ANGEL NATION - Die Fans sind die Essenz für alles


Vor einiger Zeit bekam ich die Anfrage für ein Interview mit Angel Nation, allerdings sollte es nur per E-Mail sein. Da mir ein Face-To-Face-Gespräch jedoch weitaus mehr zusagt, verlief die Geschichte ein wenig im Sande. Es ergab sich aber glücklicherweise, dass Angel Nation nun kurz vor Weihnachten eine Mini-Tour absolvierten und auch Termine in Locations in erreichbarer Nähe gebucht hatten. So stellte ich kurzerhand den Kontakt zu der bezaubernden Elina Siirala her und fuhr nach Weert in den Niederlanden zum Konzertbesuch und Interviewtermin. Zeitig erreichte ich die mir sehr an Herz gewachsen Veranstaltungs-Halle De Bosuil und ging durch die offen stehenden Türen hinein. Die Bands waren noch beim Soundcheck, der Tour Manager von Elyose sah mich fragend an, warum ich denn schon in der Halle wäre. Nun erklärte ich mein Anliegen, und wir unterhielten uns eine Weile angeregt. Dann stand plötzlich Elina da, es gab eine herzliche Begrüßung und eine kurze Absprache, wann wir das Interview machen könnten; überhaupt war alles sehr entspannt. Kurze Zeit später nahm sie mich mit in den Backstage-Bereich, wo auch der Rest der Band sich auf den Auftritt vorbereitete; eine ausgesprochen nette Truppe wie ich feststellen durfte. Elina und Julia (die Bassistin) ließen es sich nicht nehmen, für ein Foto mit mir schon das Bühnenoutfit anzulegen. Wer mich kennt, weiß, was ich meine. Das folgende Interview war sehr kurzweilig, und es wurde viel gelacht. Elina ist einfach umwerfend!

logoPistol: Hallo Elina! Okay, dann lass uns mal beginnen. Wie und wann wurde die Band gegründet, und wie ist die aktuelle Besetzung?

Elina: Die Band wurde von mir Ende 2011 gegründet. Ich ging 2008 nach London, um dort zu studieren. Musik hatte ich eigentlich schon immer geschrieben, aber es passierten einige persönlich einschneidende Dinge in meinem Leben, so dass ich zu dieser Zeit wieder damit anfing, einige Songs zu schreiben. Dann dachte, ich es wäre ja sehr schön, diese live zu spielen. Weißt du, es war nicht so, als ob ich mich bewusst dazu entschlossen hätte, eine Band zu gründen; eher wie ein organisches Ereignis, das sich so ergab. Einige Freunde kamen dazu und so ging es los. Unsere aktuelle Besetzung besteht aus Julia am Bass (Sie kommt ursprünglich aus Sardinien, lebt aber auch schon lange in London), Lucas am Schlagzeug und Sonny an der Gitarre. Jetzt auf der Tour haben wir noch George an der zweiten Gitarre dabei, um einen beeindruckenden Sound zu erzielen.

Pistol: Eine „Wall Of Sound” so zu sagen?

Elina: Ja, ganz genau! So sieht das aktuelle Line-Up aus.

Pistol: Was rockt und bewegt die Band nach vorne?

Elina: Nun, ich weiß nicht, ob ich jetzt für alle spreche, aber für mich sind es viele Sachen in Bezug auf Musik, wie zum Beispiel Achtziger Rock, dieser groovige rohe Sound. Das wird dich jetzt erstaunen, wenn du meine Stimme hörst (lacht lauthals), aber du kannst die Einflüsse in meinem Songwriting erkennen und in einigen Songs; gar nicht immer mit Absicht, es kommt meist ganz natürlich. Wenn ich aber in einen Club gehe, liebe ich sehr harte Musik, wie zum Beispiel Machine Head, andererseits mag ich auch Balladen sehr gerne, hahaha; eigentlich alles.

Pistol: Du hast also einen großen musikalischen Horizont?

Elina: Ja, auf jeden Fall!

Pistol: Warum sollten sich Leute eine Angel Nation-Show ansehen?

