OMEGA POINT - Es macht keinen Sinn, dieselben Dinge zweimal zu machen!


Ich bin als Old School Black Metaller, ehrlich gesagt, nicht gerade der größte Fan von progressivem, abgedrehtem Zeug, wenn es um düstere Musik geht. Doch zum Glück gibt es immer wieder auch mal Ausnahmen, zum Beispiel Omega Point, die es trotz zahlreicher vertrauter Einflüsse schaffen, sich komplett von der großen Masse abzugrenzen. Zwei Alben haben sie veröffentlicht; beide in diesem Jahr und mit hoher Qualität. Grund genug, dem Macher hinter diesem Projekt, Michael „Ristridi" Wöß, ein bisschen auf den Zahn zu fühlen.

logoDaniel: Hi Ristridi! Bitte erzähl uns doch zunächst, wann und wie es genau zur Gründung von Omega Point kam!

Ristridi: Nun ja, als ich Ende 2016/Anfang 2017 eine persönliche Krise hatte, begann ich, mehr eigene Musik zu komponieren. Als sich dann ein zusammenhängender Stil abzeichnete, habe ich angefangen zu überlegen, das Ganze als Album zu releasen. Ich habe mich dann auf die Suche nach Mitmusikern und Sängern begeben und diese auch gefunden! Das war der Beginn von Omega Point.

Daniel: Es gab Anfang der Neunziger noch eine Progressive Metal-Band namens Omega Point in den USA. Kennst Du die? Und kam es da jemals zu Verwechslungen?

Ristridi: Nein, bisher noch nicht. Es gibt sogar mehrere Projekte unter diesem Namen, aber dessen war ich mir am Zeitpunkt der Namenswahl nicht bewusst. Es schien ein passender, gut greifbarer Name zu sein, und deshalb haben wir das Projekt danach benannt.

Daniel: Ihr habt einen sehr eigenständigen Sound. Welche Bands haben Euch beeinflusst?

Ristridi: Die größten Einflüsse beziehe ich aus Bands wie Wintersun, Dark Funeral, Coroner, Vektor oder Megadeth. Auch wenn sich natürlich keine dieser Bands 1:1 in der Musik wiederfindet und man hin und wieder genauer hinhören muss, denke ich, dass man das trotzdem erkennt. Ich war nie der größte Black Metaller, jedoch erschien mir das das richtige Genre für ein Projekt zu sein, das sich mit dem Thema Suizid und anderen morbiden Gedanken beschäftigt.

Daniel: Worum geht es genau in Euren Texten?

Ristridi: Das zweite Album „Isolation“ handelt von einem Protagonisten, dessen bester Freund Suizid beging und nun verschiedene dunkle und schwere Emotionen wie beispielsweise Trauer, Wut, Hass und Verzweiflung durchlebt. Das Album beschreibt eine immer tiefer werdende Depression, die schlussendlich zur kompletten Isolation vom Rest der Welt führt. Das erste Album „The Descent“ war dagegen ein Album, welches sich allgemein mit solch negativen Emotionen beschäftigt hat und kein Story-Konzept hatte. Es ging darin um menschliche Abgründe, Fragen nach dem Sinn des Lebens und demzufolge auch Suizidgedanken.

Daniel: Ihr habt beide Eure Alben in diesem Jahr und in Eigenregie veröffentlicht. Wie lange hat es gedauert, die Songs zu schreiben und aufzunehmen? Und sind beide Alben etwa zeitgleich fertig geworden?

Ristridi: Das erste Album „The Descent“ habe ich Anfang 2017 begonnen zu schreiben. Die Songwriting-Phase ging circa über ein halbes bis dreiviertel Jahr. Danach war die Produktion an der Reihe und schließlich wurde das Album im Januar 2018 released. Das zweite Album begann ich zu schreiben, als die Writing-Phase des ersten Albums fertig war, das bedeutet im Laufe des letzten Viertels von 2017 bis etwa Mitte 2018. Danach ging es dann direkt weiter mit der Produktion und schließlich mit der Veröffentlichung im Oktober 2018.

Daniel: Euer Debüt „The Descent“ war ein reines Instrumental-Album. Warum? Und war das von Anfang an so geplant?

Ristridi: Das stimmt so leider nicht ganz. „The Descent“ hatte Vocals, ist allerdings auch als Instrumental-Version auf Spotify, Amazon oder Bandcamp erhältlich. Der Grund, es  auch Instrumental zu veröffentlichen war, dass ich selbst gerne Instrumentalmusik höre, und man sich dadurch meiner Meinung nach besser auf die Gitarren oder Nuancen in der Instrumentalsektion konzentrieren kann.

Daniel: Ich finde, dass „The Descent“ noch deutlich Black Metal-lastiger war als „Isolation“. Siehst Du das auch so? Oder trügt der Schein durch den facettenreichen Gesang?

Ristridi: Das ist definitiv so! „The Descent“ habe ich in einer meiner bisher dunkelsten Lebensphasen geschrieben und das zeigt sich in der Stimmung bzw. Kategorisierung. Meine eigene Lebenssituation hat sich seitdem stetig verändert, und dieser Wandel ist natürlich auch in der Musik wieder zu finden. Der facettenreiche Gesang auf „Isolation“ ist sicher ein Grund, warum es weniger nach klassischem Black Metal klingt, jedoch ist meiner Meinung nach genau das das, was das Album vom Rest der heutigen Musikwelt abhebt. Auch abseits des Gesangs hat das Album wesentlich mehr Prog-Anteile, und ich würde es persönlich nicht unbedingt als klassischen Black Metal klassifizieren. Progressive Melodic Black Metal erschien mir dennoch als die passendste Beschreibung, da sich in vielen der Songs solche Elemente wiederfinden.

