BURNING WITCHES - Wir lassen uns nicht für den Erfolg kaufen!


Ist das der Fluch der Hexen, oder warum komme ich hier von einem Stau in den nächsten? Dann noch heftiges Schneegestöber, na toll. Nebenbei rennt die Zeit, und ich komme viel zu spät an der Zeche in Bochum an. Natürlich läuft der Einlass schon, also ist Anstellen keine Option. Und ich wäre nicht Pistol, wenn sich nicht doch eine Möglichkeit finden würde, ins Innere der Venue vorzudringen. Dann direkt den Tour-Manager angeklingelt und in Windeseile mit der äußerst erzählfreudigen Bassistin Jay Grob und dem charmanten Neuzugang an der Gitarre, Sonia Nusselder, in die Lounge zurückgezogen, um das Interview zu starten. Hier wartet auch schon der nächste Fallstrick auf mich. Bei meinem letzten Treffen mit den brennenden Hexen hatte ich mich hervorragend in deutscher Sprache unterhalten. Nun lebt Sonia aber in den Niederlanden, und ich musste alles ins Englische umswitchen. Das ist eben Rock´n´Roll: immer wieder für Überraschungen gut. Aber alles gut, es wurde eine nette und informative Unterhaltung, die mir großen Spaß bereitet hat. Die Ladies sind wirklich sehr sympathisch.

logoPistol: Hallo Jay, hallo Sonia. Ich hoffe es geht Euch gut. Dann starten wir mal mit der Standard-Frage: Wie kam es zu der Gründung von Burning Witches?

Jay: Ja, hallo Pistol! Wir kennen uns ja schon von einer Show im letzten Jahr. Also, Romana hat die Band gegründet. Es war ein lang gehegter Traum von ihr, eine reine Frauen-Band aufzustellen. So holte sie mich vor drei Jahren als Bassistin dazu. Dann lernten wir durch Zufall Seraina kennen, auf einem Konzert, das von Romanas Mann veranstaltet wurde. Es war das Metal Master, wo wir uns getroffen haben und dann zu dritt zu proben begannen. Wir bemerkten direkt, wie toll sie singt, und daher wollten wir sie natürlich in der Band behalten. Unsere Schlagzeugerin Lala haben wir über music.ch gefunden. Das ist eine Plattform für Musiker in der Schweiz. Auch hier passte es sofort. Dann hatten wir am Anfang noch Alea an der Gitarre, die aber dann ausgestiegen ist. Und Du, Sonia, bist von Romana über Facebook angeschrieben worden, wenn mich richtig erinnere.

Sonia: Ja richtig, Schmier und Romana schickten mir eine Nachricht über Facebook, ob ich nicht Lust hätte, bei Burning Witches einzusteigen.

Pistol: Aber Du bist auch eine Bassistin, Sonia, in einer anderen Band. Das habe ich auch auf Facebook gesehen?

Sonia: (lachend) Oh ja, so ist es.

Pistol: Es ist jetzt ziemlich genau ein Jahr her, dass ich Euch zum ersten Mal live gesehen habe. Und zwar im Little Devil in Tilburg. Was ist denn so passiert in der Zwischenzeit?

Jay: Oh, eine Menge! Wir sind durch Spanien getourt. Ist das wirklich schon ein Jahr her? Unglaublich!

Sonia: Ich habe in Tilburg aber nicht mitgespielt. Aber wir sind in Spanien gewesen und haben jede Menge im europäischen Ausland gespielt; zusammen mit vielen verschiedenen coolen Bands, wie Nervosa zum Beispiel.

Pistol: Nein, ich weiß. Im Little Devil hat Simone Van Straten von den Sisters Of Suffocation ausgeholfen.

Jay: Ja, dann hatten wir die CD-Taufe und Release-Party von unserem aktuellen Album „Hexenhammer“. Dazu noch der Dreh für das „Hexenhammer“-Video; einfach eine Menge Dinge in der relativ kurzen Zeit.

Pistol: Ihr seid ja jetzt relativ schnell aufgestiegen; von den kleineren Klubs hin zu größeren Locations. Wann können wir mit dem ersten Stadion-Konzert rechnen?

Jay und Sonia lachen herzhaft!

Jay: Das werden wir sehen, haha. Das wissen wir natürlich nicht, aber es wäre schön, wenn es irgendwann passieren würde. Aber zurzeit steht es wohl noch in den Sternen, denke ich.

Sonia: Oh ja, ein Traum würde Wirklichkeit werden!

