KANSAS - THE ABSCENCE OF PRESENCE


Label:INSIDEOUT
Jahr:2020
Running Time:47:27
Kategorie: Neuerscheinung
 

Ich mach das jetzt mal anders, denn dieses Album ist anders. „The Prelude Implicit“ (2016) war schon extrem gut. Voller ausgereifter Songs, Spielfreude und -Witz. Ein Release, der würdig war, den Namen Kansas zu tragen. Doch was die Mannschaft hier und heute auf „The Absence Of Presence“ machen, haut den stärksten Früher-war-alles-besser Anachronisten vom Schlitten. Das ist kein Longplayer voller guter Tracks, dies ist ein Werk. Dieses Epos ist so dermaßen aus einem Guss, dass es sich verbietet, einzelne Nummern hervorzuheben. Daher werde ich das auch nicht tun. Wohl aber werde ich dieses geniale Stück Musik in die Kansas Discografie einsortieren. Und dort nimmt es einen erfreulichen Platz ein, zwischen dem absoluten Geniestreich „Leftoverture“ (1976) und dem völlig verkannten Hammeralbum „Freaks Of Nature“ (1995). „Leftoverture“ steht Pate, wenn es um brillante, vertrackte Wendungen in den Beiträgen geht, überragende Dynamik, die nie aus den Augen verliert, dass ein Stück auch immer einen guten Refrain braucht und sich beim Hörer in den Lauschern festsetzen sollte. Aber das allein ist nicht genug, man mengt hier eine gute Portion der frischen Härte und Progressivität von Freaks Of Nature unter. Die Gitarren dürfen bissig zupacken, die Drums fordernd nach vorne preschen und die allgegenwärtige Violine den Schmelz darauf zaubern. Von räucherstäbchenschwangerer Hippie Seligkeit und Nostalgie Geschwurbel zum Glück absolut keine Spur.

Packende Rocksongs, Spannungsbögen, die den Hörer fast zerreißen und dann wieder samtpfotig in die Täler der Dynamik mitnehmen. Es ist prachtvoll, es ist episch, es fordert ohne zu nerven, es ist über die Maßen inspirierend. Den alten Hasen mit neuem Frontmann ist hier ein Juwel gelungen. Selbst nach dem sauguten Vorgänger hätte ich mit einer solchen Glanzleistung nicht gerechnet. In Würde gealterte, geniale Musiker zurück auf dem Zenit ihrer Schaffenskraft. Wenn man da nicht seinen Hut zieht, wann dann. Nennt mich einen Jubelperser, aber mir gehen die Superlative, nicht die Begeisterung für dieses Magnum Opus aus. Es ist was es ist, ein Volltreffer, keine berechnend nostalgisch getrimmtes Ding für die ewig Gestrigen. Es ist trotz all der klassischen Anleihen mutig und modern, es ist spitzenmäßig produziert und es macht die Gänsehaut beim ersten Hören, die man von den richtig monolithischen Alben aus seinem Plattenschrank kennt. Wenn ich könnte würde ich elf Punkte vergeben. Macht Euch selbst ein Bild, aber sagt hinterher nicht, ich hätte Euch nicht gewarnt: Dieses Album macht total süchtig!

Note: 10 von 10 Punkten
Autor: Tammo Krauß


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