Daniel: Ihr habt beide Alben in Eigenregie – also ohne Label im Rücken – veröffentlicht. Warum? Gab es keine geeigneten Labels, die an einer Veröffentlichung interessiert gewesen wäre?

Ristridi: Ich habe mich natürlich zuvor an Labels gewandt, jedoch gab es dort wenig Interesse an der Musik. Das ergab sich womöglich dadurch, dass Omega Point als Studioprojekt gedacht war und so durch fehlende Live-Auftritte ein Label-Vertrag erst einmal für das Label als unattraktiv erscheint. Natürlich gibt es heutzutage auch immer die Möglichkeit, sich bei größeren Labels „einzukaufen“. Das hätte jedoch das Budget gesprengt, und nach einiger Abwägung habe ich mich dann dazu entschieden, das Ganze selbst zu releasen.

Daniel: Ihr habt „Isolation“ als Digipack veröffentlicht. Findest Du es im Zeitalter der Downloads und Streamings wichtig, auch optisch Akzente zu setzen?

Ristridi: Das Artwork ist immer noch der erste Eindruck, den ein Mensch von der Musik erhält. Und da wir alle stark visuell geprägt sind, ist ein stimmiges Artwork natürlich wichtig. Also ja, optische Akzente sind absolut notwendig, auch im Zeitalter von Streaming und Downloads. Die Frage ist, wie sehr sich eine physische Veröffentlichung heute noch lohnt. Jedoch habe ich selbst immer noch gerne ein physisches Produkt in der Hand und werde wohl künftige Alben daher trotz schwindender CD-Absatzzahlen weiterhin als CDs veröffentlichen.

Daniel: Wird es möglicherweise auch eine Vinylversion des Albums geben?

Ristridi: Das ist aktuell leider nicht geplant, da Vinyls immer sehr teuer zu produzieren sind und sich eine solche Produktion erst ab höheren Mengen bezahlt macht. Vinyl ist ein Liebhaberformat, und mit einer kleineren Fanbase ist es hoch gepokert, das Album auch als Vinyl zu veröffentlichen.

Daniel: Ich finde den Sound sehr geil! Wo habt Ihr das Album aufgenommen? Und wer hat produziert?

Ristridi: Das Album ist wie die erste Scheibe eine Eigenproduktion. Bis auf die Aufnahme der Drums – die wurden von Chris Dovas in Amerika aufgenommen – wurde alles in meinen eigenen vier Wänden recorded, gemischt und gemastert.

Daniel: Das Cover-Artwork lässt nicht gleich auf die Musik schließen, macht aber optisch etwas her. Von wem stammt es?

Ristridi: Das tolle Cover-Artwork stammt von Daniel von Danko_Designs.

omega pointDaniel: Ihr seid nur als Duo aktiv. Könntest Du Dir vorstellen, mit zusätzlichen Session-Musikern auch live zu spielen? Oder handelt es sich bei Omega Point um ein reines Studioprojekt?

Ristridi: Omega Point live auszuprobieren wäre ein kleiner Traum von mir. Das erlaubt die Alben-Besetzung allerdings aktuell nicht. Die räumliche Trennung von Jonathan (Österreich), Chris (Amerika) und mir (neuerdings Hessen) macht das schwierig. Das bedeutet, ich müsste mir wohl für Live eine komplett neue Besetzung suchen. Da die Musik nicht trivial ist, braucht es auch Musiker mit professionellem Anspruch und die brauchen zeitliche Kapazitäten, Geld und auch den Willen, ein junges Projekt live aufzuziehen. Es ist also unwahrscheinlich, jedoch nicht komplett auszuschließen, dass es Omega Point auch mal live zu sehen sein wird.

Daniel: Du spielst auch noch bei Sektor (Death-/Thrash Metal) und Projekt 8. Wie wichtig ist es Dir, dass sich alle Deine Bands drastisch voneinander unterscheiden?

Ristridi: Projekt 8 ist leider nicht mehr aktiv, und Sektor arbeitet momentan am dritten Album. Auch wenn sich Sektor und Omega Point im Genre am ehesten überschneiden, ist mir eine gewisse Differenzierung natürlich schon wichtig. Es macht keinen Sinn, dieselben Dinge zweimal zu machen. Und mit jeder neuen Band und Stilrichtung wächst auch der künstlerische Horizont.

Daniel: Wie sehen Eure Zukunftspläne mit Omega Point aus?

Ristridi: Aktuell gibt es leider durch die geographische Trennung keine anstehenden Pläne. Ich schreibe fortlaufend an neuem Material, das jedoch noch sehr unausgereift und nicht spruchreif ist. Außerdem ist noch unklar, in welchem Projekt das veröffentlicht werden wird. Aber Omega Point wird auf lange Sicht natürlich weiterhin Alben produzieren und hoffentlich auch irgendwann live anzutreffen sein.

Daniel: Na gut, Ristridi! Das Schlusswort soll Dir gehören!

Ristridi: Vielen Dank für das interessante Interview. Ich hoffe natürlich, dass den Lesern das Album auch gefällt und falls ihr euch mit Gedanken oder Gefühlen auf diesem Album identifizieren könnt – zögert nicht und kontaktiert mich.

https://open.spotify.com/artist/2Ry7XucO1BolQyX57ATdfD?si=8PGh2aw3SouwgAes-ehGag

https://www.facebook.com/ristridi

https://ristridi.bandcamp.com/



Autor: Daniel Müller