Pistol: Ja, das denke ich, aber ich drücke Euch die Daumen, dass es vielleicht einmal klappt. Und damit wären wir beim nächsten Punkt: Wie weit würdet Ihr für den Erfolg gehen? Und wo wäre der Punkt, wo Ihr sagt, „Niemals“?

Jay: Hm, das ist sehr schwierig. In erster Linie bleiben wir uns treu und spielen die Musik, die uns Spaß macht. Wir wollen uns da nichts vorschreiben lassen. Nur um des Erfolges Willen lassen wir uns nicht verbiegen oder spielen auf einmal Schlager oder so etwas. Wir lassen uns auch nicht kaufen für den Erfolg! Das Burning Witches-Konzept ist in unseren Augen gut so wie es ist. Da stehen wir hundertprozentig dahinter und werden sehen, wohin es uns führt.

burning witchesPistol: Die Einstellung gefällt mir sehr gut. Ich frage das einfach, weil viele Bands mit einer gewissen Idee starten oder in einem bestimmten Genre. Und dann kommt einer vom Label oder auch Management und sagt, „ Nein, so wird das nichts. Ihr müsst jetzt dieses oder jenes verändern“.

Sonia: Nein, wir lieben die Musik, die wir machen. Wir sind alle große Fans von Bands wie von Judas Priest oder ähnliche Gruppen dieser Richtung.

Pistol: Ja, das ist nicht schwer zu erkennen, wo Eure Wurzeln liegen. Aber könnt Ihr mal Eure Musik für jemanden beschreiben, der noch nie einen Song von Burning Witches gehört hat?

Sonia: Ja klar, es ist sehr frisch gespielter Heavy Metal, aber gleichzeitig auch mit einer Portion Old School Metal, so wie er in den Achtzigern gespielt wurde. Dafür ist die Produktion sehr modern, also klingt es nicht angestaubt oder altbacken, sondern eben frisch und neu. Dabei bleibt es halt angelehnt an den Geist der großen Bands aus dieser Zeit, wie Dio, Iron Maiden, Iced Earth und eben Judas Priest. Und wir transportieren es in das einundzwanzigste Jahrhundert, haha.

Pistol: Und warum sollten die Leute zu einer Burning Witches-Show gehen? Was erwartet sie dort?

Jay: Haha, weil es abgeht wie ein Zäpfchen natürlich und wir brennende Hexen sind. Weil wir dem Publikum auf der Bühne einheizen und eben auch für Leute, die vielleicht nicht unbedingt Metalheads sind. Wir haben viele Fans, die eigentlich sonst gar keine Metal-Musik hören. Sonia, was sagst Du dazu?

Sonia: Na, es ist eben ein Menge Spaß dabei, und die wollen wir ins Publikum rüberbringen.

Pistol: Gut, wer ist denn zuständig für das Songwriting?

Sonia: Romana und Seraina schreiben eigentlich die Lieder, die Texte und Kompositionen. Und wir fügen dann später unsere Ideen dazu.

Jay: Ja genau, die beiden schreiben die Songs, und wenn wir Ideen haben, wird halt geschaut, ob und wie es passen könnte oder eben nicht. Hauptsächlich sind aber Romana und Seraina verantwortlich dafür.

Sonia: Zum Beispiel Solo-Einlagen oder Breaks, das stimmen wir dann gemeinsam ab.

Pistol: Und Seraina schreibt auch die meisten Texte, denke ich?

Jay + Sonia: Ja, das ist ihr Job.              

Pistol: Eure bisherigen Veröffentlichungen gab es alle auch auf Vinyl. Ich bin ein absoluter Vinyl-Fan und begrüße das natürlich sehr. Aber was haltet Ihr von den ganzen neuen Medien, digitale Soundfiles wie MP3-Dateien, Streams oder so etwas?

Sonia: Also, ehrlich gesagt, finde ich, nur wenn Du eine Schallplatte in den Händen hältst, hast Du das Gefühl, dieses Stück Musik zu besitzen, wenn Du sie selber in der Realität anschauen kannst. Wenn Du nur eine Datei auf Deinen Rechner oder dein Mobiltelefon runterlädst, kannst Du niemals das Gefühl haben, diese Platte zu besitzen oder gekauft zu haben. Anderseits ist es okay, wenn Du die neuen Medien dazu nutzt, um nur Musik zu hören. Ich will es nicht schlecht reden. Es ist eben der Zeitgeist.

