Über zwei Jahre ist es her, dass ich zu einem Konzert in die Matrix nach Bochum gefahren bin. Viel verändert hat sich nicht, der Verkehr ist um die Uhrzeit wie immer nervig und der einstmals große Parkplatz direkt nebenan, ist derzeit zur Hälfte eine Baustelle. Aber wenn man im Namen des Rock ’n’ Roll unterwegs ist, nimmt man das schon mal in Kauf. Heute also Alcatrazz und Girlschool als Double Headliner Packung. Die beiden Bands wechseln sich allabendlich in der Reihenfolge ab, daher beginnen Alcatrazz den heutigen Reigen. Ich hatte bereits am letzten Wochenende im Rahmen des Golden Age Rock Festival in Lüttich die Gelegenheit, beide Bands live zu erleben.

Wenn es auch nicht wirklich voll ist, so hat es trotz eines Montagsabend doch einige Fans angelockt. Seit den Lockerungen der Corona Regeln kann man als Veranstalter ja froh sein, wenn überhaupt noch Leute zu kleineren Shows kommen.

Pünktlich starten dann die Jungs von Alcatrazz ihren Set. Die Truppe, die ursprünglich aus Los Angeles kommt und so klangvolle Namen wie Sänger Graham Bonnet, den Gitarristen Yngwie Malmsteen und Gitarrist Steve Vai in ihren Reihen hatte, tritt heute mit Goldkehlchen Doogie White und Gitarrist Joe Stump, die beiden Gründungsmitglieder Gary Shea am Bass und Jimmy Waldo am Keyboard auf. Die Stimmung ist von Anfang an auf einem guten Level und auch der Sound ist sauber. Beim Soundcheck klang das vorher teilweise recht schräg. Sänger Doogie bemängelt nur das etwas spärliche Licht, aber scheinbar hat der zuständige Mitarbeiter der Venue die Anlage noch nicht im Griff, denn plötzlich sind alle Lampen im Saal an, was so natürlich nicht sein sollte. Minutenlang versucht Doogie ihm zu zeigen, dass er die Deckenbeleuchtung ausschalten soll und dafür die Bühne richtig ausleuchtet. Irgendwann findet man doch noch den richtigen Schalter und Doogie quittiert es mit hochgerissenen Armen. Live ist eben immer für Überraschungen gut. Jedenfalls ist die Band gut drauf und weiß das Publikum zu überzeugen. Auch die Soloeinlagen und Showelemente von Saitenzauberer Joe Stump kommen gut an, so das plötzlich Kim McAuliffe von Girlschool neben mir steht und sich seine Kapriolen ansieht. „Ich liebe das, wenn er diese Show macht“ sagt sie und verschwindet wieder im Back Stage. Jedenfalls liefern Alcatrazz gut ab und machen Lust auf mehr. Die zaghaften Zugaben Rufe des Publikums werden allerdings nicht erhört, vielleicht war die Audience einfach zu leise.

Setlist: Grace Of God, Too Drunk, Wolf To The Moon, Turn Of The Wheel, Take Me To The Church, Ariel, Jet To Jet, Sword Of Deliverance, Too Late For Tears, God Blessed Video, Vigilante Man, Temple Of The King

Nun ist es Zeit für Girlschool, die Ladies sind immerhin auch schon seit 1978 auf den Bühnen der Welt unterwegs. In dieser Zeit hat man etliche Besetzungswechsel hinter sich gebracht, wobei einige der Damen scheinbar ab und an nur eine Auszeit nehmen, wie Bassistin Tracey Lamb, die seit dem Ausstieg von Enid Williams in 2019 jetzt bereits zum dritten Mal im Line Up dabei ist. Sei es drum, heute Abend gibt es wieder eine Vollbedienung, wie immer, wenn die Girls gut drauf sind. Dann versteht man auch schnell, wieso Motörhead die Zusammenarbeit mit der Truppe liebte. Kompromisslos und präzise feuern sie eine Rock ‘n‘ Roll Breitseite nach der anderen ins Publikum. Natürlich gibt es auch einen Song zu Ehren von Lemmy Kilmister, das schnelle „Take It Like A Band“ wird in bester Motörhead Spielweise gerockt. Ansonsten präsentieren die Vier eine Zeitreise durch die vergangenen Jahrzehnte ihrer Karriere und man sieht wie das Publikum diese Songs aufsaugt. Wie ein trockener Schwamm, der endlich wieder feucht wird. Haare fliegen, Fäuste und Pommes Gabeln werden in die Luft gereckt. So wie es eben sein soll! Die Mädels haben ebenfalls Spaß und Rückkehrerin Tracey am Bass tanzt wie wild über die Bühne. Dazu legt Drummerin Denise ein Trommelfundament von der Wucht einer Dampflock hin, während Jackie und Kim die Saiten flirren lassen. Zwischendurch animiert Gitarristin Jackie Chambers die Headbanger zum Mitsingen und heizt den Laden noch einmal richtig an.

Den Mikrofonständer in der Hand, hält sie ihn den Zuschauern vors Gesicht und jeder brüllt, singt oder artikuliert so gut er kann den Refrain von dem 1979er Gassenhauer „Take It All Away“. Es ist immer wieder schön, die alten Perlen zu hören, vor allem wenn sie so frisch und kraftvoll dargeboten werden. Stücke wie „Demolition“ oder das beliebte „Emergency“, ein Song, der auch immer gerne von Motörhead gespielt wurde, dürfen natürlich in der Setlist nicht fehlen. Aber auch „Bomber“ aus der Feder von Lemmy Kilmister, Eddie Clarke und Phil Taylor gibt man zum Besten. Das kennt jeder der hier Anwesenden und entsprechend hoch ist die Begeisterung. So vergeht der Auftritt wie im Fluge und diesmal werden auch die Rufe des Publikums nach Zugabe erhört. Mit "Screaming Blue Murder" gibt es noch einen Klassiker. Die Meute ist zufrieden und glücklich.

Setlist: Demolition, C’mon Let’s Go, The Hunter, Hit And Run, Guilty As Sin, Action, Future Flash, Kick It Down, Nothing To Loose, Take It Like A Band, Take It All Away, Race With The Devil, Bomber, Emergency, Screaming Blue Murder