Elina: Gut, ich denke. es ist vielleicht nicht bei jeder Band so, aber speziell bei uns unterscheidet sich das Live-Erlebnis deutlich von den Studioaufnahmen. Wir möchten Spaß auf der Bühne haben, die Energie rüberbringen. Das kann ein Album nicht immer so klar vermitteln. Du versuchst zwar auch, im Studio alles zu geben, aber es ist eben nicht live; vor allem kannst du besser mit dem Publikum agieren, sie mit einbeziehen, etwas das ich ganz besonders liebe, wenn ich auf der Bühne stehe und performe. Du kannst eben das gewisse Extra drauflegen. Ja, du solltest wirklich einfach kommen und uns live sehen, um so viel wie möglich von unserer Musik in dich aufzunehmen.

Pistol: Ja, Du hast recht: Live ist natürlich immer besser. Was macht deiner Meinung nach einen Angel Nation-Song aus?

Elina: Oh Gott, das ist schwierig! Wenn du dir die Songs mal anhörst, wirst du feststellen, dass sie sich alle voneinander unterscheiden. Ich mag zum Beispiel eingängige Melodien. Ein Song muss für mich etwas haben, an das ich mich erinnern kann, den man auch mitsingen kann. Das ist es was ich an Songs liebe. Sie sollten Rhythmus haben. Deswegen kombiniere ich gerne melodische Parts mit Heavy Rock-Strukturen. Aber es ist echt schwierig, das in wenigen Sätzen zu beschreiben und auszudrücken, was genau unsere Songs definiert.

Pistol: Okay, das verstehe ich. In welcher Abteilung eines Plattenladens würdest du denn euer Album „Aeon“ einordnen?

Elina: Also die Antwort, die ich eigentlich immer gebe, ist, dass es Melodic Metal ist, aber das ist natürlich ebenso ein riesengroßer Bereich. Meiner Meinung nach hat es viele Hard Rock-Elemente, andererseits eben auch moderne Metal-Klänge. Es ist jedenfalls keinesfalls Symphonic Rock. Das ist es definitiv nicht!

Pistol: Nein, ich weiß. Ich habe es mir angehört.

Elina: Ja, aber es gibt immer wieder Leute, die es unbeirrbar im Symphonic-Bereich einordnen, aber für mich ist es das nicht. Hm, schwer, wo würdest du es einordnen? (lacht wieder herzerfrischend)

Pistol: Ganz einfach Rock!

Elina: Rock, Metal ganz genau!

angel nationPistol: Hat sich der Ehrgeiz der Band seit Beginn verändert?

Elina: Ich weiß nicht, ob sich die Ambitionen verändert haben, aber ich denke, wir haben über die Jahre viel gelernt. Dein Ehrgeiz wächst, stell dir vor es ist wie, wenn du anfängst zu essen. Der Appetit wird größer. So werden wir immer besser, in jeder Hinsicht, jedenfalls hoffe ich dass es so ist. Wir wollen uns weiterentwickeln, größere Dinge tun. Ich würde sagen, ja, wir wollen mehr erreichen, und ja: Der Ehrgeiz wächst mit den Jahren.

Pistol: Wie weit würdest du für den Erfolg gehen? Und wo würdest du die Grenze ziehen?

Elina: Als ich die Band gegründet habe, lag mein Augenmerk ja darauf, dass es zu meiner Stimme passt. Das ist mir sehr wichtig. Ich würde es vermeiden, Dinge zu tun, die nicht meiner Stimme entsprechen, also in musikalischer Hinsicht. Andererseits bin ich natürlich für viele Dinge offen. Ich liebe viele unterschiedliche musikalische Richtungen und möchte es ausprobieren, wenn es sich ergibt. Aber wir würden uns nicht nackt fotografieren lassen (Sie bricht in schallendes Gelächter aus) aber vielleicht fragst du ihn mal (Ich denke, Drummer Lucas ist gemeint – Anmerkung des Verfassers). Wir wollen uns auf jeden Fall nicht billig verkaufen, unsere Energie und das Material nicht unter Wert verschleudern. Die musikalische Ebene ist wichtig. Wie du siehst, sind wir mit zwei Frauen in der Band, und da kommen oft merkwürdige Anfragen von Leuten. Du weißt was ich meine (Ja, ich kann es mir lebhaft vorstellen – Anmerkung des Verfassers). Wir wollen unsere Würde bewahren und rocken!

Pistol: Was sind die Pläne von Angel Nation im neuen Jahr?