Jay: Natürlich ist es modern, aber was ich wirklich schade finde, ist, wenn sich die Leute alles umsonst irgendwo runterladen, als wäre es normal. Schließlich arbeitet die Band hart dafür, investiert eine Menge Zeit und Geld. Man komponiert die Songs, geht ins Studio, bereitet alles vor und tüftelt die Arrangements aus, damit alles perfekt wird, und am Ende kannst Du es irgendwo im Internet runterladen, ohne das die Band irgendetwas davon hat. Das ist total schade.

burning witchesPistol: Das ist das eine. Und auf der anderen Seite ist heutzutage so eine Wegwerf-Mentalität. Du lädst Dir etwas runter, hörst es an und schmeißt es dann weg.

Sonia: Siehst Du? Und wenn Du Dir eine Schallplatte holst, ist das mit ein wenig Anstrengung verbunden. Du musst zu dem Plattenladen oder eben auf ein Konzert fahren, dort das Album kaufen und sicher nach Hause bringen.  Es ist ein bestimmter Ablauf, der erforderlich ist, um letztlich in den Genuss der Musik zu kommen. Aber es hat etwas wirklich Kraftvolles, aus dem du Energie schöpfen kannst. Das unterscheidet es von der Musik, die Du vielleicht in Deinem Computer hast.

Pistol:  Was ist das für ein Gefühl, Erfolg zu haben und von den Fans gefeiert zu werden?

Jay: Absolut überraschend, einfach toll. Ich habe nicht damit gerechnet, dass es so abgeht. Es ist ein megaschönes Gefühl, aber auch absolut neu. Auf einmal wollen alle Unterschriften von Dir oder Fotos. Plötzlich stehst Du im Mittelpunkt, obwohl wir sehr am Boden geblieben sind, denke ich mal. Wirklich wunderschön, aber man sollte normal bleiben dabei. Ich feiere das jetzt nicht zu Hause ab und sage, „Hey, ich bin jetzt der Star!“, oder so. Wir sind immer noch alle ganz normale Mädels.

Sonia: Einfach wunderschön, und wenn ich von der Bühne in die strahlenden Gesichter sehe, ist das einfach unbezahlbar, zu sehen, wie meine Musik die Menschen glücklich macht, und sie singen und tanzen. Das ist schon sehr beeindruckend.

Jay: Genau, der Moment, wenn man merkt, die Leute vor der Bühne haben Freude an dem, was Du da gerade machst. Das ist ein sehr, sehr schönes Gefühl.

Pistol: Mal eine Frage, die mir gerade so einfällt dazu: Denkt Ihr ohne die Unterstützung von Schmier hätte sich der Erfolg genauso schnell eingestellt? Ihr habt ihm bestimmt einiges zu verdanken, denke ich mal.

Jay: Ja, das glaube ich auch, dass wir ihm da einiges zu verdanken haben. Er ist ja schon sehr lange im Metal-Business und hat sehr viele Kontakte, die uns da genützt haben. Außerdem hat er die Erfahrung und kann uns mit Tipps unterstützen, wie wir bestimmte Dinge anpacken können. Aber auch Romanas Mann Damir, der schon lange im Business ist, voll hinter uns steht und mithilft.

Pistol: Ich erinnere mich noch gut daran, als ich damals die erste Schallplatte von Destruction gekauft habe. Die Fotos mit den damals noch Bubis quasi, aber das Outfit habe ich dann direkt kopiert mit Patronengurt und Nietenjacke. Das war schon cool.

Jay lacht lauthals

Pistol: Wie ist denn der Kontakt zu den Fans außerhalb von Konzerten? Gibt es da eine Fan-Base oder pflegt Ihr das?

Jay. Also, wir haben zwei Fanseiten auf Facebook: einmal die Burning Witches-Seite und dann nochmal den Burning Witches Fan Club.

Sonia: Und “Fans Of The World!

Pistol: Was echt jetzt, “Fans Of The World”?

Jay: Ja, das ist aber nicht von uns, diese Seite. Das hat irgendein Fan gemacht. Natürlich sind wir auch auf Instagram. Viele schreiben uns auch persönlich, und wenn ich Zeit habe, schreibe ich natürlich zurück und bedanke mich. Weil ohne Fans bist Du ein Niemand, und wir würden nicht da stehen, wo wir heute stehen. Die Unterstützung ist schon sehr wichtig.

Sonia: Es ist schon überwältigend, wie viele Menschen uns schon kennen. Sie sprechen uns in allen möglichen Sprachen an. Das ist schon unglaublich.

burning witchesPistol: Na, aber das ist doch prima. Viele meiner Bekannten, vorwiegend die männlichen, haben sich in früheren Tagen eine Gitarre umgeschnallt, um die Mädels zu beeindrucken. Wie ist das bei einer reinen Frauen-Band? Gibt es da so etwas wie männliche Groupies?

