moby Dick. Das Buch handelt vom Kampf des bessesenes Kapitäns Ahab gegen den weißen Wal, der ihm einst das Bein abriss und ihn so zum Knüppel machte. Melville erzählt die Story aus der Sicht des Bootsmannes Ismael. Die Story wurde als Buch und auch als Film mit Gregory Peck in der Rolle des Kapitän Ahab ein Welterfolg. Weiter im Kontext veröffentlichen Ahab weitere drei Langrillen im Kontext zum Meer und des riesigen Wals und mutierten so langsam zum Zugpferd des österreichischen Labels Napalm Records, zumindest, was das dunkle Genre angeht. In bin dem finsteren, langsamen Doom mit vielen psychedelischen Elementen und druckvollen, derben Gitarrenwänden sehr zugeneigt und die Vier wissen mich restlos zu überzeugen, wenn es auch zum Genuss ihre Werke einer gewissen Ruhe, Gelassenheit und der richtigen Stimmung bedarf. Ahab sind die ideale Clubband bei düsterem Licht, durchsetzt mit Nebelschwaden. In der grellen Sonne des Rockharz haben ihre Sequenzen kaum eine Chance und, wenn ich meine Fotografenkollegen als geschmacklichen Querschnitt des Publikums betrachte, zeigt selbiges nur wenig Begeisterung.

 

Rockharz 2018 - SerenityDie Powermetaller von Serenity aus Tirol um Sänger, Fronter und Sympathicus Georg Neuheuser haben hingegen, trotz praller Sonne, drückender Trockenheit und staubigem Belag, leichtes Spiel und werden von Anfang an so richtig abgefeiert. Es ist einfach toll mit anzusehen, wie Georg mit seinen beiden Axtmännern, sprich Christian Hermsdörfer an der Gitarre und insbesondere Fabio D´Amore am Bass, interagiert indem er sich mittig aufbaut und per ausgestreckter Hand auf den gerade vermehrt aktiven beziehungsweise solierenden Musiker zeigt. Nummern wie "United", "Spirit in the Flesh", "Hero", "Lionheart" und "Legacy Of Tudors" sind spritzig, hoch melodiös, mitnehmend und machen einfach Laune.

 

Rockharz 2018 - SkycladBei den britischen Skyclad darf zu eingängigem Folk Metal wieder nach Herzenslust getanzt, mitgefeiert und vor allen Dingen mitgesungen werden. Sänger der tanzenden Truppe ist Kevin Ridley und ähnlich wie die deutschen Fiddler´s Green schaffen sie es perfekt, den in britischen Pubs geborenen Folk ohne Umschweife auf die Bühne und unter das Volk zu bringen. Etwas auffällig, weil optisch so ein bisschen aus dem Rahmen fallend, hier meine Zeilen lesende, diesjährige Rockharzgänger werden wissen, was ich meine, ist die Violinistin Georgina Biddle, die allerdings frohen Mutes zu den Waisen musiziert und sich keck auf der Bühne bewegt.

 

 

 

 

 

Rockharz 2018 -TrollfestMit einer Menge, an einen Kindergeburtstag erinnernden Luftballons, bevorzugt in der länglichen Form und mannigfachen Kopfbedeckungen, so ziert den Bassist eine Kappe in den deutschen Nationalfarben und der Bläser hat so etwas wie einen Tropenhelm auf dem Schädel, gibt es mit Trollfest heute die Spaßkappelle, Part 1. Während sich die norwegischen Folk Rocker gegenseitig auf der Bühne jagen und mitunter so ein ziemliches aber so auch gewollten Chaos zelebrieren, dankt es ihnen das Publikum mit mannigfachen Tanzeinlagen, die letztendlich in diversen Polonaisen eskalieren. Nachdem sich das Chaos auf der Bühne so auch allmählich auf das abfeiernde Volk übertragen hat, begibt sich ein Bandmitglied in die Massen und führt die bis dato längste Menschenschlange an.