Elina: Nun jetzt sind wir leider am Ende der Tour, aber wir hoffen im nächsten Jahr deutlich mehr Shows zu spielen zu können, ebenso auf Festivals im Sommer. Wir haben das neue Album im Gepäck, das in England veröffentlicht worden ist und in Europa nicht immer so einfach zu bekommen ist (Das kann ich nicht bestätigen, die üblichen Mailorder haben es alle im Programm – Anmerkung des Verfassers). Lass uns die Daumen drücken, dass es klappt und man uns Gelegenheiten zum Auftreten gibt. Ja bucht uns!

Pistol: Genau, das ist das Problem in der Szene: Ich kenne viele Clubbesitzer und sie alle wollen möglichst kein Risiko eingehen; dass zu wenig Leute kommen, sie ihren Schnitt nicht machen und solche Dinge.

Elina: Ja, in der Tat, das ist ein wunder Punkt. Und du musst es natürlich richtig bewerben; sonst bringt es nichts.

Pistol: Man braucht schon ein wenig Mut zum Risiko, „No Risk, No Fun“.

Elina: Yeah, yeah, hahaha!

Pistol: Ich kenne den Besitzer vom Kubana Live Club in Siegburg ganz gut, und wenn ihr dort mal spielen solltet, habt ihr zum Beispiel allerbestes Catering, eine Sauna und einen Wellness-Bereich. Ihr kennt sicher die Band Evergrey. Sie fragten vor kurzem nach, ob sie schon einen Tag früher anreisen dürfen, um die Annehmlichkeiten des Clubs zu nutzen.

Elina und die anderen: Oh wie geil, das hört sich ja super an! Wir müssen dort spielen!

Pistol: Elina, Du singst auch bei Leaves Eyes. Wo setzt Du Deine Priorität?

Elina: Oh, wieder sehr schwierig zu beantworten. Ich denke mal, so wie die Dinge sich entwickeln, diktieren sie dir ein wenig die Prioritäten; für mich natürlich in erster Linie meine Band. Darum bin ich jetzt hier. Das ist sehr wichtig für mich. Wenn du aber in einer bekannteren Band bist, mit größeren Touren durch Nordamerika zum Beispiel, sieht das anders aus. Da sind wir schon zweimal mit Leaves Eyes getourt. Da setzte ich natürlich meine Prioritäten ganz anders: rumfahren und Terminpläne erstellen. Du musst halt sehen, dass es rund läuft. Es sind so viele Dinge, die du berücksichtigen musst, nicht nur zwei Dinge oder so.

Pistol: Es ist schon ein harter Job, denke ich.

Elina: Ja, das ist es auf jeden Fall.

angel nationPistol: Heutzutage ist es sehr schwer, von der Musik alleine zu leben. Wie sieht das bei Angel Nation aus?

Elina: Ja, haha! Unglücklicherweise ist es sehr schwierig. Ich persönlich bin in zwei Bands, ich unterrichte ein wenig und habe auch noch einen Job. Es ist quasi ein täglicher Kampf. Es ist nicht so einfach. Immer wieder hast du diese Momente, in denen du dich daran erinnern musst, warum du das überhaupt tust. Und dann gehst du weiter, stellst dein Album fertig und hast dieses unglaubliche Gefühl, das getan zu haben. Du spielst live, verstehst du?

Pistol: Und das Publikum, das dich feiert!

Elina: Ja, genau! All die Fans, das ist die Essenz für alles!

Pistol: Wer ist für das Schreiben der Songs verantwortlich, und wie probt ihr?    

Elina: Ich bin normalerweise die Haupt-Songschreiberin, allerdings habe ich für das neue Album sehr viel mit unserem Gitarristen zusammengearbeitet. Leider hat er sich aber vor gut einem Jahr dazu entschieden, die Band zu verlassen. Aber die Songs waren geschrieben, und wir fingen mit den Aufnahmen 2015 an. Normalerweise läuft es so, dass ich die Keyboard-Parts mache, die ganzen Melodien, also den kompletten Basis-Song, und alles einspiele. Und dann sende ich es den Leuten zu, damit sie Gitarren, Schlagzeug und Bass dazu spielen und wir es arrangieren und produzieren können. Manche Songs sind halt komplett von mir, wie „Burn The Witch“, das ist mein Song. Ich habe ihn etwas später geschrieben; okay, Lucas hat die Percussions dazu gespielt. Aber ich möchte in Zukunft mehr mit der ganzen Band zusammenspielen. Ich denke, es ist gut, wenn viele Ideen zusammenkommen. Ich denke, meine Stärken unterscheiden sich von den Stärken der anderen, und es wäre toll, diese zu kombinieren und in einen kreativen Fluss zu bringen.