Jay: Ja, wir haben männliche und auch weibliche Groupies. Wobei es doch schon sehr viele weibliche Groupies sind, was wir sehr toll finden. Die wollen dann wissen, woher wir unsere Bühnenkleidung bekommen und so.

Sonia: Na, ich habe nicht angefangen, Gitarre zu spielen, um Männer zu bekommen, sondern wegen der Musik und die Inspiration durch Musiker, die ich gerne höre.

Pistol: Das ist genau das, was ich denke und wie ich Dich eingeschätzt habe. Ich glaube, das ist eher so ein Männerphänomen, vielleicht auch um Komplexe zu kompensieren, haha.

Jay: Ja, wir haben auf jeden Fall beides, was ich persönlich auch sehr gut finde, das wir und unsere Musik auch bei Mädels gut ankommen.

Pistol: So sollte das auch sein, schließlich geht es ja um die Musik. Was macht denn eine Hexe so ihrer Freizeit? Wenn ihr mal keine Musik macht oder auf Tour seid?

Jay: Ähm, arbeiten. Wir sind alle noch am Arbeiten. Aber wir unternehmen auch viel in unserer Freizeit zusammen, außer Sonia, da sie in den Niederlanden lebt. Sie kann dann nicht mal eben mit ins Kino. Aber sonst sind wir halt viel zusammen, gehen gemeinsam auf Konzerte und natürlich machen wir auch viel mit der Familie und unseren Freunden oder Ehemännern (Sehe ich da jetzt enttäuschte Gesichter bei den Lesern? – Anm. des Verfassers)

Sonia: Ja, zu Konzerten gehe ich auch, wenn ich nicht arbeiten muss.

Pistol: Wo genau lebst Du denn in den Niederlanden?

Sonia: In der Nähe von Amsterdam, ein kleiner Vorort.

Pistol: Okay, wir sind sehr oft in den Niederlanden, um Konzerte zu sehen; vorwiegend im Grenzgebiet, da es nicht so weit von uns weg ist. Wir lieben die Klubs dort. Fast immer hast Du dort gutes Licht und tollen Sound. Die Leute sind sehr entspannt. Es macht einfach Spaß dort. Und wo wir schon beim Spaß sind: Was macht Euch glücklich?

Jay: Haha, also mich macht es glücklich, wenn ich gut geschlafen habe, ein tolles Frühstück am Morgen. Im Tour-Bus klappt das derzeit mit dem erholsamen Schlafen nicht so gut. Natürlich gesund zu sein, die Mädels von der Band zu sehen. Es sind eben die kleine Dinge, die mich glücklich machen. Na, und natürlich mit meinem Freund Zeit zu verbringen.

Pistol: Fahrt Ihr denn zusammen mit den Leuten von Grave Digger im Tour-Bus? Bekommt Ihr denn da auch Fleisch zu essen?

Jay: Haha, ja sicher! Wir bekommen alles, haha.

Sonia: Ich bin glücklich, wenn ich ein Solo perfekt und sauber spiele oder sehr epischer Musik zuhöre, wie zum Beispiel von Yngwie Malmsteen. Es macht mich überhaupt glücklich, Musik von guten Gitarristen zu hören.

burning witchesPistol: Gut, und wie sind Eure Pläne für die Zukunft?

Jay: Erst einmal viele Konzerte spielen. Wir sind auch auf einigen Festivals dieses Jahr: auf dem Summer Breeze und Baden In Blut, zum Beispiel, und jede Menge sonst. Ich weiß gar nicht, was da alles ansteht. Und Romana und Seraina schreiben schon an neuen Songs.

Pistol: Also die üblichen Dinge quasi, wie eine USA Tour oder so?

Sonia: Lasst Euch überraschen! Nein, eine USA-Tour wäre natürlich der Hammer.

Pistol: Das denke ich auch. Gut kommen wir zum Ende: Gibt es noch etwas, das Ihr unseren Lesern mitteilen wollt?

Sonia: Hört nicht auf, Eure lokalen Musiker zu unterstützen, und alle anderen Musiker, die Ihr gut findet. Und hört Euch „Hexenhammer“ an und genießt frischen Metal.

Jay: Und natürlich ein dickes Dankeschön an die Fans, denn ohne die Fans wären wir nicht so weit gekommen!

Sonia + Jay im Chor: Horns up!

https://www.facebook.com/burningwitches666/

http://burningwitchesband.bandcamp.com/



Autor: Pistol Schmidt