THE PRETTY RECKLESS, THE CRUEL KNIVES

Köln, Carlswerk Victoria, 17.11.2022

the pretty reckless 1 live2022Satte fünf Jahre ist es her, dass uns The Pretty Reckless mit einer Tour durch Europa beglückt haben. Dann kam Corona und machte alle weiteren Pläne zunichte, auch die Shows mit den Foo Fighters oder der Rock Am Ring Auftritt fielen dadurch ins Wasser. Keine Frage, dass die etwa 1600 Leute fassende Halle seit langem ausverkauft ist. Mir erschließt sich allerdings nicht wirklich, warum bei den Vorverkaufszahlen nicht mehr Auftritte in Deutschland gebucht wurden. So stehen nur Köln und Berlin auf dem Plan, beide Shows logischerweise restlos Sold Out! Die Fans warten daher schon seit Stunden in einer ellenlangen Schlange vor der Venue, um einen Platz in der ersten Reihe zu ergattern. Hier gibt es noch keine Golden Circle Abzocke, so wie es bei vielen anderen Acts heute üblich ist. Aber es ist immer gut, wenn man alle Ausgänge des Parkhauses kennt und somit direkt am Anfang der Warteschlange rauskommt. Einen extra Presseeingang gibt es nämlich nicht, also Glück gehabt. Schnell gesellen sich noch andere Fotografen dazu und man kommt ins Gespräch. Etwas irritierend war die Tatsache, dass nach den erfolgten „Drei Songs ohne Blitz“ die Fotopässe auf Anweisung des Veranstalters von der Security wieder eingesammelt wurden! Für die meisten Fotografen sind das Erinnerungsstücke, die man gerne behalten möchte. Zumal die Pässe ja auch mit dem Ortsnamen versehen waren, also nicht mehrfach gebraucht werden können, kann man diese Anweisung des Veranstalters nicht nachvollziehen. 

 

 

the cruel knives live2022Auf den Gongschlag genau, traten nun The Cruel Knives auf die schon recht neblige Bühne, bei gleichzeitig sparsamer Beleuchtung. Die Band aus England, die ein Projekt der ehemaligen Heaven´s Basement Musiker Sid Glover und Rob Ellershaw sind, war schon auf der letzten Tour als Support dabei. Dazu komplettierte sich der Vierer mit Tom Harris und Al Junior. Und die Truppe verstand es auf Anhieb die Menge standesgemäß anzuheizen. Was ich mir gar nicht so einfach vorgestellt habe, eine riesige Schar von Teenie Mädels oder solche die sich noch dafür halten. Die meisten in knappen Outfits, um vielleicht einmal wie Taylor Momsen auszusehen. Nun gut, aber die explosive Mischung aus Classic Rock und Rage Against The Machine Elementen, die die Halle von der Bühne aus flutet, zündete augenscheinlich sofort. Auf alle Fälle war der Saal am Brodeln. Eine halbe Stunde durfte das Quartett spielen. Dann war Schicht und der Umbau für den Headliner begann.

Setlist: Black Eye Friday, Life That We Made, Overdose, Hollow People, Shotgun to the Head, Crawl

 

the pretty reckless 2 live2022.JPGAls dann nach dem Umbau das Licht ausgeht, gibt es kein Halten mehr. Unter frenetischem Jubel betreten The Pretty Reckless die Bretter, die für manche die Welt bedeuten. Und Miss Taylor Momsen hat auch keinen Drang, heute Gefangene zu machen, sondern powert direkt mit dem Titeltrack des aktuellen Longplayers los. Herrlich wie das knallt und das Publikum vom ersten Ton an mitsingt. Und dass übrigens während der gesamten Show! Fast so, als hätte jemand unsichtbare Textblätter verteilt. Ich guckte schon immer nach der an die Wand geworfenen Nummer wie in der Kirche, aber anscheinend haben alle schon daheim geübt. Heute Abend ist hier bestimmt niemand aus Versehen gelandet, nein das sind alles beinharte Fans des ehemaligen Gossip Girls. Und es ist gut, das sie die Schauspielerei an den Nagel gehängt hat und sich nur noch auf ihre Band konzentriert. Das Mädel hat so richtig Spaß bei dem was sie tut, und ruck zuck fliegt auch die Lederjacke in die Ecke. Ist ja auch viel zu warm, wenn man eine Rock Show spielen möchte.

the pretty reckless 3 live2022.JPGIm Gegensatz zu ihrem Auftritt vor fünf Jahren im Kölner Gloria Theater, gibt es heute weniger laszive Einlagen. Okay, der Gang nach vorne, mit direktem Blickkontakt, dann mal eben keck das Röckchen hoch gehoben und mit schelmischem Grinsen die Kehrseite präsentiert, das hatte schon etwas. Dafür ist sie ansonsten ständig in Bewegung, mal als die Femme Fatale, headbanged und im nächsten Moment fröhlich über die Bühne hüpfend, wie einst eine Pippi Langstrumpf. Dabei hat sie die Zuschauer fest im Griff, egal ob Mitsingen oder auch nur lautstarkes Jubeln gefordert wird. Natürlich erwähnt sie mehr als einmal, wie froh sie ist endlich wieder live spielen zu können. Klar, welcher Musiker wäre das nicht nach der langen Zwangspause. Das merkt man auch an den Begleitmusikern, die sauber eingespielt einen erstklassigen Soundteppich knüpfen um ihre Front Lady durch die Nacht zu bringen. Zwischendurch greift Taylor dann auch selber schon mal zur Gitarre oder zum Tambourin. Alles sitzt perfekt und obwohl die ganze Show garantiert von Anfang bis Ende durch choreographiert ist, wirkt alles ehrlich. Selbst die Setlist erinnert an den denkwürdigen Auftritt damals, denn mal abgesehen von einigen neuen Songs, sind viele Klassiker ihres bisherigen Schaffens dabei.

the pretty reckless 4 live2022.JPGJede Nummer ist ein Fest, so herrlich zwanglos kommt die gesamte Show rüber. Beim Stück „Heaven Knows“ gönnt sich Taylor dann eine kurze Auszeit und räumt das Feld für ein Gitarrensolo. Auch die für amerikanische Bands übliche kurze Spielzeit wird überzogen. Und so gibt es dann am Ende mit „Fucked Up World“ auch noch eine ausgedehnte Zugabe, die ein feines Drum Solo beinhaltet. Ein Konzert wie es sein sollte, natürlich kommen Kapellen dieser Kategorie meistens nicht an den Merchandise Stand zum Shake Hands. Amerikaner sind da oftmals auch etwas ängstlich. Aber man kann eben nicht alles haben, daher traten wir voll mit positiven Vibes den Heimweg an.

Setlist: Death by Rock and Roll, Since You're Gone, Only Love Can Save Me Now, And So It Went, Make Me Wanna Die, Just Tonight, Sweet Things, Witches Burn, My Medicine, My Bones, Going to Hell, Heaven Knows, Take Me Down, Fucked Up World



Autor: Pistol Schmidt - Pics: Andrea Schmidt