 

Rockharz 2018 - AvatariumNochmal Doom, diesmal von Avatarium, und mehr im bluesrockigen Gewand, dargeboten von der wunderhübschen, im langen weißen Kleid / Gewand gezierten Jennie-Ann Smith und dem Ausnahmegitarristen Marcus Jidell. Obwohl Jennie, und da sind sich alle Berichterstatter einig, mit den besten femalen Vocals des ganzen Festivals auftrumpfen kann und Mister Jidell wohl auch den diesjährig begnadetsten Saitenhexer abgibt, hält sich das Harzer Publikum mit Stürmem der Begeisterung eher zurück. Klar werden die schwedischen Rocker gefeiert und abgeklatscht, dennoch verlangt dieses musikalische Genie eine weitaus größere Akzeptanz. Ist es wirklich nur der Hitze und Trockenheit geschuldet oder muss man doch annehmen, dass es dem hiesigen Publikum primär um den Spaß- und Jodelfaktor geht, so entsprechend affine Bands, die vor und nach den Schweden spielten, allesamt intensiver gefeiert wurden. Letztlich ist das für mich persönlich auch Jacke, denn mir treten bei Songs wie "Into the Fire / Into the Storm", "Pearls and Coffins", "Girl With The Raven Mask", "The Sky At The Bottom Of The Sea", "Moonhorse" und natürlich "Avatarium" reihenweise die Tränen in die Augen, so Avatarium genau meinen Nerv treffen und dazu gibt es exzellente Soli von Marcus., ja Licks die einfach zum Niederknien sind.

 

Rockharz 2018 - GloryhammerÄhnlich wie bei Alestorm, den Tag davor, ist nun mit den schweizerisch-englischen Powermetallern von Gloryhammer eine Band auf der Bühne, die vor allen Dingen für eines steht, nämlich Spaß, Fun und Heiterkeit. Hier nimmt sich keiner ernst und die all umspannenden Themen sind Bier, Bier, nochmals Bier und dazwischen die "Hoots". Christopher Bowes von der schottischen Pirate-Metal-Band Alestorm haben wir diese Powermetaller zu verdanken. Selbiger bedient übrigens im schwarzen Umhang die Tasten während seine verkleideten Mannen um den im spacigen Outfit gekleideten Sänger Thomas Winkler ", sprich "Angus McFive" eine Granate nach der anderen raushauen. Mit dem Titeltrack des letzten Albums "Rise Of The Chaos Wizard" startet die fulminante Show. Es folgt "Legend Of The Astral Hammer", natürlich mit dem spacigen Hammer. Die Powergranate "The Hollywood Hootsman" kennt jeder, mag jeder und singt folglich auch im Chor ein jeder mit.

 

Rockharz 2018 - GoitzscheMit typischem Deutschrock aus Bitterfeld in Sachsen geht es nun weiter. Goitzsche Front nennt sich der Vierer, der seit 2009 auf den Brettern steht und schon vier Alben sein eigen nennt. "Deines Glückes Schmied" ist vom Februar diesen Jahres und der korpulente Shouter Pascal "Bocki" Bock mit Glatze und voll tätowierten Armen haut die bekannten Phrasen in das Mikro. Deutschrock halt, wie er von hundert anderen Bands auch gezockt wird. Aus dieser Menge heraus zu ragen ist schwer. Die sächsische Front, bei mir hinterlässt sie keinen bleibenden Eindruck, hat es immerhin auf die heutige Bühne geschafft.

 

 

 

Rockharz 2018 - ExodusExodus wurden 1981 in Richmond gegründet und entstammen der legendären Bay Area in Kalifornien. Sie zählen zu den Urvätern, ja Begründern des Thrash Metal und haben Bands wie Death Angel oder Testament maßgeblich beeinflusst. Die heute bekanntesten Mitglieder sind Gary Holt an der Gitarre und der verstorbene Sänger Paul Baloff. Einige wissen es vieelicht nicht oder haben es verdrängt, denn gegründet wurden Exodus vom Schlagzeuger Tom Hunting und dem heutigen Metallica-Gitarristen Kirk Hammet, der allerdings schon 1983 wieder ausstieg. Mit "Bonded By Blood" von 1985 und "Pleasures Of The Flesh" von 1987 schufen Exodus wahre Meilensteine des Genre. Der letzte Output "Blood In, Blood Out" datiert bereits von 2014. "We are Exodus from the Bay Area. Are you ready for violence?" fragt der aktuelle Shouter Steve Souza und nachdem selbige Frage eindeutig mit "Yeah" beantwortet wird gibt es schnörkellosen, derben Metal mit Arschtrittgarantie vom allerfeinsten und Steve ist dazu richtig gut bei Stimme.