Pistol: Wie du eben schon erwähnt hast, seid ihr mit zwei Frauen in der Band. Also ordnet man euch direkt in die Female Fronted-Ecke ein. Ich persönlich finde das ziemlich dumm, aber wie ist deine Einstellung dazu?     

Elina: Ja gut, ich bin das schon öfters gefragt worden. Ich weiß nicht so recht, wie ich es sagen soll. Lass mich einen Vergleich versuchen. Du hast zum Beispiel Frauen, die Fußball spielen, da sagen die Leute: „Oh, es ist Frauen-Fußball“. Niemand würde aber sagen, „Schau, das da ist Männer-Fußball.“; ähnlich wie im Metal, einem Genre, das halt schon sehr lange von Männern dominiert wird. Deswegen wollen manche Leute es wohl spezifizieren und sagen, das ist „Female-Fronted Metal“; offensichtlich ein großes Problem, da die Musik ja total unterschiedlich ist, und man jede Menge Stilrichtungen unter einen Hut bringen will. Du weißt schon, Arch Enemy zum Beispiel oder Nightwish. Das sind doch total unterschiedliche Richtungen. Also für mich sagt es eigentlich nur, „Da ist eine Band, und sie haben eine Sängerin“. Das ist es, mehr nicht; ein schwieriger Begriff letztlich, haha!

Pistol: Wie du schon erwähnt hast, ist London Dein Wohnsitz. Vermisst Du Deine Heimat Finnland manchmal?       

Elina: Aber ja, ich meine ich lebe jetzt seit zehn Jahren in London, aber ich besuche Finnland natürlich immer wieder. Ich werde auch jetzt, nach der Tour zu Weihnachten, nach Finnland fahren. Es ist schön, wieder dorthin zu kommen, wo mein zu Hause war, wo ich groß geworden bin. Ich liebe den Sommer, aber ich mag auch den Winter dort sehr gerne; und natürlich meine Familie wieder zu sehen, oder meinen Bruder, der in München lebt. Wir sind alle…

Pistol: Verteilt über die Welt?

Elina: Ja, ganz genau!

Pistol: Von wo genau in Finnland kommst Du denn?

Elina: Ich komme aus Helsinki.

Pistol: Also nicht oberhalb vom Polarkreis, haha!

Elina: Nein, nein.

angel nationPistol: Ich liebe diese Gegend trotzdem unheimlich. Wir waren vor zwei Jahren in Finnland in Urlaub. Es ist ein so großartiges Land. Und wir haben uns mit den Barbe-Q-Barbies in Helsinki getroffen, weil ich unbedingt ihr neues Vinyl haben wollte. Das ist in Deutschland nicht erhältlich. So schrieb ich an Niina, die Drummerin, und wir haben uns am Proberaum getroffen. Ein paar Tage später haben wir dann auch noch eine Show auf dem Meripäivät Festival in Kotka gesehen.

Elina: Tatsächlich? Das ist ganz schön verrückt! 

Pistol: So, das waren auch schon meine Fragen für heute. Möchtest Du noch ein Wort an unsere Leser richten?

Elina: Oh, wir sind schon durch? Gut, da wir heute am Ende dieser kleinen Tour sind, möchte ich mich bei jedem von euch bedanken, der gekommen ist, um uns zu sehen; auch für die tollen Reaktionen und Bewertungen für unser Album „Aeon“. Wir sind da sehr, sehr glücklich drüber; das tolle Feedback natürlich. Es ist großartig, wenn ihr unsere Musik mögt. Wir hoffen, bald zurück zu kommen und wollen viele Shows spielen und euch öfter sehen als dieses Mal. 

Pistol: Elina, ich bedanke mich, dass du uns einen Teil deiner Zeit geopfert hast!

Elina: Oh nein, es war mir ein Vergnügen! (lachend)

Pistol: Hauska Tutustua („Schön, Dich kennen gelernt zu haben“ auf Finnisch –Anmerkung des Verfassers), Elina!

Elina: Ah, hahaha ja, es hat mich auch sehr gefreut! 

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Autor: Pistol Schmidt