SWEET - SWEET FANNY ADAMS


Label:RCA
Jahr:1974
Running Time:42:44
Kategorie: Classics
 

Kürzlich sind bei uns zwei Sweet-Reviews online gegangen. Da wird es doch auch mal Zeit für eine Classic Review. Häufig werden die Engländer nur milde belächelt wegen ihrer Fokuhila-Frisuren, den Schlaghosen und den bunten Glitzerklamotten. Ihr Debüt aus dem Jahr 1971, „Funny How Sweet Coco Can Be“, hatte noch kitschige Schunkel-Refrains und klang sehr Oldie-mäßig und aus heutiger Sicht auch altmodisch („Coco“, „Chop-Chop“, „Funny Funny“). Auf dem Zweitwerk sah das aber alles schon anders aus! Der Albumtitel „Sweet Fanny Adams“ ist ein Slang-Ausdruck für den englischen Kindermörder Frederick Baker, der 1867 die achtjährige Fanny Adams umbrachte, und bedeutet sinngemäß „absolut nichts“.Gleichzeitig bedeutet der Euphemismus „F.A.“ auch „Fuck All“. Klingt ziemlich hart und fies für eine Glam-NBand, oder? Aber das Album ist es auch! Normalerweise waren Sweet für ihre Glam-Nummern bekannt. „Sweet Fanny Adams“ ist aber durchaus Hard Rock-relevant. Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass Sweet 1974 ein New Wave Of British Heavy Metal-Album hingelegt haben, obwohl es diese noch gar nicht gab!

Es kam immer mal vor, dass Bands, die eigentlich keine Hard Rock-Bands waren, mal ein Hard Rock-Album gemacht haben, wie zum Beispiel Mother´s Finest oder Jefferson Starship. Auch Sweet haben sich natürlich (auch im Nachhinien) niemals als Heavy Metal-Band oder Vorreiter auf die Szene gesehen. Wenn man sich dieses Album jedoch anhört, muss man schon anerkennen, dass die Engländer einen großen Einfluss gehabt zu haben scheinen. Das zeigt schon der Opener „Set Me Free“, den Saxon sehr originalgetreu gecovert haben (die es 1974 noch nicht gab!). Hier ist Sweet ein schneller Dampfhammer gelungen, der aus heutiger Sicht sehr wohl schon als klassischer Heavy Metal durchgehen kann. Auch „Heartbreak Today“ punktet mit einem coolen Anfangsriff und einer eingängigen Gitarrenmelodie. Die Gesangsmelodie von „No You Don´t“ erinnert etwas an die Strophen von „I Don´t Know“ von Ozzy Osbourne. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das wirklich Zufall ist, denn der Ozzman veröffentlichte es erst sieben Jahre später. „Rebel Rouser“ startet mit einer coolen Snare-Figur und ist ein reiner Glamrocker mit einem coolen Ohrwurm-Refrain.

Der Titelsong „Sweet F.A.“ beginnt mit einem Motörhead-mäßigen Anfangsriff (die es aber – genau wie Saxon – ebenfalls noch nicht gab!) und entwickelt sich zu einer treibenden Uptempo-Nummer. „Restless“ ist ein lässiger Rocker, der auch gut rein geht. „Into The Night“ ist eigentlich der geilste Song des Albums und New Wave Of British Heavy Metal in Reinkultur. Zum Schluss gibt es noch das rockige „AC/DC“ als Raushauer, der sich ebenso als cooler Ohrwurm entpuppt. Der einzige Minuspunkt auf dem Album ist die Rock ´n´Roll-Nummer „Peppermint Twist“, die im Gesamtkontext des Albums kitschig und überholt klingt. Ansonsten ist hier aber alles im grünen Bereich. Besonders geil finde ich die unvorhersehbaren Snare-Wirbel und Tomläufe von Schlagzeuger Mick Tucker, die hörbar impulsiv aus dem Bauch heraus kommen und richtig Dampf machen. Aber auch die Gitarrenabrbeit, der häufig mehrstimmige Gesang und die saubere, trockene Produktion können eigentlich alles. Natürlich sind Vergleiche zu Slade oder Mud auch hier angebracht. Wer aber als Hard Rock- und Heavy Metal-Fan eine Sweet-Platte für die Allgemeinsbildung in die Sammlung stellen will, sollte sich für diese hier entscheiden!

Tracklist:
Seite 1:
Set Me Free (3:56)
Heartbreak Today (5:00)
No You Don´t (4:33)
Rebel Rouser (3:23)
Peppermint Twist (Joey Dee & The Starliters-Cover) (3:27)

Seite 2:
Sweet F.A. (6:11)
Restless (4:24)
Into The Night (4:23)
AC/DC (3:23)

Line-Up:
Brian Connolly – Vocals
Andy Scott – Guitar
Steve Priest – Bass
Mick Tucker – Drums

 

 

 

 

 

Note: 8.5 von 10 Punkten
Autor: Daniel Müller


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