HORNA, FROSTED UNDERGROWTH, RUNENWACHT

Oberhausen, Helvete, 13.05.2023

Horna - Flyer - Vorwort - live - 2023Das Helvete in Oberhausen hat immer wieder starke Live-Line-Ups im Angebot, die durch den doch recht kleinen Konzertraum eine heimeligere Atmosphäre schaffen als es die großen Hallen im Ruhrgebiet können. Der Laden an sich ist schon sehr geil, so dass ich umso erfreuter war, als sich Horna dort ankündigten und die Redaktion mich dorthin entsandte.

 

 

 

 

 

 

 

 

Runenwacht - Vorwort - live - 2023Gegen halb sieben angekommen, fand sich vor der Tür bereits eine Menschenansammlung, die der Kleidung nach zu urteilen, ebenfalls auf den Einlass wartete, nach Gesprächen mit Bekannten und einem kurzen Schnack mit dem Türsteher ging es dann hinein. Das Publikum im Helvete war im Schnitt deutlich über dreißig und bunt gemischt. Schwarze Bandshirts und dazu passende schwarze oder getarnte Hosen waren - wenig überraschend - das modische It-Piece des Abends, mit ein paar teilweise skurrileren Ausnahmen. Mein Favorit war der Mensch mit der Bundeswehr-Splitterschutzweste (mit Einlagen der Schutzklasse zwei, wie er mir stolz verkündete), man kann ja nie wissen. Gefroren wird er zumindest nicht haben, soweit ich es mitbekommen habe, gab es aber an dem Abend vor Ort auch keine Granateinschläge mit Splitterwirkung. Aber besser haben und nicht brauchen, als umgekehrt oder so. Die Getränkepreise im Helvete sind durchaus fair, für 4 € gab es einen halben Liter alkoholfreies Becks, was eine gute Alternative zum gezapften „Halt’s Maul und sauf’, was da ist!“ (laut Aufschrift auf dem Zapfhahn) darstellte. 

Frosted Undergrowth - live - 2023Als gegen 20:00 die erste Band des Abends, Frosted Undergrowth, die Bühne betraten, war der Konzertraum bereits recht gut gefüllt. Der Auftritt war souverän, litt jedoch unter dem schlechten Sound. Leider sollte sich dieses Problem durch den Abend ziehen. Während der ersten Songs (der ganze Abend fand in sehr moderater Lautstärke statt, keine Band riss die 100 db Grenze) quälten echt asoziale Obertöne das Gehör des Publikums, mit der Zeit bekam die Technik das in den Griff, dafür veränderte sich der Mix des Gesangs in der zweiten Konzerthälfte sehr nachteilig. Frosted Undergrowth spielten ihr Set runter, wurden angemessen verabschiedet und machten sich an den Abbau. 

Runenwacht - live - 2023Runenwacht waren für mich der Höhepunkt des Abends. Leicht verzögert startete das Trio aus Esslingen und legte einen energiegeladenen und fulminanten Auftritt hin. Der Sound war zwar auch hier bestenfalls mäßig, die Atmosphäre jedoch riesig. Sänger Rex verfügte über eine gute Bühnenpräsenz und schaffte es, durch seine Interaktion mit dem Publikum, ebenjenes in einer durchgehend guten Stimmung zu halten. Der Moshpit zu „Blut und Stahl“ zog sich durch die komplette vordere Hälfte des Raums, sehr angenehm war die Vorsicht, die die vielen Beteiligten walten ließen, von Kollateralschäden bekam ich nichts mit. Ein mit Bier gefüllter Plastikbecher kam geflogen, aber auch hier war eigentlich keine Schutzweste erforderlich. Insgesamt war ich überrascht, dass, obwohl an den Bars einiges in Glasflaschen ausgeschenkt wurde, der Boden nicht voller Scherben war. Mehr noch, auch die Einwegplastikbecher schienen großteilig zurückgebracht oder eingesammelt worden zu sein, offenbar weiß man sich im Pott zu benehmen. Kein Vergleich zu anderen Konzerten, auf denen man im Laufe des Abends durch immer tiefere Müllschichten waten muss. Gegen Ende des Runenwachtgigs hatte die Raumtemperatur die dreißig Grad Marke geknackt. Lauschig. Zufrieden über den wirklich tollen Auftritt ging ich nach einer kurzen, sympathischen Unterhaltung mit Rex, der sich auf der Toilette abschminkte, dann mal den Merch inspizieren. Runenwacht boten eine kleine, aber feine Auswahl feil, der Merchstand von Horna war überraschend gut ausgestattet, dafür, dass es der vorletzte Termin der Tour war, gab es beinahe noch alles in allen Größen. Lediglich die Hobbitfraktion ging -wie auf so vielen Konzerten- leer aus, kleiner als „M“ war nichts zu haben. Die Preise (10 € für eine CD, 20 € für ein Shirt und 50 € für einen Zipper) waren ebenfalls durchaus angemessen. 

Horna - live - 2023Auf zum Headliner des Abends. Tatsächlich (Asche über mein Haupt) habe ich Horna zuvor nie live gesehen, und das, obwohl ich sie seit der Jahrtausendwende gerne höre. Der Sound war leider auch hier echt grottig, es fiel schwer, einzelne Songs auf Anhieb zu erkennen. Der Auftritt der Finnen war routiniert, mehr allerdings auch leider nicht. Eine Interaktion mit dem Publikum war kaum gegeben, da hätten sich die Jungs durchaus etwas von ihrer Vorgängerband Runenwacht abschauen können. Die doch recht steife Bühnenpräsenz der Finnen stand für mich in einem krassen Gegensatz zu den an sich doch sehr furorgeladenen Songs, tatsächlich fiel mir bei Klassikern wie „Kuoleva Lupaus“ erstmals richtig deutlich der Unterschied der Stimme von Spellgoth zu seinen Vorgängern auf. Den blanken Hass, der aus dem Album „Envaatnags Eflos Solf Esgantaavne“ trieft, konnte er live nicht gut transportieren. Horna spielten Songs aus allen Schaffensperioden, richtig mitreißen konnten sie mich jedoch leider nicht. Offenbar war ich damit nicht allein. Während des Konzertes verließen einige Leute die Location. In Gesprächen vor der Tür wurde der Sound und die fehlende Interaktion ebenfalls bemängelt. 

Setlist: Kun Lyömme Jumalan Kodin Liekkeihin, Sinulle, Mätänevä Jehova, Haudattujen Tähtien Yönä, Juuret, Synkän Muiston Äärellä, Noidanloitsu, Kuoleva Lupaus, Merkuriana, Näkyjen Tuhkasta, Mustan Kirkkauden Sarastus, Örkkivuorilta

Dennoch war es trotz subtropischer Temperaturen und wirklich schlechtem Sound ein wunderbarer Abend. Runenwacht lieferten mit Abstand den besten Gig ab, trotz ausreichend Alkohol war die Stimmung ausgenommen friedlich. Tagesvollster war offensichtlich der junge Herr, der - während er versuchte, an der Garderobe falsch herum in seinen Pullover zu schlüpfen (ist aber auch tückisch, so ein Kleidungsstück) - von einem die Treppe heraufkommenden Menschen davon abgehalten werden musste, eben jene mit der Kapuze über'm Gesicht hinunterzufallen. Beschwingt, mit neuem Merch ausgestattet und erfreut darüber, viele Menschen wiedergetroffen zu haben, machten wir uns dann an die Heimreise, auf der wir dann Horna von Platte mit gutem Sound genießen konnten.



Autor: Andreas Sprack - Pics: Andreas Sprack