 

Rockharz 2018 - CannibalNach dem US-amerikanischen Thrash-Gewitter folgt kurz darauf ein weiterer Sturm, präsentiert von den fast auch schon als Veteranen einzustufenden Cannibal Corpse. Die gibt es seit 1989, entstammen dem Staate New York und sind seit etwa Anbeginn bei dem Kultlabel Metal Blade Records unter Vertrag. Die Deathmetaller um den ständigen bangenden und abmoshenden Corpsegrinder George Fisher legen los, wie die Feuerwehr und walzen mit ihren brutalen, ultraharten Songs alles nieder. Da fliegen die Haare , da wirbelt der Staub in den diversen Mosh- und Circlepits auf und auch die Grabenschlampen kriegen wieder was zu tun.

 

Rockharz 2018 - ReiterDie Apokalyptischen Reiter gründeten sich 1995 in Weimar in Thüringen und sind zum sechsten Mal dabei. Ich selber sah sie auf dem Rockharz in 2015. Was die Band um Sänger Daniel "Fuchs " Träumel zwischen den Scheiben "Riders On The Storm" aus 2006 und "Licht" aus 2008 genommen haben, kann man stilistisch als Quantensprung bezeichnen. So wandelt man von einer mehr im Death und Trash orientierten Band in eine nun mehr poppig, folkloristisch orientierte Richtung und verfolgte diesen Stil konsequent weiter. Mit "Wir Sind Zurück" vom letzten Album "Der Rote Reiter" aus 2017 kündigt sich der Fünfer heute großspurig an und legt eine beeindruckende Performance auf die Bühne. Die Bühnenaufbauten sind opulent und wie die Kleidung der Musiker äußerst farbenfroh. Mark Szakul (Dr. Pest) macht es sich hinter einem in grellen Tönen, vornehmlich mit blutroten Schlieren, bemalten Keyboard bequem und für "Fuchs" gibt es passende Quader auf die und von denen er mit gespreizten Beinen wieder runterspringen kann. "Es Wird Schlimmer", das großartige "Seemann" und der Titeltrack zeugen von den "neueren" Reitern. Bei "Reitermania" ist aber alles wie immer und die Schlauchboote bewegen sich im Meer aus mehr als 20.000 Händen. Bei "Herz In Flammen" zerreißt es den Singer sprichwörtlich und er kniet vor seinen Fans nieder. Bei den vermehrt deathmetallastigen Nummern gibt es neben zahlreichen Circle- und Moshpits, Crowdsurfern ohne Ende auch ein richtige "Wall of Death" und mit "Wir Reiten" passt auch das Ende, wie die berühmte Faust aufs Auge.

 

Rockharz 2018 - ParadiseWeiter geht es mit den britischen Gothic Metaller von Paradise Lost um den charismatischen Fronter und Sänger Nick Holmes. "Back to the Roots", so könnte man das letzte Album "Medusa" aus 2017 kurz charakterisieren, mit dem die Engländer wieder zurück zu ihren Ursprüngen gehen und sich wieder wesentlich doomiger, metallischer und sehr vom Sludge beeinflusst darstellen. Los geht es allerdings mit "No Hope In Sight", einem Song vom Vorgänger "The Plague Within". Mit "Bood And Chaos", "From The Gallows" und "The Longest Winter" sind drei schnellere, härtere Tracks vom aktuellen Machwerk dabei. Daneben kommen aber auch Klassiker wie "Shadowkings", "Requiem " und als Rausschmeißer "Say Just Words" von "One Second" aus 1997 zur Darbietung. Der Fünfer aus Halifax gibt sein bestes. Für derben Gothic Rock mit metallischen Ausflügen, der am besten im wabernden Nebel und bei diffusem Licht zur Geltung kommt, ist noch viel zu warm und insbesondere viel zu hell.

 

Rockharz 2018 - KnorkatorMusikalisch werde ich mit Knorkator, namentlich Stumpen im roten Dehnkostüm, Buzz Dee an der Gitarre und Alf Ator am Keyboard wohl nie so ganz warm werden. Es mag auch sein, dass mir für Songs wie "Alter Mann", "Ich lass mich klonen", "Der ultimative Mann", "Ich bin der Boss", "Weg Nach Unten" oder "Wir Werden Alle Sterben" die Reife fehlt oder ich einfach zu ernst bin um Diskussionen über Narzissmus, Abendtoiletten oder überflüssige Letter im Alphabet zu folgen. Wie dem auch sei. Bei Knorkator wird abgefeiert bis sich die Balken biegen und vor lauter Crowdsurfern, die bereits mit dem ersten Song, nämlich "Alter Mann" ankommen wird auch das Fotografieren der einzelnen Protagonisten zusehends schwíeriger. Dann gibt es für uns Knipser allerdings das ultimative Erlebnis den Stumpen persönlich holt uns auf die Bühne und alle, zumindest die, die des Kletterns über die Boxen im Graben tauglich sind, folgen ihm nach. Irgendwie scheint er an mir sogar einen Besen gefressen zu haben, denn aus den mindestens zwanzig Reportern auf der Bühne schnappt er ausgerechnet mich und wir gehen dann mal ne Runde knuddeln.

