GOLDEN EARRING - LIVE

Label: | POLYDOR |
Jahr: | 1977 |
Running Time: | 87:07 |
Kategorie: |
Classics |
Ich hatte schon länger Zeit überlegt, ein Classic Review zu Golden Earring zu schreiben. Letztendlich wurde ich durch den Tod von Gitarrist und Gründer George Kooymans am 22.07.2025 (demselben Todestag wie Ozzy Osbourne!) wieder daran erinnert. Die Niederländer hatten im Prinzip drei verschiedene Phasen, die sie musikalisch durchlebten: Die frühe Beat-Phase von 1965 bis 1969 (noch als Golden Earrings), in der sie noch sehr Oldie-mäßig unterwegs waren, die mittlere Prog-/Hard Rock-Phase von 1969 bis 1981 und schließlich die Pop-/Rock-Phase, die sie ab „Cut“ (1982) bis praktisch zum Schluss eingeschlagen hatten. Die zweite Phase, ihre rockigste und beste, ist natürlich meine favorisierte; vor allem von „Eight Miles High“ (1969) bis zum ersten offiziellen Live-Album, um das es hier geht; eine Doppel-LP, die zwar insgesamt nur zehn Songs enthält, aber eigentlich alles bietet, was ich an Live-Alben aus den Siebzigern generell liebe: überlange Tracks, viel Spielfluss und Improvisation, dazu die Tatsache, dass auch Golden Earring live deutlich härter waren als auf ihren Studio-Alben. Das liegt vor allem daran, dass man nach dem Ausstieg von Keyboarder Robert Jan Stips auf einen gleichwertigen Ersatz verzichtete und stattdessen mit Eelco Gelling ein zusätzlicher zweiter Gitarrist mit dabei war, durch den sich die Musik noch freier entfalten konnte. Durch die Verspieltheit bietet die Band eine gewisse Progressivität, die auf der Bühne noch deutlicher wurde als im Studio. Beide Klampfer duellen sich häufig gegenseitig in den Rausch.
Hier entsteht ein Flow, der den Hörer förmlich mitreißt. In der Setlist baut man hauptsächlich auf aktuelles Material. Drei Songs stammen von „Moontan“ (1973), drei von „Contraband“ (1976); dazu „She Flies On Strange Wings“ vom 1971er Album „Seven Tears“. Auch wenn es die Band zu dem Zeitpunkt schon zwölf Jahre gab, war dies ihr erstes Live-Dokument. Ganz altes Zeug sucht man hier vergeblich. Das macht aber nichts, denn „Live“ kommt wie aus einem Guss. Zwar fallen durch die langen Tracks auch ein paar weg, die die Fans sicherlich gerne mit drauf gehabt hätten, aber das ist bei guten Bands ja immer so ein Luxusproblem. Die Highlights sind die drei Stücke, die auf über zehn Minuten kommen: das spacig beginnende „Vanilla Queen“, das psychedelische, auf zehn Minuten getrimmte The Byrds-Cover „Eight Miles High“ (ohne Schlagzeug-Solo!) und natürlich der unvermeidliche Mega-Hit „Radar Love“. Aber auch alle anderen Songs stehen ihnen in Nichts nach. Auch wenn hier vielleicht nicht jeder Schuss ein Treffer ist, so funktioniert „Live“ in seiner Gänze einfach perfekt. Vor allem rocken Golden Earring aber ohne Ende und schieben Nörglern, denen die regulären Alben vielleicht nicht hart genug waren, einen Riegel vor. Zudem besticht das Werk mit seiner trockenen, bodenständigen Produktion. Wer eine gute Übersicht über die rockigste Phase der Niederländer haben will und generell auf Live (-Doppel)-Alben aus den Siebzigern steht, der sollte sich dieses tolle Teil unbedingt in das heimische Regal stellen! R.I.P. George Kooymans! Deine Musik lebt ewig weiter!
Tracklist:
First Heat:
Candy´s Going Bad (5:00)
She Flies On Strange Wings (7:13)
Mad Love´s Coming (9:45)
Second Heat:
Eight Miles High (10:00)
Vanilla Queen (12:40)
Third Heat:
To The Hilt (6:40)
Fighting Windmills (8:00)
Con Man (10:00)
Fourth Heat (We Want More):
Radar Love (12:40)
Just Like Vince Taylor (7:00)
Line-Up:
Barry Hay - Vocals
George Kooymans (R.I.P. 2025!) - Guitar
Eelco Gelling - Guitar
Rinus Gerritsen - Bass
Cesar Zuiderwijk - Drums
Note: Keine Wertung
Autor: Daniel Müller