 

Rockharz 2018 - In flamesNach der längeren und durchaus beeindruckenden sowie stimmungsvollen Dankesrede zum 25. Jubiläum, bei der insbesondere frühere Mitarbeiter, Organisatoren und der Besitzer des Flugplatzes gelobt und beurkundet werden, ist dann Zeit für den Headliner des Tages beziehungsweise des gesamten, diesjährigen Festivals. Die schwedischen In Flames, wie so viele tolle Bands natürlich aus Göteborg stammend, wurden 1990 durch Jesper Strömblad gegründet, der zuerst das Schlagzeug malträtierte, dann sich an den sechssaitigen Klampfen ausließ und zu guter letzt noch in die Tasten haute. Niclas Engelin an der Gitarre und der Shouter Anders Friden sind heutzutage die bestimmenden Members der Band, die einst als Begründer des Melodic-Death-Metal galt. In dieser Form war ich auch sicherlich kein Fan der Schweden, da mir die Songs einfach zu rau, zu druckvoll, ja zu aggressiv und zu technisiert rüberkamen. In Flames wandelten sich jedoch mit der Zeit und heute klingen sie viel melodischer mit weniger Death und viel mehr Modern-Anteilen. Die heutigen Bühnenaufbauten sind einfach gigantisch, ja phänomenal und eines echten Headliners würdig. Dazu untermalen sie ihre kreativen Soundarrangements mit einer unglaublich tollen, ja insgesamt wahnsinnig hellen und farbenfrohen Lightshow mit teils sehr witzigen Videosequenzen, so dass Hör- und Sehnerven gleichermaßen aufs Höchste verwöhnt werden. Von der Songauswahl gibt es mit "Alias", "Delight And Angers", "The Chosen Pessimist" und "The Mirror´s Truth" insgesamt vier Tracks vom 2008-Album "Sense Of Purpose" und drei Songs vom aktuellen Werk "Battles" aus 2016, nämlich "Here Until Forever", The End" und "The Truth". Mit drei Tracks ist gleichsam "Sounds Of A Playgrund Fading" aus 2011 dabei. Ansonsten werden noch fünf weitere Alben berücksichtigt, wobei "Cloud Connected" von "Reroute To Remain" aus 2002 den ältesten Song darstellt.

 

Rockharz 2018 - lastNach In Flames, ich lasse die letzten Fotografenkollegen mit Manntra alleine im Graben, begebe ich mich müde und kaputt auf den Heimweg, da es schon morgen mit Deep Purple in Mönchengladbach und direkt am Montag mit Arch Enemy in Köln weiter geht. Trotz inzwischen zahlreich besuchter Festivals, die Einzigartigkeit dieses Open Airs im Harz bleibt bestehen. Nirgendwo kann man mehr Bands sehen, genießen und das in wirklich familiärer, lockerer Atmosphäre. Als Liebhaber des klassischen Rocksounds, des Pagan- und des typischen Heavy Metal waren Primal Fear, Avatarium, Finntroll und Hammerfall meine Favoriten. Jeden Tag gab es mit Kreator, Powerwolf, Hammerfall und In Flames einen würdigen Headliner mit einer opulenten Pyro- und Lightshow. Nothgard sind für mich die Neuentdeckung des Festivals und endlich durfte ich mit Ross The Boss mal die ehemalige Klampfe von Manowar genießen.

 

Bereits für das nächste Jahr sind Children Of Bodom, Cradle Of Filth, Epica, Dragonforce, Overkill, Grand Magus, Hämatom und andere bestätigt. Unter https://www.rockharz-festival.com/ erfahrt ihr alle Neuigkeiten. Bleibt mir nur abschließend zu sagen: "Rockharz - Vielen Dank für diese tollen Tage und bis zum nächsten Jahr".



Autor: Andreas Gey - Pics: Andreas Gey